«Verabschieden Sie sich von der Perfektionsfalle. Handeln ist die Devise», sagte Marcel Kuster in der Ansprache zum neuen Jahr. Damit motivierte er die Besucherinnen und Besucher, doch die Aussage passte auch perfekt zum Auftritt des St. Galler Improvisationstheaters Tiltanic. Sein Konzept ist, das Programm auf Vorschläge aus dem Publikum aufzubauen und aus dem Stegreif Theater zu spielen.Wie schwierig das ist und wie das gelingen kann, bewies Tiltanic in anderthalb Stunden auf der Bühne. Allzu perfektionistisch zu sein, konnte sich das Quartett nicht erlauben, es musste handeln. Die vier Künstler taten dies so, als hätten sie sich Marcel Kusters Rede besonders zu Herzen genommen.Wie tanzt man die Telefonnummer?«Das wird eine Premiere und eine Dernière gleichzeitig», sagte Claudia Ehrenzeller von Tiltanic, als sie dem Publikum erklärte, wie Impro-Theater funktioniert. Es werde «ziemlich sicher lustig», kündigte sie an, und Tiltanic hielt das Versprechen. Von Beginn weg war das Publikum gefragt. Erst beim Erzeugen einer Urwaldstimmung, dann beim Tanzen der eigenen Telefonnummer. Als die Gäste diesen Auftrag fassten, blickte Claudia Ehrenzeller in fragende Gesichter – wie tanzt man denn die Telefonnummer?Die Balgacherinnen und Balgacher machten mit, bewegten sich und lachten. Damit war der Bann gebrochen, die Gäste legten die Scheu ab, waren Teil des Bühnenstücks und bewiesen Humor. Als Tiltanic ein Tier wissen wollte, das man niemals als Haustier halten würde, antwortete jemand trocken mit «Katze». Als für ein stark rückwärts geführtes Fernsehinterview eine besondere Erfindung gefragt war, erfanden die Gäste einen mit Mist-Energie betriebenen Beamer. Daneben gab es auch wiederkehrende Elemente, wie etwa die Steuerrechnung.Schritt für Schritt die Ziele erreichenPerfekt waren nicht alle Nummern, das müssen sie auch nicht, dafür geht Impro-Theater zu schnell. Doch Tiltanic setzte Marcel Kusters Aufforderung perfekt um, handelte.Kuster ermunterte die Besucher zum Handeln, aber auch dazu, Ja zu sagen – zu Veränderungen, dazu, sich Ziele zu setzen und diese Schritt für Schritt zu erreichen. Den Glauben bezeichnete er als etwas Individuelles. Für ihn bedeute es, «in den Räumen des Lebens nicht allein zu sein». Die Aufgabe der Kirche sei es, die Übergänge zwischen diesen Räumen möglichst feinfühlig zu begleiten.