28.11.2018

Der «Chlaus» hat eine neue Adresse

Wer den Samichlaus für einen Hausbesuch wünscht, bestellte ihn während 30 Jahren bei Coiffeur Sieber. Nun kommt es zum Generationenwechsel. Sven Ender übernimmt von Peter Sieber das Amt des Chlaus-Chefs.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelAuch der Samichlaus wird vor Büroarbeit am Laptop nicht verschont. Bevor Sven Ender verkleidet mit weissem Bart und rotem Gewand Kinder besucht, klickt er zu Hause am Stubentisch auf eine Excel-Tabelle. Er plant Besuchszeiten und Routen für die Samichlaus- und Schmutzli-Paare. Dem 33-Jährigen gegenüber sitzt sein Vorgänger und Samichlaus seiner Kindheit, Peter Sieber. «Es war eine Riesenfreude für mich, als mir Sven letztes Jahr anerbot, beim Amt des Chlaus-Chefs zu helfen.» Aus dem Helfen wurde eine Übernahme. Zwar wirkt Peter Sieber mit seinen 64 Jahren alles andere als wie ein künftiger Senior und er will nach wie vor als Samichlaus unter die Leute. Doch er sagt in einer Mischung aus Ernst und Spass: «Ich habe ein Ablaufdatum.» Er begrüsst es, dass durch seinen Nachfolger neue Ideen in der Chlausgruppe Einzug halten.Nicht nur die Kinder sind nervösSven Ender macht seit 2002 bei der Chlausgruppe mit. Als 17-Jähriger schlüpfte er erstmals in das Schmutzlikostüm und begleitete seinen Vater, der den Samichlaus mimte. Nach einigen Jahren tauschten sie die Rollen und Sven Ender las bei den Hausbesuchen den Kindern aus dem allwissenden Buch vor. Dass er jetzt auch für eine reibungslose Organisation der Hausbesuche verantwortlich ist, macht ihn durchaus nervös. «Habe ich keine Familie vergessen? Hoffentlich sind die Teams zur richtigen Zeit am richtigen Ort.» Die Nervosität gehört dazu. Peter Sieber ging sie regelrecht an die Substanz. «Einmal nahm ich während der Samichlaus-Zeit zwei Kilo ab, dermassen nervös war ich.» Trotzdem führte er das Amt des Chlaus-Chefs immer gern aus. «Es ging mir um die Kinder und um einen Beitrag an die Gesellschaft», sagt er. Die Blicke der Mädchen und Buben, wie sie strahlen und den Samichlaus anhimmeln, bleiben ihm in bester Erinnerung. Aber auch weinende Kinder erlebte er, die sich hinter der Polstergruppe versteckten. Früher sei mit mehr Angst erzogen worden und der Schmutzli mit schwarz und rot umrandeten Augen erschien Furcht einflössender als heute. Peter Sieber sieht sich jedoch als Kinderfreund und wurde oft von Eltern bestellt, die selber schlechte Erfahrungen mit dem Samichlaus machten.Chlausbesuch zum Erlebnis machenMitten im Erzählen blickt er auf die Uhr und entschuldigt sich. Abends um diese Zeit müsse er im Töbeli seine 40 Hühner und Laufenten in den Stall bringen, «sonst werden sie vom Fuchs geholt.» Sven Ender nutzt die Pause und nimmt seine knapp einjährige Tochter auf die Arme. Als Vater und Primarlehrer ist es ihm wichtig, bei den Kindern einen guten Eindruck als Samichlaus zu hinterlassen. «Ich nenne zu Beginn immer positive Eigenschaften der Kinder, darauf folgen weniger erfreuliche und zum Schluss hören sie wieder etwas Nettes von mir.»Der Samichlaus soll nicht von den Eltern zum Schimpfen benutzt werden. Ebenso wenig möchte er mit dem Weihnachtsmann verwechselt werden, der Geschenke bringt. Es kam schon vor, dass Kinder Pakete erhielten, die nicht mal in den Sack des Schmutzlis passten. Hingegen freut es den neuen Chlaus-Chef, dass sich manche Familien zusammenschliessen und andere Formen des Chlausabends feiern. Mit einer Feuerschale im Garten und mehreren Kindern zusammen beispielsweise, so werde am Abend eine schöne Stimmung geschaffen bis sich der Samichlaus und der Schmutzli mit einem Glockenklingeln im Dunkeln ankünden.Weniger Hausbesuche, ungebrochene BeliebtheitIn den letzten Jahren ging die Zahl der Hausbesuchs-Anmeldungen leicht zurück. Dennoch ist Sven Ender überzeugt, dass es den Samichlaus nach wie vor braucht. Peter Sieber, der zurück vom Federvieh in die Stube kommt, beschreibt die Chlaus-Nachfrage mit einer Pendelbewegung. «Vor etwa 15 Jahren herrschte eine «Klausomanie». Er erhielt mehrere Interviewanfragen, um von seinen Erlebnissen zu erzählen und in den Einkaufszentren stand an jeder Ecke ein «Roter» mit Schmutzli. Dann gebe es auch Zeiten, in denen die Präsenz des Samichlaus nachlässt. «Bis er den Leuten fehlt und sie ihn wieder vermehr bestellen», sagt Peter Sieber. Andererseits können die Kinder dem Samichlaus an Weihnachtsmärkten begegnen oder in Vereinen wie dem Fussballclub oder in der Jugi. Der unerreichte Vorteil von Hausbesuchen bleibt jedoch, dass der Samichlaus auf die Persönlichkeit des Kindes eingehen kann und ein bleibendes Erlebnis hinterlässt.HinweisWer in Rebstein und den umliegenden Dörfern den Samichlaus zu Besuch wünscht, kann sich bis morgen Freitag hier melden: chlausgruppe-rebstein@gmx.ch.

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