10.10.2022

Der erfolgreiche Umsteiger

Mit dem Mountainbike war Simon Vitzthum ein Talent. Medaillen aber bringt der Wechsel auf die Bahn. Weiter geht es an der WM in Paris.

Von Daniel Good
aktualisiert am 02.11.2022
In seiner Stammdisziplin hätte er es wohl nie an die Olympischen Spiele gebracht. Simon Vitzthum war einst ein Mountainbiker mit ansehnlichen Perspektiven und WM-Teilnehmer, aber irgendwann kam er nicht mehr weiter im Gelände. Dass er es aber auf der Bahn so weit bringen würde, hätte er nie gedacht, als er 2018 in Zürich-Oerlikon erstmals ein Velo mit Starrlauf steuerte. «Nicht im Entferntesten dachte ich, dass es so gut heraus kommen würde», sagt der 27-jährige Rheinecker.Am Sonntag reiste Vitzthum an die Bahn-WM. Diese findet im Vélodrome von St-Quentin-en-Yvelines rund 20 km westlich von Paris statt. Morgen ist er zum ersten Mal mit dem Schweizer Bahnvierer unterwegs. Zwei von Vitzthums Teamkollegen sind ebenfalls Ostschweizer: der junge Alex Vogel aus Wittenwil und Teamleader Claudio Imhof aus Sommeri. Der Routinier überredete Vitzthum einst, es doch einmal auf der Bahn zu versuchen. Imhof lieh dem Neuling auch ein Bahnvelo aus, denn dieser hatte keines.[caption_left: Mit dem Mountainbike kam der Rheinecker Veloprofi irgendwann nicht mehr weiter.  Bild: Archiv/Keystone]Er pulverisiert seine persönliche BestzeitIn der Mannschaftsverfolgung, die über vier Kilometer führt, ist Vitzthum mittlerweile ein sicherer Wert. Im Vorfeld der WM verbesserte er seine persönliche Bestleistung um rund vier Sekunden. Der Rheintaler war auch schon dabei, als der Schweizer Vierer 2020 EM-Bronze und 2021 EM-Silber holte. «Am Anfang war es schon ein etwas eigenartiges Gefühl. Du siehst zum Beispiel die Kurve nicht, die du im nächsten Moment mit einer Geschwindigkeit von 65 Stundenkilometern passieren wirst», sagt Vitzthum. Aber das gehe allen Novizen so. Rasch erhielt der ehemalige Profimountainbiker ein Gefühl für die Besonderheiten des Mannschaftsfahrens, der Königsdisziplin im Bahnradsport. Und hat nun sogar reelle Aussichten, sich für die Olympischen Sommerspiele zu qualifizieren. Er sagt: «Das schaffen wir. Wir sind ein eingespieltes Team. Im Gegensatz zu früher, als dies nicht immer der Fall war, sind heute immer die gleichen Leute im Einsatz.»Die Nummer sieben in der WeltranglisteDie Qualifikationsperiode für Olympia 2024 beginnt im Februar 2023 mit der EM in Grenchen, wo die Schweizer im vergangenen Jahr Silber holten. Die olympischen Bahnrennen 2024 finden in der gleichen Halle wie nun die WM statt. Zehn Mannschaften kommen 2024 in Paris zum Zug. Vitzthum hofft an der WM auf eine Klassierung unter den ersten Fünf: «Man muss sich hohe Ziele setzen.» Vitzthum startet diese Woche auch im WM-Omnium. Das ist ein Mehrkampf mit vier Disziplinen. Mit diesem Programm kommt er ebenfalls zurecht. Er nimmt regelmässig an internationalen Prüfungen teil und ist in der Weltrangliste an siebter Stelle klassiert. An der WM soll es einen Schritt weiter gehen: «Top 5 wäre cool.» Auch im Einzel hat Vitzthum die Olympia-Qualifikation im Visier. Der Vater ist ein ranghoher Funktionär im HandballVitzthum ist gut 1,90 Meter gross. Sein mittlerweile pensionierter Vater Stephan war während zwölf Jahre internationaler Spitzenschiedsrichter im Handball mit WM- und EM-Teilnahmen. Seit 2010 ist Stephan Vitzthum als Delegierter für den Europäischen Handballverband unterwegs und inspiziert internationale Partien. Musste deshalb aus dem Sohn mit der Paradegrösse nicht ein Handballer anstatt ein Velofahrer werden? «Nein», sagt dieser, «das war nie ein Thema. Ich spielte zwar als Kind in einem Verein Handball. Aber ich gehörte nie zu den Grössten. Ich wuchs einfach länger.»Der Vater ist heutzutage immer als Zuschauer vor Ort, wenn für den Sohn wichtige Rennen auf dem Programm stehen. Ihm sollten bis 2024 gleich zwei Reisen nach Paris bevorstehen. 

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