Remo ZollingerWährend des letzten Songs vor der Zugabe verdrückte wohl so mancher Konzertbesucher ein Tränchen. Sinas Lied «Gsundheit» ist ein bittersüsses Stichlein ins Herz, ein Kloss im Hals, aber gleichzeitig auch eine Menge Nostalgie und Lebensfreude.Mit «Gsundheit – üf das was miär erläbt hei» besingt die Walliserin ein Treffen alter Freunde, die tief in der Nacht sicher nicht ins Bett gehen, sondern noch einen nehmen, weil sie so jung nie mehr zusammenfinden werden. Das viel zu wenig bekannte Lied umreisst Sinas Schaffen bestens: Sie erzählt Geschichten, die mitten aus dem Leben kommen. Geschichten, die jede und jeder einmal erlebt hat. Geschichten, in denen man sich wiederfindet. So etwa beim Lied «Easy Rider», in dem sie ein Töffmeitli vom Land beschreibt, das mit ihrem Puch täglich über die Landstrasse düst und beim Selecta-Automat am Bahnhof rumlungert. Da gibt’s vom Publikum nicht nur Applaus, sondern auch Lacher.Sina hat das Publikum rasch im SackOft wird Sina als Grande Dame des Schweizer Mundartrocks beschrieben. Dass dies nicht nur ein ihr vorauseilender Ruf ist, bewies sie am Freitag in Altstätten rasch. Einerseits, weil sie sich gemäss Konzertorganisator Peter Loher vom Verein Rhyboot stark dafür interessierte, wo sie denn hier auftrete. Andererseits aber auch, weil sie das Publikum rasch im Sack hatte. Das liegt auch daran, dass Oberwalliser und Rheintaler im Wesen ähnlich sind: Hart, aber herzlich, wenn man sie einmal «geknackt» hat.Sina fand den Draht sofort, überzeugte mit Charme und witzigen Geschichten, vorgetragen in Walliser Dialekt. Sie sagte, auch sie träume davon, dass ein Tier nach ihr benannt werde: «Ich wär gern ein Nacktmull. Das ist ein extrem grüüsiges Tier, lebt aber glücklich und fällt irgendwann einfach tot um.» Sie sprach so, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Und so behandelt sie auch ihre Band, der sie im Auftritt – einer von über 1000 in 25 Jahren auf der Bühne – viel Platz gibt. Sie spricht vom «Gitarremaa» und dem «Schnurrugiiger» und lässt diese mehrfach in Soli oder Duetten ihr Können zeigen.Rhyboot-Konzerte gibt’s seit 2005«Dass ich an Allerheiligen in einer Kirche auftrete, kann kein Zufall sein», sagte Sina auch. Ihr Auftritt im Rahmen der alljährlichen Konzertreihe im Jung Rhy war das in der Tat nicht. Peter Loher sagte, Rhyboot als Organisator frage jeweils Grössen aus der Schweizer Musikszene an. Das Konzept zieht auch bei der 13. Ausführung seit 2005 noch, das bewies das sehr gut gefüllte Konzertlokal.Dass es nicht ein einfaches Konzert war, wurde rasch klar. «Der Gedanke der Inklusion ist uns sehr wichtig. Viele Bewohner und Mitarbeiter des Rhyboot sind hier, man kommt in Kontakt mit ihnen, es gibt Begegnungen», sagte Peter Loher.So war in der ersten Reihe ein riesiger Sina-Fan mit Plastikmikrofon, der jedes Lied der Walliserin mitsang – und als Dank von ihr öfter einen Blick oder ein Lächeln bekam. Sina war ganz die oft beschriebene Grande Dame.