28.05.2018

Der Bus der Zukunft fährt elektrisch

Für ein paar Tage hat die Bus Ostschweiz AG einen Elektrobus im Rheintal. Wir waren gestern auf einer kurzen Probefahrt mit diesem Vorführbus dabei. Grösster Unterschied zu einem Dieselbus: Er ist viel leiser.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Max TinnerZunächst ist der Elektrobus, der diese Woche im Depot der RTB Rheintal Bus in Altstätten stationiert ist, ein Bus wie jeder andere auch. Innen unterscheidet ihn kaum etwas von einem herkömmlichen Bus mit Dieselmotor. Fährt der Bus vom Typ Solaris Urbino 12 aber los, ist er deutlich leiser. Die Rollgeräusche der Reifen sind zwar dieselben. Die Geräuschkulisse ist dennoch komplett anders. Sie erinnert am ehesten an einen Trolleybus – sowohl draussen, wenn der Bus auf die Haltestelle zufährt, als auch drinnen für den Fahrgast. Das mache auch die Arbeit des Chauffeurs angenehmer, sagt Arno Obrist, Leiter Technik von Bus Ostschweiz. Und zu fahren sei der Bus «sensationell», meint er, «eine ganz feine Sache!»Ein grosser Vorteil: Die BeschleunigungKommt man am Stammtisch auf Elektroautos zu reden, fällt bald einmal das Stichwort Beschleunigung: «Mit einem Elektroauto hängst du an der Ampel jeden Sportwagen ab – wenigstens auf den ersten paar Metern», heisst es dann etwa. Die Beschleunigung ist auch ein Vorteil des elektrisch angetriebenen Busses. «Gerade weil ein Bus oft hält, ist es ein Vorteil, dann auch wieder zügig aus der Haltebucht herauszukommen», erklärt Roland Ochsner, der Direktor der Bus Ostschweiz AG, zu der die RTB gehört. Ein vernünftiger Buschauffeur wird sich freilich nicht zu einem Sprint gegen einen Porsche hinreissen lassen. Er könnte es auch nicht, denn weil eine zu starke Beschleunigung gefährlich wäre – besonders für die stehenden Fahrgäste –, dämpft der Bus die Beschleunigung selbsttätig.Auch die Höchstgeschwindigkeit ist bei diesem Testbus begrenzt, auf 70 km/h. Für manche Strecken der Bus Ostschweiz wäre dies freilich zu langsam. Schon zwischen Altstätten und Oberriet ist ein solcher Bus dem Verkehr im Weg. Ein Elektrobus würde aber wohl ohnehin kaum auf der Linie nach Buchs eingesetzt – wegen der beschränkten Reichweite pro Akkuladung. Diese wird vom Hersteller für dieses Modell mit etwa 240 Kilometern angegeben. Realistischer dürften im täglichen Betrieb mit eingeschalteter Klimaanlage im Sommer oder Heizung im Winter etwa 150 Kilometer sein, schätzt Hans Koller, Leiter Markt bei Bus Ostschweiz.Das reicht für die längeren Strecken im Rheintal definitiv nicht. Hier kann ein Bus an einem Tag gut und gern 350 Kilometer zurücklegen. Ein Elektrobus würde also eher auf den kürzeren Strecken wie zwischen Heerbrugg und Berneck zum Einsatz kommen. Für den möglichst wirtschaftlichen Betrieb eines solchen Busses sieht Hans Koller denn auch die Herausforderung in erster Linie in der Disposition: «Auf welchen Strecken setze ich den Bus ein, damit die Tageskapazität der Akkus möglichst ausgereizt wird», erklärt er. Ein Problem, für das wohl schon bald eine geeignete Softwarelösung zur Verfügung stehe.Akkus in nur drei Stunden geladenDas Nachladen der Lithium-Ionen-Batterien bis zur ersten Fahrt am frühen Morgen ist hingegen kein Problem. Mit dem stärkstmöglichen Ladestrom von 125 Ampere sind die sechs Akkublöcke (vier im Heck, zwei auf dem Dach) bereits nach drei Stunden wieder voll.Natürlich stellt sich die Frage nach der Herkunft des Stroms auch für den Busbetreiber. «Wenn wir Dieselbusse mit Elektrobussen ersetzen wollen, müssen letztere umweltfreundlicher sein», betont Roland Ochsner. Stammte der Strom aus ausländischen Braunkohlekraftwerken, ergäbe die Umstellung keinen Sinn. Zumindest teilweise könnte Bus Ostschweiz den Strom für Elektrobusse zwar selbst erzeugen. Auf einigen ihrer grösseren Dächer hat sie bereits Sonnenstromanlagen installiert, in Sargans etwa und in Wil. Auch das Dach des Depots in Altstätten würde sich dazu eignen. In welchem Umfang Bus Ostschweiz energieautark fahren könnte, wäre aber noch zu prüfen. Wie vieles andere auch. Dazu überlegt man sich bei Bus Ostschweiz, einzelne solche Busse zu beschaffen, um sie in einem erweiterten Testbetrieb auch auf den RTB-Rheintalbus-Strecken zu testen.Bei Lieferfristen von momentan rund einem Jahr wird es allerdings noch eine Weile dauern, bis nur schon der erste Elektrobus im Rheintal im regulären Linienbetrieb eingesetzt wird – und bei der noch eingeschränkten Reichweite eines Elektrobusses sowie der Lebensdauer eines Busses von zehn bis zwölf Jahren wohl mehrere Jahrzehnte, bis dann einmal die ganze Flotte elektrisch fährt.HinweisAm kommenden Samstag, 2. Juni, bietet Bus Ostschweiz Gelegenheit, in Altstätten gratis an kurzen Rundfahrten teilzunehmen. Details dazu in unserer Freitagausgabe.

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