28.11.2020

Den Zeitpunkt zu gehen erkannt

Pfarrer Christian Wermbter hat Rheineck verlassen. Am Mittwoch verabschiedete er sich an einer Soirée.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
«Schaut ihn euch noch einmal gut an», sagte Barbara Ill-Schenkel und zeigte zu Christian Wermbter hinüber. Der Pfarrer stand unter dem Vordach des Kirchgemeindehauses. Neben ihm ein Koffer und eine Laterne. Sie leuchtet ihm den Weg aus Rheineck hinaus.Christian Wermbter ist bereit, den Platz seines Schaffens der vergangenen viereinhalb Jahre zu räumen. Er erkannte den Zeitpunkt zu gehen und ergriff die Chance, er zieht weiter ins Knonauer Amt im Kanton Zürich. Dort schlossen sich kürzlich neun Kirchgemeinden zu einer zusammen. «Was hier nicht möglich war, wird dort Realität», sagte er. «Das ist eine schöne Sache für mich.»Der Velofahrer und der MusikantEin letztes Mal scharte Wermb­ter jene Menschen um sich, mit denen er das Leben im Städtli, in der Kirchgemeinde, in der Ökumene, im Musikverein und auf dem Velo gestaltet hatte. Diese Leute füllten den Platz vor dem Kirchgemeindehaus zur Abschiedssoirée. Sie lauschten mal ruhigen, mal traurigen, mal fetzigen Melodien, vorgetragen von einem Ensemble des Musikvereins und zwei Kirchenmusikern. Ebenso hörten sie Worte guter Wünsche und des Dankes mit zarten Zwischentönen.Christian Wermbter war oft mit dem Velo im Städtli unterwegs. «Danke für deine Spuren und dass du unsere Radwege im Denken und Handeln erweitert hast», sagte Barbara Ill-Schenkel, Kuratorin der Kirchgemeinde. Anhand von Radspeichen zeigte sie bildhaft das Wirken des Pfarrers auf. Er habe sich für die Kultur eingesetzt und Musik als Kraftquelle in den Gottesdienst gebracht. Der Pfarrer sei den Menschen zugewandt, habe einen Blick für das Positive und das Mögliche. Er könne schwierige Sachverhalte in Worte fassen und verstehe es, die Stimmung mit Humor aufzulockern oder Heiterkeit in schwierige Situationen zu bringen. «Deine Weltoffenheit hat uns inspiriert und manchmal auch Angst bereitet.» Die Speichen, die verbogen waren und das Rad nicht mehr rundlaufen liessen, benannte die Kuratorin nicht.«Jedes Musikstück hat einen Auf- und einen Schlusstakt», sagte Manuela Schäfer. Die Dekanin des Kirchenkreises Rheintal war gekommen, um den Schlusstakt für Christian Wermbter zu setzen. Nur wenn es einen Abschied gebe, könne ein neuer Anfang folgen. «Dein Wirken wird Nachhall haben.» Neben harmonischen Klängen seien in himmlischen Sphären Kakofonien gut aufgehoben. «Erst mehrstimmig ist Musik wirklich ein Genuss», sagte die Pfarrerin und würdigte damit die Vielseitigkeit von Wermbters Engagement.Dann erklang «Time To Say Goodbye». Christian Wermbter und seine Frau Claudia winkten der Kirchgemeinde mit einem weissen Taschentuch zu und gingen fort. Zurück blieben jene, die ihnen Adieu gesagt hatten.Pfarrehepaar Hopisch wird PfarrverweserChristian Wermbter hatte als Pfarrer gekündigt, nachdem der Kirchenrat die Kirchenvorsteherschaft am 2. April abgesetzt hatte. Grund war, dass das Gremium nicht mehr vollzählig war. Das ist es bis heute nicht. Und nun ist auch die Pfarrstelle vakant. Die seelsorgliche Betreuung der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Rheineck übernehmen derweil Sven Hopisch und Eva Nörpel-Hopisch als Pfarrverweser. Zusätzlich zu ihrer Aufgabe in St. Margrethen.Barbara Ill ist zuversichtlich, dass die Behörde samt Präsidium im Frühling wieder vollzählig ist. Ist die Etappe erreicht, wird eine Pfarrwahlkommission gegründet.

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