Und Jesus sagt zu Petrus: Amen, ich sage dir: Noch heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben. (Markus 14, 30)Liebe Leserin, lieber LeserDie meisten evangelischen Kirchen bei uns im Rheintal haben einen Wetterhahn auf ihrer Kirchturmspitze, während die meisten katholischen Kirchen ein Kreuz auf ihrem Turm tragen. Der Hahn ist seit Hunderten von Jahren ein Symbol für das Licht und die aufgehende Sonne. Sein Schrei weckt die Menschen aus dem Schlaf. Die reformierten Kirchen nahmen deshalb den Hahn vermehrt auf ihre Kirchen, weil sie ihn als Mahnung verstanden haben, sich nicht zu verhalten wie Petrus, der seinen Herrn Jesus verleugnet hat und nicht den Mut hatte, Solidarität zu zeigen. Der Hahn ist ein Weckruf, den prophetischen Auftrag Gottes an die Kirchen ernst zu nehmen. Das bedeutet, geradlinig zu sein und auch öffentlich einzutreten gegen Missstände in der Gesellschaft, den Finger da in die Wunde zu legen, wo Menschen benachteiligt oder bedrängt werden. Es bedeutet, da für das Leben einzutreten, wo es bedroht wird und da für die Freiheit einzutreten, wo anderen der Platz zur freien Entfaltung genommen wird. Kurz: Es bedeutet, Zivilcourage zu zeigen. Denn auch die Propheten haben immer die Stimme erhoben für die Menschen und Anliegen, die in der Gesellschaft keine Stimme hatten. So gilt bis heute die reformierte Kirche als die Stimme im Chor der Konfessionen, die besonders diese Aufgabe wahrnimmt und ernst nimmt und sich einmischt in ethische und soziale Fragen, die jeweils aktuell sind. Weil das ein wichtiges Merkmal reformierter Tradition ist, hat das Rheintaler Reformationsbier, das gestern präsentiert wurde, den Namen Güggel. Ein spezieller Akzent unserer Kirche wird so noch einmal hervorgehoben. So vergessen wir beim wohlverdienten Feiern nicht, dass es auch gilt, sich einzusetzen für mehr Menschlichkeit, Solidarität und Zivilcourage. Andrea HofackerPfarrerin in Marbach