Etwas schräg tönen darf es an der Fasnacht – einigermassen spielbar sollten die Instrumente der Guggenmusiken allerdings schon sein. Wie ihre Besitzerinnen und Besitzer sind sie grossen Belastungen ausgesetzt. Sie werden tage- respektive nächtelang durch die Gassen und Beizen geschleppt, es geht von Auftritt zu Auftritt. So kommt es oft vor, dass bei einem Blasinstrument eine Wasserklappe kaputt ist, ein Ventil verloren geht, ein Zug harzt oder eine Beule Probleme verursacht.
Dumm ist natürlich, wenn das inmitten der intensiven Zeit passiert – für die man monatelang geübt und sich vorbereitet hat. Umso wichtiger ist dann, dass das Instrument schnell wieder einsatzbereit ist.
Während der Fasnachtstage in der Werkstatt präsent
Hier kommt der «Guuge-Doktor» zum Einsatz. «Ich bin an diesem Fasnachtswochenende in der Werkstatt», sagt Andy Walt vom Musikhaus Walt beim Gaiserbahnhof. Er bietet dort eine Art Notfalldienst für Instrumente an. Viele Fasnächtlerinnen und Fasnächtler kennen ihn, er hat Kunden aus Guggenmusiken in der ganzen Region und darüber hinaus, etwa im Appenzellischen, dem Liechtenstein und Vorarlberg. Oft entstünden die Bekanntschaften im Zusammenhang mit Musikvereinen, mit denen er zusammenarbeite. «Ich denke schon, dass am Fasnachtswochenende die eine oder andere Whatsapp-Nachricht eintreffen wird», sagt der gelernte Instrumentenbauer lachend. Oft seien die Kunden überrascht, was sich alles richten und flicken lasse. «Entscheidend ist, dass das Instrument eine gewisse Qualität hat», sagt Walt. Billigprodukte seien oft nicht reparierbar oder es lohne sich schlicht nicht.
«Das Niveau der Guggen im Rheintal ist heute hoch»
Den Aktiven in den Guggen, die ihr Können in einem Musikverein lernten, bescheinigt Andy Walt ein gutes Qualitätsempfinden. Sie können den Wert eines Instruments beurteilen und schätzen hohe Qualität. «Überhaupt ist das Niveau der Guggenmusiken im Rheintal heute hoch», sagt der 45-Jährige. In den letzten Jahren hätten sie sich untereinander gepuscht. Deshalb gehen die meisten Musikantinnen und Musikanten gut vorbereitet an die Fasnacht. Sie sind teilweise sogar mit Ersatzteilen ausgerüstet.
Was Walt meint: Die Vorbereitung ist wichtig. Er führt im Frühling jeweils eine Aktion für Schlagzeugsticks seiner Eigenmarke durch. «Musikantinnen und Musikanten von Guggen nutzen diese rege, obwohl sie dann Saisonende haben und jeweils noch lange pausieren.»
Zwischen zwei Auftritten am Instrument flicken
Offiziell geöffnet ist das Musikhaus am Wochenende nicht. Aber auch die Auswärtigen, die Probleme mit ihren Blasinstrumenten haben, werden zu ihm finden. «Das war schön früher so. Oft haben sie sich gleich mit einem Occasions- oder gar einem neuen Instrument ausgerüstet», sagt Andy Walt. Als er noch selber bei den Bazzaschüttlern gespielt habe, sei er manchmal zwischen zwei Auftritten schnell in die Werkstatt gegangen, um ein Ventil einzuschleifen oder einen Posaunenzug zu richten. Heute sei er jeweils froh, könne er am Abend die Werkstatt abschliessen und dem Lärm den Rücken kehren.
Im Musikhaus fast im Epizentrum der Altstätter Fasnacht aufgewachsen, lebt Walt heute mit der Ehefrau und seinen zwei Kindern in Eichberg. Er hat nach wie vor keine Freude, wollen ihn Guggenspielende morgens um drei Uhr aus dem Bett scheuchen, weil sie bierselig spontan auf die Idee kommen, ihr arg zugerichtetes Blechstück gerade jetzt richten zu lassen. «Guuge-Doktoren» stehen aber spätnachts nicht im Einsatz.