21.02.2020

«Den Mutigen gehört die Welt»

Der in Altstätten aufgewachsene Andrei Viorel Tacu hat im neuen «Tatort» eine Episodenhauptrolle.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Andrei Viorel Tacu, 31-jähriger Rumäne, der gern Schweizer werden möchte, hat seinen Wohnsitz noch immer in Lüchingen. Hier ist seine Mutter zu Hause, im «Rebstock», hier hat er ein Zimmer. Allerdings ist Andrei Tacu meistens unterwegs, in Städten wie Berlin, Wien, München, Hamburg oder Zürich.Nach Altstätten kam Tacu mit sechs, in die Asylunterkunft. Erst sehr viel später, als Angestellter im Avec beim Bahnhof (heute Migrolino), wurde er sich bewusst, dass er sich mit seiner Mutter in einer ähnlichen Situation befunden hatte wie die beim Bahnhof zahlreich anzutreffenden Flüchtlinge. Mit 16 fing Tacu beim Avec an, drei Jahre war er dort, zusätzlich stand er ab und zu im «Freihof» hinter der Bar.Früher als Schwuchtelbeschimpft und bedrohtDer Schauspieler, der sich von seiner «Tatort»-Rolle den Durchbruch erhofft, sagt: «Ich wollte immer ein vorbildlicher Ausländer sein.» Andererseits brachte er sein Anderssein auch äusserlich zum Ausdruck. Drei Jahre lang bemalte er die Nägel schwarz und schminkte sich die Augen, und die Hosen waren «richtig eng». Er wurde als Schwuchtel beschimpft, auch bedroht – und einmal, in Rheineck – verprügelt.Andrei Viorel Tacu ging im Schöntal zur Schule. Seine Lehrerin Doris Popp erinnert sich «mit einem Schmunzeln» an ihn und sagt, sein Schauspieltalent habe sich früh offenbart. Es sei schön, dass Andrei die-sen Weg habe einschlagen können.Einer von 1500 Bewerbernfür einen von elf PlätzenNach seiner Zeit im Asylzentrum lebte er an der Kesselbachstrasse, von hier zügelten sei-ne Mutter und er an den Rand des Städtlis, ins Kratz-Quartier. