24.03.2022

Der Hühnermann aus Montlingen

Wer im Rheintal Legehennen hält, bezieht sie mit hoher Wahrscheinlichkeit von Bruno Rutz.

Von Cécile Alge
aktualisiert am 02.11.2022
Eigentlich wollten wir ein Gespräch über seinen Hühner-Umschlagplatz führen, dem wohl bekanntesten im Rheintal. Denn an diesem eher unscheinbaren Ort, an der Lachenstrasse 2 in Montlingen, hat Bruno Rutz in den letzten Jahren Tausende Hühner verkauft. Aber beim Thema zu bleiben, ist einfacher gedacht als getan, denn mit ihm kommt man automatisch auf vieles zu sprechen: Weltgeschehen, Familiengeschichten, Handwerk, Länder, Reisen, Begegnungen und, und, und.Der 68-Jährige ist gebürtiger Fürstenländer, fand die zweite Liebe im Rheintal, war einst Käser und Schweinezüchter und arbeitete bei Milchkonzernen für Spezialprojekte, weil er immer offen für Neues war und stets an irgendetwas herumtüftelte. Und es noch immer tut: Seit der Pensionierung hat Bruno Rutz mehr Zeit dafür. Was er entwickelt, ist oft erfolgreich: Sein praktischer Naturkomposter und der ausgeklügelte Hochbeet-Bausatz, der in wenigen Minuten aufgebaut ist, sind Verkaufsschlager. «Ich brauchte schon immer einen Anreiz für mich und meinen Geist. Und wenn daraus etwas Sinnvolles entsteht, umso besser», sagt er.Das Herz am richtigen FleckBruno Rutz ist ein bodenständiger, freundlicher Zeitgenosse mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Er mag die Natur, Tiere und Menschen. Kein Wunder, geht auch ihm der Krieg in der Ukraine nahe. «Es ist unfassbar, welches Leid da angerichtet wird. Diese Bilder … schrecklich», sagt er und erwähnt nebenbei, dass er sich zusammen mit seiner Partnerin Martha Dux bereiterklärt hat, Flüchtlinge aufzunehmen. Just am Morgen unseres Treffens wurde den beiden die baldige Ankunft zweier Ukrainerinnen angekündigt. «Vermutlich vorübergehend, damit sie sich zuerst einmal ausruhen und etwas erholen können. Wir schauen dann, wie es weitergeht», so Bruno Rutz.Aber wie gesagt und trotz allem wollen wir uns hier ja den Hühnern widmen. Denn wer im Rheintal Legehennen hält, hat diese mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Bruno Rutz gekauft. «Hühnerverkauf ist Vertrauenssache, und ein guter Ruf verpflichtet», sagt Rutz und muss selbst über seinen Werbeslogan schmunzeln. Doch dieser ist gerechtfertigt, denn die Zahl spricht für sich: 20 000 Hybridhühner, die er von einem Zuchtbetrieb in Flawil bezieht, hat er in den letzten 20 Jahren an Private weiterverkauft – weisse, braune, schwarze und (gesprenkelte) Sperber. Schöne Tiere in guter Qualität, gesund, geimpft, legebereit.Jede Woche eine LieferungDie meisten Kunden kommen aus dem Rheintal oder Appenzeller Vorderland. Manchmal auch von weiter her. So wie letzte Woche, als eine Frau aus Mastrils, ob Landquart, unbedingt Hühner von ihm haben wollte. Durch sein Hobby hat er unzählige Leute kennengelernt und nette Bekanntschaften geschlossen. «Die meisten kommen ja wieder, dann gibt’s auch immer einen Schwatz», so Rutz.Bei 1000 verkauften Hühnern im Jahr, läuft etwas. Jeden Donnerstag kommt eine Lieferung an. So auch während unseres Treffens. Darum trägt Bruno Rutz seine Arbeitskleidung, den blauen Overall und die beige Dächlikappe. Als der Lastwagen kommt, nimmt er die bestellten Legehennen entgegen, trinkt mit dem Fahrer einen Kaffee und geht danach wieder in den Stall. Heute sind es viele: 30 verlädt er in Boxen direkt ins Auto, denn bei grossen Mengen macht er eine Ausnahme und liefert sie direkt. Die anderen sortiert er mit gekonntem Griff, stellt sie nach Kundenwunsch zusammen und bringt sie in den Abteilen seines Stalls unter. Eine Zweier-, Dreier- und Vierergruppe. «Diese behalte ich ein, zwei Tage hier, danach werden sie abgeholt. So lernen sich die Hühner kennen und mögen und werden rasch zahm», weiss Rutz aus Erfahrung. Er weiss viel über das Federvieh, gibt auch gerne Tipps und Ratschläge. Sein Fachwissen hat er in einem Merkblatt zusammengefasst, das er Anfängern in der Hühnerhaltung abgibt. «Schliesslich soll es den Tieren ja gut gehen.» Typisch, dieser Gedanke.Dann ist unsere Gesprächszeit auch bereits zu Ende. Denn Bruno Rutz muss los: Die 30 Hühner in seinem Auto warten darauf, in ihre neue Heimat am Altstätter Berg gefahren zu werden. «Ja, man kommt schon herum mit diesem Hobby», meint Rutz, sagt’s und fährt mit seiner munteren Ladung los.

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