Er hiess anfangs «Der Bote am Rhein». Es war der erste Rheintaler Zeitungstitel mit nennenswerter Lebensdauer. «Der Bote am Rhein» war aus der Zusammenlegung des Wochenblatts «Rheintaler Bote» mit dem Sarganser «Oberländer Wächter» hervorgegangen. Er wurde in Altstätten gedruckt und herausgegeben.Ein knappes Vierteljahrhundert hatte er Bestand, bevor er im Juli 1870 seinen heutigen Namen erhielt. Redaktion und Druckerei hatten gewechselt, «Der Bote am Rhein» erschien fortan als «Der Rheinthaler».[caption_left: Der allererste "Rheintaler" erschien am 8.10.1846 unter dem Namen "Der Bote am Rhein".]Abgesehen vom längst verschwundenen zweiten «h» im Namen, ist dieser Titel bis heute derselbe geblieben. Er hat somit die Spötter der Anfangszeit Lügen gestraft. (Die Spötter schrieben für die Konkurrenz.)«Ein Pfui über solche Polemik»Nachdem «Der Bote am Rhein» am 8. Oktober 1946 erstmals erschienen war, bezog sich das konservative Konkurrenzblatt «Wahrheitsfreund» aufs Abschiedswort des «alten Boten» und lästerte munter drauflos: «So ausgemacht es ist, dass, wenn man saure Milch mit Essig vermengt, daraus eben keine Süssigkeit entstehen kann, eben so gewiss darf man annehmen, dass aus dem Rheinthalerboten und dem Oberländerwächter, welche sich miteinander in einen «Boten am Rhein» aufgelöst haben, sicher noch kein solides öffentliches Blatt entstehen wird.»«Der Bote am Rhein» bediente sich für seine Replik eines (noch längeren) Schachtelsatzes (wie er heutzutage jedem Journalisten und jeder Journalistin streng verboten wäre): «Wenn sowohl der Oberländer Wächter als der Rheintalerbote ihre Fehler hatten, so stehen sie dennoch neben dem Wahrheitsfreunde rein, als wahre Engel da, zeugen doch die (vom Wahrheitsfreund zitierten, Anm. der Red.) Zeilen von seiner trivialen Gemüthlosigkeit, indem er die Abschiedsworte des alten Rheintalerboten, eines redlichen, aufrichtigen Mannes, der unentwegt, unter allen Stürmen des Schicksals der Fahne der Freisinnigen folgte, und nur zu oft von Freund und Feind verkannt und misshandelt wurde, - lächerlich zu machen versucht. Ein Pfui über solche Polemik.»Ein neues Buch zur PressegeschichteDie Geschichte der Tageszeitung «Der Rheintaler» ist – wie die ganze Pressegeschichte des Rheintals sowie des Kantons – sehr bewegt. Interessierte konnten sich in der Vergangenheit dreier Neujahrsblätter bedienen, die der Historische Verein des Kantons St.Gallen herausgegeben hat.Zwei dieser Blätter stammen von Oscar Fässler und sind in den Jahren 1926 und 1928, also vor fast einem Jahrhundert, erschienen. Das dritte Neujahrsblatt, das sich mit der Mediengeschichte im Kanton St.Gallen befasst, stammt von Michael Walther und ist seit dem Jahr 2004 greifbar.Eine wissenschaftliche und lückenlose Abhandlung fehlte bislang. Diesen Mangel hat der in Altstätten aufgewachsene und in St.Gallen lebende Christoph Rohner nun behoben. Rohner ist für das Rheintaler Medienhaus (früher Rheintal Medien, heute Galledia) im Verwaltungsrat tätig, den er von 1990 bis 2014 präsidierte und dem er schon zuvor fünf Jahre angehört hatte. «Ein sattes Mannjahr, deutlich über 2000 Stunden» habe er an seinem Buchprojekt gearbeitet, sagt der 72-jährige Rechtsanwalt. Entstanden ist ein 360 Seiten starkes Werk, das rund 300 Textseiten umfasst und reich bebildert ist.Eine besondere Stärke des Buches: Christoph Rohner hat nicht nur minutiös in den Archiven recherchiert, sondern berichtet lebendig über die vielen Veränderungen der Medienlandschaft.Verschiedene Anlässe zum Jubiläum durchgeführtSeinen 175. Geburtstag feiert «Der Rheintaler» heute, 8. Oktober mit geladenen Gästen. Bei dieser Gelegenheit wird auf die Entstehung von Rohners Buch eingegangen, das sodann erstmals erhältlich sein wird.Der Anlass findet in einem Rahmen statt, der jenem des (wegen Corona zwangsweise ausgefallenen) Neujahrsapèros ähnlich ist.Statt eine einzige grosse Feier für die breite Öffentlichkeit durchzuführen, hat der Verlag in der zweiten Jahreshälfte zu einer Reihe kleinerer Veranstaltungen eingeladen, um das Jubiläum zusammen mit Leserinnen und Lesern, Abonnentinnen und Abonnenten gebührend zu feiern.Zu diesen Anlässen gehörten ein Theaterabend im Garten des Altstätter Diogenes-Theaters, ein Besuch an der Altstätter Kulturwoche Staablueme und je ein gediegener Redaktionswagen-Anlass unter dem Titel «Redaktionswagen plus» in Berneck und Altstätten. Scharfer GegensatzIm 19. Jahrhundert – und darüber hinaus – herrschte ein scharfer Gegensatz zwischen Freisinnigen und Konservativen. Hauptstreitpunkte waren namentlich die Bundesreform, das Verhältnis von Staat und Kirche und das Schulwesen. «Der Rheintaler» war zunächst wie seine Vorläufer ein radikalliberales Meinungsblatt, das seine politischen Botschaften kraftvoll und vielfach mit einer polemischen Schärfe verfocht, über die wir heute staunen. Der Kampf um die Bundesreform gipfelte schliesslich im Sonderbundskrieg von 1847. (cr) Gegenspielerin «Volkszeitung»«Der Rheintaler» war lange die einzige politische Zeitung im Oberrheintal. 1893 wurde der (seit 1855 bestehende, zunächst unpolitische) «Rheintalische Allgemeine Anzeiger» ebenfalls zum Meinungsblatt und zum ideellen Gegenspieler des «Rheintaler». Eine Gruppe konservativ gesinnter Bürger hatte das Blatt 1872 übernommen; 1904 wurde es in «Rheintalische Volkszeitung» umbenannt. Die beiden Titel blieben bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts politische Antagonisten. Seit 2011 entstehen sie unter demselben Dach. (gb)