05.12.2021

Der Apotheker als Bühnenstar

Auf der Bühne wurde am Galaabend des Altstätter Diogenes-Theaters kaum gelacht, im Publikum dafür umso mehr.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Die Entdeckung des Abends: Peter Schnell, der einheimische Apotheker.Das Neue an einem solchen Anlass: Die Aftershow-Party, zu der angesichts der verschärften Coronamassnahmen allerdings nur in der Vorstellung getanzt werden konnte.Der Running Gag des Abends: Zwei in der ersten Reihe frei gebliebene Plätze.Am lustigsten sind oft Geschichten, die nicht zum Lachen sind, aber so pointiert erzählt werden, dass sie den Zuhörer regelrecht losprusten lassen. Zum Beispiel, weil ein intensiv beschriebenes Problem auch einem selbst schon an die Nieren ging. Die Slam-Poetin Lara Stoll beschrieb das vergebliche Warten auf eine bestellte Pizza und fruchtlose Einschlafversuche, Michael Elsener erzählte von einer peinlichen Begegnung mit seiner ehemaligen (mit ihm französisch sprechenden) Französischlehrerin, das Duo Luna Tic schlug sich klavierakrobatisch und kabarettistisch mit Liebesfragen herum, «Ohne Rolf» mit Annäherungsversuchen, und die Bühnenpoetin und Kabarettistin Patti Basler wirkt sowieso eher miesepetrig, mitgenommen von des Lebens Unbill. [caption_left: Batti Basler zeigte Ausschnitte aus ihrem Programm "Nachsitzen. Aus Gründen".]Die Allerallerliebste fehlte diesmalWer nun denkt, sich verlesen zu haben, hat in einer Hinsicht Recht: Der Witz der namentlich erwähnten Kleinkunststars genügt für eine ganze Woche. Trotzdem standen sie am gleichen Abend auf der Bühne, denn an einem Galaabend ist die zu erfüllende Erwartung hochgeschraubt. Das Diogenes-Theater hatte diesen Abend seinen liebsten Gästen, den treuen Mitgliedern, gewidmet und aus diesem Anlass seine liebsten Bühnenstars verpflichtet, wobei anzumerken ist: Die Allerallerliebste fehlte– Clownin Gardi Hutter, die der kulturellen Institution als Gotte treu ergeben ist und schon vor einer Woche die Eröffnung des Theaterstandorts zmittst im Städtli mitgestaltete.Patti Basler: «Hey, SVP, easy»Moderator Michael Elsener blödelte mit einem Paar herum, das in der zweiten Reihe sass. Die beiden meinten, von der ersten Reihe hätten sie sich ferngehalten, um «nicht dranzukommen». Aber in der ersten Reihe waren im sonst proppenvollen Saal zwei Plätze frei geblieben. Also habe er sich in der zweiten umgesehen, meinte Elsener. Er könne nichts dafür, «wenn dia» - er zeigte auf die beiden freien Plätze – nicht erscheinen würden. Während Elsener sich wunderte, dass niemand von den weiter hinten Sitzenden nach vorne kommen wollte, wurde Patti Basler aus der SVP nicht schlau. Wieso diese Partei die freitags durchgeführten Schülerstreiks nicht guthiess, sei ihr rätselhaft. «Hey, SVP, easy, je weniger d’Kids d’Schuelzimmer vo inne gsehnd, desto grösser isch euri Chance, dass sie spöter…» (was statistisch übrigens erwiesen sei). Nach ihrem Auftritt setzten sich Patti Basler und Pianist Philippe Kuhn – na, wohin? [caption_left: Michael Elsener blödelte vorzugsweise mit dem Publikum herum, was sehr gefiel.]Peter Schnell ergänzte ein Komikerduo perfektDas Komikerduo «Ohne Rolf» holte schnell Peter zu sich auf die Bühne, Apotheker Peter Schnell. Statt zu sprechen, blättern die mehrfach ausgezeichneten Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg in Plakaten, Peter Schnell blätterte mit. Diese neue, vom Duo erfundene Kunstform ist sehr unterhaltend und reich an Pointen.Weil ein Plakat fehlte, verkündete Jonas, bevor er kurz verschwand: «Christof verlegte das Plakat, nicht ich bin der Chaot». Sein Partner verschob klammheimlich das Komma: «Christof verlegte das Plakat nicht, ich bin der Chaot».Peter Schnell fügte sich mit seinen (natürlich ebenfalls schriftlichen) Wortmeldungen so perfekt ein, dass in der Pause das Rätseln begann: Hatte er schon im Voraus von seinem Einsatz gewusst und sogar schon geübt? Der Spass endete damit, dass das vermisste Plakat doch noch auftauchte – Peter Schnell blätterte es zur allgemeinen Belustigung nach vorn.Spontan zum Bühnenstar gewordenIm Laufe des Abends holte Michael Elsener den Diogenes-Vorstand auf die Bühne, um ihm lautstarken Applaus angedeihen zu lassen. Die Verantwortlichen bedankten sich ihrerseits mit einer Getränkerunde für das ganze Publikum, das nach dem dreistündigen Galaprogramm auch noch in den Genuss eines Konzerts der Band Zéphyr kam.Der Name passt: Zephyr ist in der griechischen Mythologie der Gott eines der Winde - und durchs neue Kleintheater weht ein frischer.Peter Schnell ist übrigens spontan zum Bühnenstar geworden. Er sei sehr erschrocken, als er auf die Bühne kommen sollte. Als der dritte Komiker im Duo sei er selbst völlig im Dunkeln getappt. Die von ihm jeweils auf ein Signal hin Richtung Publikum geblätterten Plakate habe er nicht lesen können, so dass er keine Ahnung hatte, worüber das Publikum lachte. Sollte es Peter Schnell später, zu Hause, misslungen sein, vor lauter nachklingender Aufregung Schlaf zu finden, hätte ihm das gleiche helfen können, was schon Lara Stoll als letzte Rettung diente: Das SP-Parteiprogramm. [caption_left: Lara Stoll hat doch noch herausgefunden, was bei der Schlafsuche hilft.] 

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