04.01.2022

Der Antennenstreit zieht sich hin

Das Baudepartement will, dass der Eichberger Gemeinderat nochmals über das abgelehnte Eichpark-Antennenprojekt befindet. Doch die Kontroverse dürfte damit noch nicht enden. Eine Chronologie.

Das Vorhaben der Swisscom, in Eichberg einen stabileren Handyempfang zu gewährleisten, könnte sich kaum mühseliger gestalten. Um den Stand der Dinge verständlich darzulegen, werden die wichtigsten Etappen des Antennenprojekts hier chronologisch aufgearbeitet. Wer die Geschichte präsent hat, kann gleich bei Nummer 10 einsteigen: Dort wird der Faden der letzten Berichterstattung in Sachen 5G-Antenne in Eichberg wieder aufgenommen.1. Das Baugesuch   Mitte Oktober 2018 erfolgt das Baugesuch der Swisscom für die Erstellung einer Mobilfunkantennenanlage auf dem Mehrfamilienhaus Eichpark 3. Bis Ende der Auflagefrist gehen über 40 Einsprachen gegen die erste Antenne im Dorf ein. Auf Veranlassung der Gemeinde prüft das Amt für Umwelt das Standortdatenblatt und kommt zum Schluss, Berechnungen und Werte seien korrekt, die Grenzwerte eingehalten. 2. Die Infoveranstaltung Die Swisscom führt Mitte Februar 2019 einen Infoabend durch. Vertreter des Mobilfunkanbieters erinnern an den Umstand, dass die Strahlenbelastung, die von Handys selbst ausgehe, viel höher sei, wenn keine Antenne in der Nähe stünde. Die Gegner berufen sich auf das «Fehlen vertrauenswürdiger Langzeitstudien in Sachen Strahlung» und empfehlen weniger exponierte Standorte. Gemeindepräsident Alex Arnold verweist auf den Umstand, das Swisscom Baugesuch sei rechtlich in Ordnung, und empfiehlt den Rückzug der Einsprachen, «weil es sonst nur koste.» Einige ziehen sie zurück, andere halten sie aufrecht. Anfang März kommt es zu einer weiteren Aussprache mit dem Gemeindepräsidenten. Die Prüfung des Antennenstandort beim Reservoir am Kapf wird vorgeschlagen.3. Die Bürgerversammlung Alt-Gemeinderatsschreiber Gregor Kaiser, der zum Sprecher der Gegner der Eichpark-Antenne, geworden ist, schlägt an der Bürgerversammlung im März 2019 vor, als Alternative den Standort am Kapf anzubieten. Im zweiten Antrag solle von einem Fachbüro geprüft werden, ob sich ein Netz aus Kleinfunkzellen aufbauen liesse, wozu mehrere Antennen mit geringerer Strahlung nötig wären. Beide Anträge werden angenommen. Kaiser berichtet, dass bei einer Umfrage, die 287 Haushaltungen erreichte, 100 Antworten eingegangen seien: 50 waren für den Bau einer Antenne, 43 dagegen. Sechs für den Standort Eichpark, 63 für das Reservoir Hoch-Kapf. 4. Die falsche Alternative Ein Jahr später, Ende März 2020, geht die Swisscom auf den Vorschlag der Antenne Hoch-Kapf ein, unterschreibt einen Mietvertrag und bereitet die Baueingabe vor.  Das Baugesuch Eichpark-Antenne wird sistiert, aber nicht zurückgezogen. Abklärungen der Gemeinde ergeben in der Folge, dass das alternativ vorgeschlagene Kleinfunkzellennetz nur der Entlastung einer grossen Antenne in städtischem Gebiet diene. Für die Telefonie brauche man also trotzdem eine Antenne. Ein Kleinfunkzellennetz sei deshalb keine Alternative für Eichberg.5. Der Einsprachenhagel Juni 2020: Gegen den neuen Mobilfunkantennenstandort am Kapf bahnt sich mit 616 Einsprechenden massiver Widerstand an. Dies, obwohl der Ort an der Bürgerversammlung als Alternative gegen den mitten im Wohngebiet gelegenen Eichpark-Standort beantragt worden war. 14 Einzel- und drei Sammeleinsprachen machen zu dieser Zeit rund die Hälfte der 1231 mündigen Einwohnerinnen und Einwohner aus. Hauptargumente der Einsprecherinnen und Einsprecher sind die gesundheitsschädliche Strahlung, die Wertminderung der Liegenschaften in der Nähe und der Landschaftsschutz. Besonders regten sich die Einsprechenden darüber auf, dass die Antenne auf dem Kapf um ein Mehrfaches stärker strahlen würde als diejenige, die im Eichpark geplant worden war. Wobei die Grenzwerte ebenfalls eingehalten würden. In einem Communiqué verkündeten die Antennengegner, dass man sich künftig gegen jede Antenne auf Gemeindegebiet wehre. Der Gemeinderat wurde aufgefordert, sämtliche Antennenbaugesuche abzulehnen und die wenigen Haushalte, die noch nicht ans schnelle Internet angebunden sind, möglichst bald mit Kabel- oder Glasfaser zu erschliessen.6. Die Interessengruppe Die Gegner organisieren sich nun auch in der «Interessengemeinschaft Eichberg stoppt 5G». 