Andrea C. PlüssBereits seit rund fünf Jahren lagert der Landwirtschaftsbetrieb im hinteren Teil der Halle an der Werkstrasse 16 Maschinen und Verpackungsmaterial. Anfangs war die Fahrmaadhof AG dort eingemietet, seit Dezember 2020 gehört ihr das 5013 m2 grosse Grundstück samt Halle. Dass es dem Gemüseproduzenten gelang, die Liegenschaft Nr. 1568 der Halos Logistics AG abzukaufen, nennt Fahrmaadhof-Geschäftsführer Simon Lässer einen «Glücksfall». Das Baugesuch für den Neubau eines Gemüsezentrums auf diesem Grundstück liegt seit Dienstag und noch bis zum 13. Juni bei der Gemeinde Diepoldsau öffentlich auf. Geplant ist ein Gebäude, das aus zwei Zonen besteht. Aus einem viergeschossigen Bürotrakt (im Bild rechts beige dargestellt) sowie aus einem zweigeschossigen Bereich für Produktion und Lager, der an den Bürotrakt anschliesst. Das Konzept sieht einen Warenfluss von der Warenannahme bis zur Spedition vor und umfasst von Westen in Richtung Osten die Arbeitsschritte Waschen, Aufbereiten und Packen des Gemüses. Das Ab- und Aufladen der Ware kann wettergeschützt erfolgen. Nebst diversen Wasch- und Sortieranlagen für einzelne Gemüsesorten sind drei Kühlräume vorgesehen. Zudem eine Wasseraufbereitungs- und eine Fotovoltaikanlage sowie eine Tiefgarage für Fahrzeuge der Mitarbeitenden.Alle Arbeiten an einem Ort bündelnEs ist der vierte Versuch des Unternehmens, durch den Bau eines Gemüsezentrums sowohl die Bewirtschaftung der eigenen Landwirtschaftsflächen im Umfang von 32 ha als auch jene des Vertragsanbaus unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu optimieren und damit wettbewerbsfähig zu bleiben. «Wir haben dann praktisch alle Arbeitsschritte an einem Ort vereint», sagt Geschäftsführer Simon Lässer und verdeutlicht dies am Beispiel der Bohnenernte: «Vom Feld werden die Bohnen derzeit zum Fahrmaadhof gebracht und gekühlt, sortiert und gewaschen. Von dort gelangen die Bohnen per LKW nach Rebstein zur Pro Verda AG, wo sie verpackt werden. Schliesslich folgt der Transport zum Grossabnehmer, beispielsweise zur Migros.» Eine Person fahre jetzt praktisch den ganzen Tag zwischen den verschiedenen Betriebsstandorten hin und her. Dies zu ändern beabsichtigte Fahrmaadhof-Inhaber Stefan Britschgi erstmals 2017, als er auf seinem Hofareal an der Fahrmaadstrasse 16 eine Erweiterung plante. Das Vorhaben entsprach jedoch nicht den Raumplanungsbestimmungen. Bei einem zweiten Anlauf Mitte 2018 sollte das Projekt – wie aktuell auch – an der Werkstrasse in Diepoldsau realisiert werden. Allerdings nicht in der Bauzone, wie es nun der Fall ist, sondern auf zwei Parzellen der Landwirtschaftszone, was eine Zonenplanänderung voraussetzte. In einem Rutsch legte die Politische Gemeinde Diepoldsau seinerzeit vier Vorhaben auf: Anpassungen zum Teilzonenplan, zur Revision des Baureglements und gleich dazu das Baugesuch für Britschgis Gemüserüsthalle. Ein Sturm der Entrüstung und Ablehnung breitete sich bald darauf in weiten Teilen der Diepoldsauer Bevölkerung aus. 400 Einsprecherinnen und Einsprecher wandten sich gegen die Vorhaben, führten unverhältnismässigen Mehrverkehr ins Feld; manche vermuteten gar eine Gefälligkeit des Gemeinderates dem Ratskollegen Stefan Britschgi gegenüber. Über die Einsprachen entschied 2019 eine Ersatzregierung und stellte Versäumnisse der politischen Gemeinde im Auflageverfahren fest. Stefan Britschgi legte sein Gemeinderatsmandat nieder und versuchte in Balgach, wo die Fahrmaadhof AG im Mai 2019 bei der Rietmühle etwa 13 500 m2 Land erworben hatte, die dringend benötigte Gemüserüsthalle zu realisieren. Der geplante Standort sei nicht zonenkonform, wandten indes Naturschutzverbände ein, woraufhin der Gemüsebaubetrieb sein Baugesuch zurückzog. Verkehrsgutachten erstellen lassenJetzt also wieder Diepoldsau. Die Planungen für die Gemüserüsthalle in Balgach konnte man aber nicht 1:1 übernehmen. «Das Grundstück an der Werkstrasse 16 ist viel kleiner, deshalb mussten wir mehrgeschossig planen und eine Tiefgarage vorsehen», sagt Simon Lässer. Mit dem Baugesuch hat der Geschäftsführer auch einen verkehrstechnischen Kurzbericht eingereicht, in dem das wegfallende und hinzukommende Verkehrsaufkommen im Rahmen der Erschliessung des Neubaus untersucht wird. Darin heisst es: «Die grösste Tagesbelastung fällt (...) auf der Werkstrasse an. Auf der Tram- und Hohenemserstrasse in Diepoldsau, der einzigen Erschliessungsstrasse, käme es demnach zu Mehrverkehr von unter einem Prozent. Durch wegfallende tägliche Fahrten vom Fahrmaadhof zur Pro Verda AG würde zudem der östliche Ortsteil entlastet. An der Werkstrasse, die sich unweit des Zolls befindet, herrscht regelmässiger LKW-Verkehr. Nicht zuletzt auch deshalb, weil im vorderen Bereich der Halle an der Werkstrasse 16 derzeit ein Verzollungsunternehmen eingemietet ist. Den Mietvertrag hat die Fahrmaadhof AG zum Sommer hin gekündigt. «Wenn wir die alte Halle noch in diesem Jahr abbrechen könnten, wäre das ein Glück», sagt Simon Lässer. Schon Anfang 2020 hatte ihm Stefan Britschgi die operative Leitung des Unternehmens übertragen. Britschgis Sohn Daniel ist Verwaltungsratspräsident. Als Verwaltungsratsmitglieder sind Stefan und Brigitte Britschgi noch beratend tätig. Sie wohnen derzeit in der Rietmühle in Balgach.