Es kommt nicht sehr häufig vor, dass sich ein Mitglied einer nationalen Auswahl in eine Startliste im Rheintal einschreibt. Anders war es am 27. Rheintalcup. Am Samstag war nämlich gleich die ganze Nationalmannschaft der Männer mit zwei Teams dabei.
Ein grosses Augenmerk war auf das Team gerichtet, das die Schweiz an den Europameisterschaften in Rimini (24. bis 28. April) vertritt und sich in Widnau den letzten Schliff für die Titelkämpfe holte. Trotz des milden Frühlingstages waren die Plätze am Samstag sehr gut besetzt. Solch eine Topbesetzung konnte sich das turnbegeisterte Publikum auf keinen Fall entgehen lassen.
Entscheidung zwischen Langenegger und Giubellini
Zum 27. Mal führte das Trainingszentrum Rheintal den beliebten Anlass durch. Über 200 Kunstturner aus Deutschland, Österreich, Tschechien und der Schweiz waren heuer dabei.
Die Entscheidung in der Elite war knapp: 0,266 Punkte betrug der Vorsprung von Florian Langenegger vom STV Schlossrued auf seinen Natikollegen Matteo Giubellini (Eien-Kleindöttingen). Der neunfache Schweizer Juniorenmeister Langenegger holte am Boden mit 14,5 Zählern einen schönen Vorsprung auf die Konkurrenz heraus. Kein Wunder, sagte der Aargauer über das Bodenturnen: «Es ist meine Lieblingsdisziplin.» Mit einer 15,0 im Pferdpauschen hätte der Jüngere der Gebrüder Giubellini den Rückstand aber noch fast aufgeholt.
Mit einem Rückstand von 2,650 Punkten, der vor allem von einem nicht gestandenen Sprung im Bodenturnen herrührte, wurde Christian Baumann vom TV Lenzburg Dritter. Der 29-Jährige schaffte etwas, was nicht jeder Kunstturner zustande bringt: Im April 2017 hat der internationale Turnverband eine nach ihm benannte Figur als Wertungselement aufgenommen. Zweimal war er an Olympischen Spielen, dreimal holte er an Europameisterschaften Edelmetall. 2021 wurde er an der WM im japanischen Kitakyushi Barren-Achter. In Widnau holte er mit 14,95 die höchste Note an diesem Gerät.
Eine Kostprobe seines Könnens zeigte Noe Seifert am Barren. Vor einer Woche hat er im Weltcup in Osijek Bronze geholt. In Widnau gaben ihm die Wettkampfrichter eine 14,9. Kantonaler Meister wurde Florian Schmitt vom TV Mels. In den Gerätefinals, die am Samstagabend sehr viel Publikum anlockten, turnte sich bei den Senioren ein Deutscher zweimal zuoberst aufs Podest. Dass Eintracht Frankfurt nicht nur gute Fussballer, sondern auch gute Turner in seinen Reihen hat, bewies Niklas Neuhäusel, der am Boden und am Reck zuoberst auf dem Podest stand. Leo Drake (Opfikon-Glattbrugg) gelang dies bei den U18-Junioren. Auf dem Barren und am Reck distanzierte der 14-Jährige seine Gegner deutlich und zeigte, dass er das Talent hat, einmal in die Fussstapfen von Giubellini & Co. zu treten.
«La Ola» brandete durch die Aegeten-Halle
Nicht nur die Turner haben begeistert. Auch die Majoretten, die aus Tschechien anreisten und die Gerätewechsel mit den Athleten anführten, ernteten für ihre Darbietungen Applaus. Es ist gar nicht so einfach, die Stäbe in die Luft zu werfen und sie wieder zu fangen. «Die Stimmung in der Halle ist genial», schwärmte eine der Majoretten, «so macht es einfach Freude, dabei zu sein.»
Begeistert haben auch die Aktivriege Boden und das Getu Boden A und B des STV Balgach und die Gerätekombination des TV Widnau, die mitreissenden Showblocks boten – was das Publikum mit einer «La Ola»-Welle quittierte. Atemberaubend, welche Präzision die Athletinnen und Athleten zeigten. An der Show beteiligten sich auch die Majoretten, die eine sehenswerte Lichtshow in die dunkle Aegeten-Halle zauberten.
Die Nati schrieb nach ihrem Wettkampf fleissig Autogramme. Der Andrang war gross und nicht nur Autogrammkarten wurden signiert. Auch manch ein Leibchen der Rheintaler Kids zieren nun die Unterschriften der Stars. OK-Präsident Marcel Keller war sehr zufrieden, wie die Athleten dem Publikum das Kunstturnen nähergebracht haben. Er dankte auch einer Gilde, die hin und wieder zu wenig beachtet wird: «Ein zentrales Element im Kunstturnen sind die Kampfrichter. Ohne sie ginge es nicht.»
Tolle Leistungen der TZ-Rheintal-Junioren
Der Sonntag gehörte den Junioren der Jahrgänge 2011 bis 2017. In vier Kategorien turnten sie um den Sieg. Dabei waren auch die Talente des TZ Rheintal. Im Einführungsprogramm kam Julian Eugster aufs Podest. Mit genau 74 Punkten wurde er Dritter. Auch Eric Beerli vermochte sich in den Top-Ten zu klassieren.
