Hildegard BickelShem Thomas nimmt sich Zeit. Ob beim Songwriting oder Fragenbeantworten. Das Interview zu seinem neuen Album ufert aus zu einem Gespräch über seinen Kraftort im Muotatal, einem Verbot an seine Freunde und über den Diepoldsauer Dialekt. Er habe eine «suchogamäntigi Fröd», sagt Thomas Kühnis, wie er bürgerlich heisst. Der Mundartbrocken spiegelt seine Wurzeln und die Vorfreude auf den 18. September. Dann erscheint seine neue Single «Do it». «Ich bin mega gespannt und richtig nervös, wie die Menschen darauf reagieren.» Bekannt wurde Shem Thomas 2014 durch seine Teilnahme an der Castingshow «The Voice of Switzerland». «Damals bin ich an der Oberfläche aufgetaucht.» Der Mann mit Gitarre und starker Stimme erreichte den zweiten Platz, der Song «Crossroads» eroberte die Spitze der Schweizer Hitparade und ist auch heute noch ein Anker in seinem Repertoire. «Die Leute kennen mich dank diesem Song.»Vom künstlerischen Schaffen lebenMit der neuen Single «Do it» hat er einen Song geschrieben, der zur Biografie seiner letzten Jahre passt. Shem Thomas entschied sich, nicht mehr als Primarlehrer zu unterrichten und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. «Es war der beste Entscheid, den ich bisher gefällt habe», sagt der 42-Jährige. Seit fünf Jahren widmet er sich voll und ganz der Musik. Er habe einen anderen Zugang zu Arbeit und Einkommen erhalten. Zuvor fühlten sich Beruf und musikalisches Schaffen wie zwei Welten an. Jetzt kann er sich seiner Passion widmen und von eigenen Kreationen leben. Er gibt zu, es sei ein Kampf, «aber ich kämpfe den Kampf gern». Die Schwierigkeit bestehe darin, geistig nie ganz Feierabend machen zu können. Deshalb ist die Natur so wichtig für ihn. Draussen tankt er auf. Leert den Kopf. Verbindet sich mit seiner Umwelt. Einer seiner liebsten Orte ist der Bödmerenwald im Muotatal, einer der letzten Urwälder der Schweiz. Die Innerschweiz ist mittlerweile mehr als ein Ausflugseldorado für Shem Thomas. Seit drei Jahren ist sein Lebensmittelpunkt in der Nähe von Schwyz. Zuvor war er Stadtmensch und wohnte in Zürich. Es tue ihm gut, auf dem Land, mit Ruhe und ohne Hektik, Songtexte zu schreiben. Er fühle sich dann in wie in einem Tunnel. Nach Zeiten des Rückzugs steht nun die nächste Phase des Musikerzyklus bevor. Sieben Titel sind bereit, Single by Single veröffentlicht zu werden. Jedem Song möchte er gebührende Aufmerksamkeit schenken. «Es ist, als würde ein Kind zur Welt kommen», sagt Shem Thomas. «Jeder Song hat einen eigenen Charakter.» Mit der Ankündigung neuer Musik steigt auch das Interesse an seiner Person, Veranstalter buchen Auftritte. In seiner Stimme schwingt Euphorie mit. «Es gibt einen krachenden Start!» Das Album «8» soll nächstes Jahr erscheinen. Mit Hilfe der Fans. Shem Thomas startete ein Crowdfunding, um die Produktionskosten zu decken. Ursprünglich wollte er das neue Album mit Konzerteinnahmen finanzieren und bereits dieses Jahr herausbringen. Doch die Coronakrise kam dazwischen. «Es traf mich wie alle in der Branche. Die Auftrittsgagen, die Haupteinnahmequelle, fallen komplett aus.» Die Entschädigung des Bundes half temporär über die Runden, längerfristig aber nicht. Gleichzeitig ist es noch zu früh für Livekonzerte. Freunden und Verwandten hat er ausdrücklich untersagt, ihn zu unterstützen. Vielmehr will er mit Crowdfunding die Beziehung zu seinen Fans pflegen. Über die Plattform wemakeit sammelt er nicht nur Geld, er bietet persönliche Gegenleistungen. Die Angebote sind vielfältig. Da wäre zum Beispiel ein Philosophiespaziergang mit dem Sänger zu haben. Reden über Gott und die Welt – bereits zweimal vergeben. Oder er spielt unplugged am Lagerfeuer – dreimal gebucht. Bis zum 7. August bleibt Zeit, das Ziel von mindestens 20 000 Franken zu erreichen. Die Fäden selber in der HandShem Thomas folgt seinem Wunsch, das Album aus eigener Kraft herauszubringen. Ohne Label im Rücken. Sein erstes Album «You’re (not) the only one» erschien 2015 bei Universal. Danach löste er sich vom Plattenlabel, da er mehr Einfluss auf die gesamte Erscheinung der Songs nehmen wollte. Der Musiker tüftelte im Homestudio und brachte sich selber das Produzieren bei. Es ist ein Prozess, der ihn zufriedenstellt und bereichert. «Ich habe ein Stadium erreicht, wo ich weiss, was zu tun ist.»Das neue Album sei zu 90 Prozent Shem Thomas. Der Rest setzt sich zusammen aus der Mitarbeit des befreundeten Produzenten Dave Hofmann, der die Songs mischt. Eine Bookingagentur und ein Promotionsagent sind ebenfalls Partner, die das Gelingen der musikalischen Arbeit begleiten. «Es ist ein abenteuerlicher Weg», sagt Shem Thomas. Wobei er das tut, wovon er singt. «Wir alle haben Träume, die wir gern verwirklichen würden», sagt er. Mut hilft ihm bei der Umsetzung. «Es wäre schön, Menschen mit dem Song zu inspirieren. Wenn du etwas unbedingt willst und es dir wünschst, ‹Do it›, tu es einfach.» HinweisTermine und Crowdfunding-Link: www.shemthomas.com