13.10.2019

Der Jahrgang trotzt der Feuchte

Dem Ostschweizer Wein setzen Pilzbefall und Kirschessigfliege zu.

Von Marco Cappellari
aktualisiert am 03.11.2022
«Ich bin vorsichtig optimistisch», sagt Markus Hardegger über die Weinlese in der Ostschweiz, die von Ende September bis Mitte Oktober stattfindet. Hardegger ist Leiter der Fachstelle Weinbau des Kantons St. Gallen. «Die Qualität dürfte in diesem Jahr gut bis sehr gut werden», sagt er. «Mit der bisherigen Ernte sind wir zufrieden. Wenn wir für die Schlussphase wie erwartet noch ein paar trockene Tage kriegen, wäre dies das i-Tüpfelchen.» Abstriche wird es hingegen bei der Menge der Trauben geben. Alles in allem erwartet Hardegger ein solides Weinjahr 2019. Aber: «Sicher sein kann sich der Weinbauer erst, wenn der Wein im Fass ist.» Zugesetzt hat den Reben die Feuchtigkeit der letzten Wochen. Diese beeinflusst einerseits die Menge, erhöht andererseits die Gefahr für Pilzbefall und Insektenschaden. «Das feuchte Wetter hat klar einen erhöhten Infektionsdruck für den echten und den falschen Mehltau sowie für Fäulnis ausgelöst», sagt Hardegger. «Schwerwiegender war allerdings der Kirschessigfliegen-Befall.» Der Schädling legt seine Eier in den Trauben ab, worauf diese unbrauchbar werden.Mit Laubarbeit gegenErnteausfall«Wir werden wohl Ende nächster Woche mit der Lese fertig sein», sagt Roman Rutishauser vom Weingut am Steinig Tisch in Thal. Die ersten Sorten hat Rutishauser am 20. September geerntet. «Den erhöhten Pilzdruck haben wir festgestellt», sagt er. «Das Jahr war deshalb herausfordernder, was den Mehltau anbelangt.» Bis auf eine Bio-Parzelle, wo Rutishauser einen kleineren Pilzbefall hatte, seien aber kaum Ausfälle zu verzeichnen. Die weissen Sorten seien gut gediehen. «Bei den roten ist der Ertrag etwas niedriger.»  Mit erwarteten fünf bis zehn Prozent halte sich der Ausfall im erträglichen Rahmen. «Das sehe ich als Bestätigung dafür, dass wir das Jahr über eine saubere Arbeit geleistet haben», sagt er. «Die erhöhte Pilzgefahr kann gut durch sorgfältige Laubarbeit ausgeglichen werden.» Gemeint ist die Regulierung des Mikroklimas der Reben: Durch gezieltes Beschneiden der Blätter – und gegebenenfalls überschüssiger Trauben – gewährleistet der Weinbauer eine optimale Durchlüftung und Belichtung der Reben. Sind die Blätter zu dicht, trocknen die Trauben nach Regenfall und Tau zu langsam.  Am meisten zu schaffen machte auch Rutishauser die Kirsch­essigfliege. «Dies hat zwar nicht zu grossem Ausfall geführt, erhöht aber wegen der nötigen Aussortierung den Arbeitsaufwand bei der Lese, wenn die Trauben rausgeschnitten oder aussortiert werden müssen.»Frühreife Rote leiden am meistenMartin Wolfer vom gleichnamigen Weingut in Weinfelden ist gerade mit der Ernte der Pinot-­noir-Trauben beschäftigt. Diese werde voraussichtlich bis Anfang nächster Woche dauern. «Es wird keine überragende Ernte wie im Rekordjahr 2018», sagt er. «Aber es wird ein gutes Jahr.» Da der Herbst zwar feucht, aber auch kalt war, hätten die Trauben diesen gut überstanden. Die Kirschessigfliege habe vor allem den frühreifen Roten zu schaf- fen gemacht. Wolfer: «Jetzt sollte es ein paar trockene Tage geben.» Auch bei der Schmid Wetli AG in Berneck seien vor allem die roten Sorten von der Kirschessigfliege betroffen, sagt Kaspar Wetli. «Getroffen hat es besonders die Dornfelder und den Cabernet Dorsa.» Die Qualität und Menge seien dennoch gut. Resistenter seien die weissen Sorten. «Hier ist die Forschung bereits weit. Die traditionellen Sorten werden zunehmend durch moderne Kreuzungen ersetzt, die resistenter gegen Pilzbefall sind.» Die Lese dauere vor­aussichtlich noch zwei, drei Wochen – etwas länger als sonst. Gesamthaft rechnet Wetli mit einer um zehn bis zwanzig Prozent geringeren Ernte als im Rekordjahr 2018.  

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.