150 Personen formieren sich Ende Juni zu einer Protestaktion beim Spielplatz der Überbauung Eichpark, um zu unterstreichen, dass es auch dort keine Antenne geben soll.7. Die Petition Anfang Juli 2020 wird an einem Propaganda-Anlass gegen 5G eine Petition für ein antennenfreies Eichberg lanciert, die dem Gemeinderat einen Monat später mit 1107 Unterschriften überreicht wird. Die Petition verlangt auch, dass Alternativen zur Mobilfunkantenne geprüft werden. 8. Der Glasfaser-Kredit Anfang April 2021 haben die Stimmberechtigten zwei Kredite im Umfang von fast drei Millionen Franken gutgeheissen, damit in den Ausbau eines schnelles Glasfasernetz investiert werden kann, anstelle das Mobilfunknetz zu erweitern.9. Der Rückzug Einige Tage später informiert der Gemeinderat, dass die Swisscom, nachdem sie sich mit einigen Einsprecherinnen und Einsprechern in Bezug auf die Antenne Hoch-Kapf nicht einigen konnte, das Baugesuch zurückgezogen hat. Gleichzeitig stellt das nationale Telekommunikationsunternehmen aber den Antrag, das sistierte Baubewilligungsverfahren im Eichpark zu aktivieren, was schliesslich auch geschieht.10. Die Abfuhr des Rates Obwohl der Gemeinderat mehrmals zuvor betonte, dass es rechtlich keinen Grund gebe, die Eichpark-Antenne nicht zu bewilligen, macht er Ende April 2021 genau das und heisst die öffentlich-rechtlichen Einsprachen gut. «Wir nahmen diesen massiven Widerstand aus der Bevölkerung natürlich ernst und suchten nach einer Begründung für die Ablehnung des Baugesuches», sagt Gemeindepräsident Alex Arnold. Der Swisscom wurde mitgeteilt, das Bauvorhaben verstosse gegen das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip gemäss dem Bundesgesetz über den Umweltschutz. Da in der Gemeinde ausreichend Mobilfunkempfang vorhanden sei, könne auf den weiteren Ausbau des Mobilfunknetzes verzichtet werden.11. Der Rekurs Im Mai 2021 legt die Swisscom Rekurs beim kantonalen Bau- und Umweltdepartement gegen diesen Beschluss der Gemeinde als Vorinstanz ein. Sie verlangt eine Baubewilligung und dass die Kostenfolgen zu Lasten der Rekursgegnerinnen und -gegner gehen. 12. Der Antrag Von diesen anfänglich 14 Gegnerinnen und Gegnern bleiben im Laufe des Verfahrens mit Gregor Kaiser und Carmen Hofstetter als Vertreterin von «Eichberg stoppt 5G» nur gerade diese beiden übrig – mit dem Antrag, der Rekurs der Swisscom sei abzuweisen. 13. Der Entscheid Anfang November 2021 auferlegt das Bau- und Umweltdepartement in seinem Entscheid diesen beiden Rekursgegnern denn auch die Kosten von 3000 Franken. Der Rekurs der Swisscom wird gutgeheissen und damit der Entscheid des Gemeinderates aufgehoben: Wenn gesetzliche Vorschriften – besonders Strahlengrenzwerte – eingehalten würden, könne die Baubewilligung für eine Mobilfunkanlage nicht mit der Verletzung des Vorsorgeprinzipes begründet werden. Deshalb müsse die Gemeinde das Baugesuch nochmals vollständig prüfen und erneut entscheiden.15. Die Beschwerde Gegen diesen Entscheid des Bau- und Umweltdepartement legte Gregor Kaiser bereits wieder Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Er hat aber noch Zeit, diese zurück zu ziehen: «Ich muss 3500 Franken Vorleistung bringen. Sollte ich mit meinen Begründungen nicht durchkommen, würden auch die 1500 Franken fällig, die mir das Baudepartement auferlegte. Das wäre allein schon an Verfahrenskosten ein rechter Happen.» Er kläre derzeit ab, wie seine Chancen stünden.16. Die Zukunft Zieht der ehemalige Gemeindeschreiber weiter, dürfte er vor allem Zeit gewinnen, da sich das Verwaltungsgericht in den ganzen Fall einarbeiten muss und die Beteiligten zu Stellungnahmen auffordern wird. Ein Entscheid vor Ende des Sommers 2022 ist kaum zu erwarten. Zieht Gregor Kaiser die Einsprache aber zurück, liegt der Ball wieder beim Gemeinderat, der erneut über das Baugesuch entscheiden muss und dabei detailliert die Punkte der Einsprecher widerlegen muss – so wie es das Bau- und Umweltdepartement in seinem Entscheid verlangte. (rew)

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