Frühe Tagwache hatten David Steiger, Elia Thiébaud und Daymen Bärlocher, deren Wettkampf um 8.30 Uhr begann. Steiger wurde starker Vierter, Bärlocher Fünfter. Den Abschluss bestritten die Kids aus dem Programm P1. Bei den Jahrgängen 2014 und 2015 zeigten Philipp Marti, Leo Rohner, Lionel Schlanser, Nico Bischofberger und Laurin Eugster tolle Leistungen. Ihr Trainer Manuel Kast klatschte mit den Jungs nach dem Wettkampf ab und sagte: «Ich bin sehr zufrieden!»
Nati und Publikum als Highlights
Es ist beeindruckend, was das 15-köpfige Organisationskomitee des Rheintalcups wieder auf die Beine gestellt hat – und alles klappte wie am Schnürchen.
OK-Präsident Marcel Keller war entsprechend zufrieden und sagte: «Ein Highlight war natürlich, dass das Schweizer EM-Team und zusätzlich auch noch das ‹Team zwei› dabei war.» Der Kontakt mit der Nationalmannschaft kam durch eine Anfrage des Team-Managers Rolf Thalmann zustande. «Wenn die Nati kommen will, breitet man den roten Teppich aus», sagt Keller und lacht.
Auch ein Kränzchen wand der Diepoldsauer dem Publikum: «Das ist ein anderes Highlight. Draussen herrscht Sommer und die Tribüne in der Halle ist praktisch voll. Wir schätzen dies extrem.»
Gegenüber 2023, als unter anderem auch schottische und monegassische Turner am Wettkampf teilnahmen, war die Anmeldungsrate der ausländischen Athleten heuer gering. Die Erklärung ist einfach: «Weil in einer guten Woche die EM beginnt, wollten die Teams aus dem Ausland nicht eine zusätzliche Reise auf sich nehmen. Für das Nationalteam war es einfach eine kurze Inlandsreise», so der 51-jährige Oberstufenlehrer. Er sagt auch:«Alle Rheintaler haben sehr gut geturnt. Und alle Wettkämpfe gingen unfallfrei über die Bühne.»
Dann unterstreicht er nochmals die Wichtigkeit der geplanten Turnarena: «Die bestehende Infrastruktur vermag mit den gesteigerten Ansprüchen, die bereits an die jüngsten Talente gestellt werden, nicht mehr Schritt zu halten.»
Ranglistenspitzen
P6 Sen: 1. Florian Langenegger (STV Schlossrued) 83,066. 2. Matteo Giubellini (STV Eien-Kleindöttingen) 82,800. 3. Christian Baumann (TV Lenzburg) 80,150. 4. Moreno Kratter (Turnsport Rüti) 77,350. 5. Kevin Buckley (Gym Élite Mendrisiotto) 77,216.
P6 Sen – Gerätefinal: Boden: 1. Niklas Neuhäusel (Deutschland) 13,000, Barren: 1. Kilian Schmitt (TV Mels) 13,400, Reck: 1. Niklas Neuhäusel (Deutschland) 12,400.
P6U18: 1. Linus Eisenring (STV Wil) 69,916. 2. Ben Wolfer (TV Henggart) 68,150. 3. Adam Ateyeh (TV Opfikon-Glattbrugg) 68,000. 4. Max Krüger (STV Wil) 67,893. 5. Leo Drake (TV Opfikon-Glattbrugg) 67,416.
P6U18-Gerätefinal: Boden: 1. Leano Frangao (Turnsport Rüti) 12,400, Barren und Reck: je 1. Leo Drake (TV Opfikon-Glattbrugg) 12,150 (Barren), 11,800 (Reck).
Offenes Programm: 1. Fabio Strauss (TV Siblingen) 48,883.
Einführungsprogramm: 1. Ursin Wildhaber (TV Sargans) 75,425. – 3. Julian Eugster (TV Azmoos/TZR) 74,000. 8. Eric Beerli (TV Widnau/TZR) 70,875. 26. Milo Bleiker (TZR) 64,000. 37. Dominik Hildesheim (TZR) 57,275.
P1: 1. Nils Landis (TV Wädenswil) 80,150. – 10. Leo Rohner (STV St. Margrethen/TZR) 76,250. 14. Lionel Schlanser (SVD Diepoldsau-Schmitter/TZR) 74,450. 15. Laurin Eugster (TV Azmoos/TZR) 74,275. 21. Philipp Marti (STV Balgach/TZR) 70,425. 30. Nico Bischofberger (SVD Diepoldsau-Schmitter/TZR) 66,850.
P2: 1. Gilles Damur (Turnfabrik) 76,700. – 4. David Steiger (STV Balgach/TZR) 73,125. 5. Daymen Bärlocher (TV Widnau/TZR) 70,765.
P3: 1. Jano Willi (BTV Chur) 72,150.
P4: 1. Misha Moser (STV Wil) 71,425 – 6. Elia Thiébaud (STV Balgach/TZR) 6,500.