17.07.2019

Der Glögglifrosch soll nicht verstummen

Neu geschaffene, artgerechte Lebensräume sollen die Geburtshelferkröte vor dem Aussterben bewahren.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin SchmidEs gibt nicht mehr viele Standorte, an denen das Bimmeln des Glögglifrosches zu hören ist. Ein sogenanntes Reliktvorkommen befindet sich auf der Fegg oberhalb von Oberegg.Pirmin Reichmuth, Leiter der kantonalen Fachstelle für Natur- und Landschaftsschutz, gleiste im Herbst 2018 ein Projekt zum Schutz der Geburtshelferkröte auf. In diesem Frühjahr wurden mit dem Einverständnis der Familie Rohner auf ihrem Grundstück fünf künstliche Becken angelegt. Dabei entstanden artgerechte Fortpflanzungsgewässer sowie Trockensteinmauern als Rückzugsorte für die Amphibien.Nur noch ein Viertel der FundstellenDie kreisrunden Becken füllen sich mit Regenwasser und verfügen über einen Ablauf, der die regelmässig – zirka alle drei Jahre – stattfindenden Wartungsarbeiten der Grundstücksbesitzer erleichtert.Dank der Pflege lassen sich die Populationen von Molchen, Libellenlarven und anderen Fressfeinden eindämmen und die Entwicklung der Amphibien fördern. Um die Biotope wurde das Gelände den Bedürfnissen der Tiere angepasst. Nebst losen Kies- und Steinbereichen sind die Trockensteinmauern zu erwähnen, die in Frosttiefe gründen und so das Überwintern der Kröten ermöglichen.«Es genügt heute nicht mehr, nur eine Fläche unter Schutz zu stellen», sagt Roger Dietsche, der das Projekt als Experte begleitet, «sondern in diesen müssen aktiv artenspezifische Unterhaltsarbeiten ausgeführt werden.» Spezialisierte Tierarten wie die Geburtshelferkröte stellen ganz besondere Anforderungen an ihren Lebensraum. Glögglifrösche waren natürlicherweise vor allem entlang der Bäche verbreitet, bevor sie wegen der Verbauungen der Bäche ihren Lebensraum verloren. In Feuerwehrweihern haben sie vorübergehend Zuflucht gefunden. Doch inzwischen sind auch diese Gewässer bis auf wenige Ausnahmen verschwunden oder werden anders genutzt. «Von 74 im Appenzellerland und dem Rheintal nachgewiesenen Vorkommen existieren nur noch 17», sagt Roger Dietsche, «wobei die meisten nur ein bis zwei rufende Tiere umfassen.»Zur Nachahmung empfohlenÖkologische Nischen haben eine grosse Bedeutung für die Artenvielfalt, daher hält Pirmin Reichmuth fest, dass dieses gute Beispiel dringend zur Nachahmung empfohlen wird. Bund und Kanton seien interessiert daran, die Biodiversität in der Schweiz nachhaltig zu fördern und bieten Hand für sinnvolle Projekte. Die Kosten von rund 40000 Franken werden vom Bund (40 Prozent), Kanton Appenzell Innerrhoden (40 Prozent) und Bezirk Oberegg getragen. Die Anlage unterhält Familie Rohner unentgeltlich, um ihren Mitbewohnern das Leben nachhaltig zu erleichtern.Während es immer mehr Nistkästen für Brutvögel gibt und sich sogenannte Bienenhotels etablieren, fehlen artgerechte Biotope für viele kleine Tierarten, die unaufhörlich vom Untergang bedroht sind – nach wie vor. «Dank solcher Projekte bleiben heimische Tierarten und ihre Lebensräume erhalten», sagt Roger Dietsche, «und unsere Enkel dürfen sich wei-ter über die Naturschönheiten freuen.»«Bis vor Kurzem waren die hellen Rufe eines Männchens zu hören», sagt Regula Rohner, «wir sind optimistisch und hoffen nun, dass es zur Paarung und Befruchtung der Eier gekommen ist.»Ob die Fortpflanzung der Geburtshelferkröten durch die umgesetzten Massnahmen in erwünschtem Mass gefördert wird, bleibt abzuwarten. Jonas Barandun, Beauftragter für den Amphibienschutz des Kantons St. Gallen, wird die Anlage gemeinsam mit Familie Rohner beobachten. «Ob der Rufer ein Weibchen gefunden hat, wird sich im Herbst zeigen, wenn Kaulquappen nachgewiesen werden können», sagt Roger Dietsche.Zweittext:Rarität bei AmphibienDie bis 5,5 Zentimeter grossen Kröten können bis zu acht Jahre alt werden. Sie sind braun oder grau. Die Körperoberseite ist mit rundlichen Wärzchen übersät und die goldenen Augen haben eine senkrechte, spaltförmige Pupille. Der Name Geburtshelferkröte rührt von der Eigenart der Kröte her, echte Brutfürsorge zu betreiben. «Diese kommt bei Amphibien sehr selten vor», sagt Roger Dietsche. In der Paarungszeit von März bis August hört man in der Dämmerung oder nachts die glockenhellen Rufe der Männchen, womit sie die Weibchen anlocken, von weitem. Nach der Paarung wickelt sich das Männchen die Laichschnur um seine Hinterbeine, begibt sich in ein Versteck und trägt die Eier 20 bis 50 Tage mit sich herum. (bes)HinweisWeitere Informationen gibt’s unter www.naturinfo.ch/fauna/amphibien/artbeschreibungen/geburtshelferkroete.

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