Balgach/Rebstein 10.11.2022

Den Sängern fehlte das Publikum, deswegen musste die Unterhaltung abgesagt werden

Da sich nur gerade 18 Interessierte anmeldeten, musste der Männerchor Balgach seine Abendunterhaltung absagen. An der letzten Unterhaltung vor der Pandemie hatten sich noch über 130 Interessierte angemeldet und rund 50 Personen sind direkt an das Konzert gekommen.

Der Männerchor Balgach musste seine Unterhaltung absagen: Nur gerade 18 Interessierte meldeten sich an, zuletzt waren es über 130.

300 Zuhörende haben Platz in der Mehrzweckhalle. Dort hätte kürzlich die Abendunterhaltung des Männerchors Balgach stattfinden sollen. Sollen deshalb, weil sie abgesagt wurde. Gerade einmal 18 Interessierte hatten sich eine Woche zuvor angemeldet. «Darunter waren nur fünf Leute aus dem Dorf, die nicht aus unseren Reihen stammten», sagt Livio Crameri, Präsident des Chors. Selbst wenn sich noch einige Zuschauende spontan entschlossen hätten, zur Abendunterhaltung zu kommen, wäre das ein peinlicher Auftritt geworden, wenn sich dreissig, vierzig Leute im grossen Saal verloren hätten, sagt Crameri.

Mit unseren 16 Sängern und den Liedern, die wir zusammen mit dem Männerchor Rebstein gesungen hätten, wären wohl mehr Sänger und Helfende als Gäste anwesend gewesen. Auch Essen für die Gäste zu bestellen, sei so praktisch unmöglich, weil vielleicht am Schluss doch noch spontan mehr Personen erschienen wären, als sich angemeldet hatten.

Letztmals noch etwa 180 Zuhörende

«Ich war mit den Nerven ziemlich am Ende», sagt der Präsident. Denn für die letzten Abendunterhaltungen vor der Pandemie gab es über 130 Anmeldungen und rund 50 Personen kamen spontan zum Auftritt des Männerchors. Diesen extremen Einbruch, eine Reduktion um fast 90 Prozent der Anmeldungen, kann sich Livio Crameri nur bedingt erklären, zumal man werbetechnisch mit Flyern, Internet und Zeitung die selben Kanäle bespielte wie schon vor der Pandemie:

Ich kann es drehen und wenden wie ich will. Es ist wohl so, dass einfach das Interesse fehlt

Der Männerchor Balgach übt seit dem Frühling für seine Abendunterhaltung. Ganz vergebens war das nicht, acht Lieder werden noch zusammen mit dem Männerchor Rebstein aufgeführt – an dessen Unterhaltung am Samstag, 19. November, im evangelisch-reformierten Kirchgemeindehaus.

Rebstein ist schon beinahe ausverkauft

Mit derzeit 70 Anmeldungen ist der Abend schon beinahe ausverkauft. «Das ist aus unserer Sicht ein Erfolg», sagt Urs Graber, Präsident des Männerchors Rebstein. Es zeige, dass ihr neues Konzept greife. Die Anmeldung zur Abendunterhaltung beinhaltet ein Vier-Gang-Galadinner in gediegenem Ambiente. Die Liedvorträge und Sketche werden während den Gängen zum Besten gegeben. Auf dieses neue Konzept stellte der Rebsteiner Männerchor um, weil er vor der Pandemie mit einer vom Ablauf her aufwendigen Unterhaltung, ausgelegt auf drei- bis vierhundert Zuhörende, Schiffbruch erlitt. Erschienen sind im Progyzentrum damals knapp 30 Leute. «Wir haben da 7500 Franken draufgelegt», sagt Präsident Graber.

Deswegen habe man nun auf ein Konzept umgestellt, bei dem kein externes Personal benötigt wird. «Wie das ankommt, sehen wir dann. Aber so oder so werden wir wohl kaum mehr jährlich eine Unterhaltung durchführen», sagt Urs Graber. Der Verein finanziere sich über Arbeitseinsätze an Anlässen und könne auch ohne Unterhaltung existieren. Ein Teil des Liedguts wird dann an einigen wenigen Auftritten pro Jahr, etwa in Kirchen und Altersheimen, zum Besten gegeben. Mit rund 20 aktiven Sängern ist der Chor nicht schlecht aufgestellt. «Wir wünschen uns aber schon, dass jüngere Sänger nachrücken», sagt Graber. Der jüngste Sänger ist 47 Jahre alt, der Schnitt liegt um die 60 Jahre.

Obwohl bei uns die meisten noch erwerbstätig sind, ist wichtig, dass wieder Jüngere aufgenommen werden können

Urs Graber weiter: «Im Mittelpunkt steht bei uns die Freude am Singen.» Daneben sei die Freundschaft und das gemeinsame Zusammensein ein wichtiger Teil ihres Hobbys.

Singen wird nach wie vor geschätzt

Wohl auch deshalb kämen neue Leute meist zusammen mit Kollegen. Und weil der kollegiale Zusammenhalt ein wichtiger Aspekt ist, bringt es Grabers Meinung nach nicht viel, Vereine zu fusionieren. «Erfahrungsgemäss hört dann jeweils ein Teil des Chors auf, und man ist wieder fast gleichweit.» Befruchtend finde er aber die Zusammenarbeit mit anderen Chören. Für den Balgacher Präsidenten Livio Crameri ist eine allfällige Fusion nur eine Frage der Zeit, wolle man weitermachen. «Einige ältere Mitglieder sträuben sich zwar dagegen, aber bei einem Altersdurchschnitt von 69 Jahren wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben», sagt er.

Singen wird, wie die Mitgliederzahlen zeigen, also nach wie vor geschätzt – nur eben scheint es aufgrund des fehlenden Publikums immer mehr zu einem Selbstzweck zu verkommen. Deswegen sei hier ein altes Sprichwort in Erinnerung gerufen: «Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, böse Menschen kennen keine Lieder.»


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