Berneck 07.11.2022

Der schlafende Torkelbaum wurde zum Leben erweckt

Mit den zwei neuen Torkelmeistern Adrian Wetli und Lukas Hutter ist der Fortbestand der Tradition gesichert. Sie werden das Wissen für die nächste Generation erhalten.

Von Maria Kobler
aktualisiert am 07.11.2022

«Der Torkel ist die Hauptperson», sagte Felix Indermaur, der zusammen mit Moderator Viktor Rohner den Druckvorgang begleitete. «Er hat geschlafen und wird nun zum Leben erweckt.» Seit 2006 war der Torkelbaum neben dem Ortsmuseum in Berneck nicht mehr im Einsatz.

Vier Wochen wurden die knapp 2,5 Tonnen Traubengut im Gärbottich gelagert. Nun machten sich die Männer daran, den Inhalt auf dem Bett des Torkels aufzuschütten. Insgesamt 17 Männer gehören der Tor­kelmannschaft an. Marlon Kolb ist mit 14 Jahren der Jüngste.

Beim Schaufeln gerieten sie gehörig ins Schwitzen. Der Bottich musste gekippt werden, um alle Beeren herauszubekommen. Danach legten die Männer Bretter in verschiedenen Grössen und Dicken auf die Maische. Alles musste genau so gemacht werden.

Der Torkel ächzt und der Saft fliesst

Und dann war es so weit: «Baum auf», befahl Adrian Wetli. Zwei junge Männer drehten die Halme. Der Torkel ächzte und setzte sich in Bewegung. «Baum ab», rief nun Wetli. Der rote Saft floss durch einen Reisigbesen in den Rinnzuber. Sogleich wurden Krüge gefüllt und die Gäste durften den jungen, noch süsslichen Wein kosten.

Das Interesse am Weinpressen wie vor 100 Jahren war gross. Der alte Torkel war so voll, dass ein Durchkommen kaum möglich war. Besuchende mussten sogar weichen, damit die Halme gedreht werden konnten. Im geheizten Zelt konnten sich die Gäste mit Gerstensuppe, Apfelküchlein oder Fackelspiessen verpflegen. Am Abend war dann auch das Spanferkel knusprig, dass bereits am Nachmittag im Freien grilliert wurde.

Zeremonie für die zwei neuen Torkelmeister

Für Adrian Wetli und Lukas Hutter folgte nach der Arbeit ein Höhepunkt am Abend: Die Zeremonie zum Torkelmeister. Sie fand im alten Torkel beim Baum statt. Organisator Jakob Schegg las die originalen Pflichten und Rechte von 1692 vor. Wetli sagt mit einem Schmunzeln:

Es hiess etwa, ein Torkelmeister dürfe nicht mehr als ein Mass vom frisch gepressten Wein trinken.

Lukas Hutter, der zweite stolze Torkelmeister, fühlte sich geehrt über den Titel und freute sich riesig über den Applaus und die Unterstützung seiner Arbeitskollegen. Beide Männer erhielten ein Dokument, auf das sie mit dem Eidstab schworen. «Ich finde es sehr spannend, wie früher gearbeitet wurde und bin interessiert da­ran, das Wissen für die nächste Generation zu erhalten», sagt der bald 30-jährige Adrian Wetli über seine Motivation, als Torkelmeister zu amten.

Der Bernecker führt eine Rebbaufirma mit drei Winzern, drei Lehrlingen und sieben Rebfrauen. Für Lukas Hutter, der seit einem Jahr als Winzer auf dem Weingut von Tobias Schmid in Berneck arbeitet, ist es eine Ehre, beim Druckfest mitzumachen. Der 28-jährige Balgacher sagt:

Mir gefällt das Nostalgische, wie vor 100 Jahren Wein hergestellt wurde.

Er habe so etwas persönlich noch nie erlebt und sei gespannt, wie der Wein geschmacklich wird.

Zur Vorbereitung auf ihre neue Funktion waren die beiden Männer am vergangenen Wochenende im Haus Laager als Beobachter dabei. Hier befindet sich der zweite Torkelbaum, der jährlich in Betrieb genommen wird. Obertorkelmeister Tobias Frei erklärte das Vorgehen. Wetli und Hutter durften einen Probedruck durchführen.

Weinfest mit «Torkel-Wii» am 22. Juni 2024

Der frisch gepresste Saft wird nun in Barriquefässern auf dem Weingut Maienhalde von Peter Indermaur gelagert. Der Winzer rechnet mit sieben Fässern – in ein Eichenfass passen 225 Liter. Am Anfang wird er den Wein täglich abschmecken und testen.

Da sich der Wein nicht in jedem Fass gleich entwickelt, wird er aus allen Fässern im Februar oder März assembliert – also zusammengeleert – und danach in Flaschen abgefüllt. Darin lagert der «Torkel-Wii» bis zur «Aatrinkete» am Weinfest in Berneck, das am 22. Juni 2024 stattfinden wird.


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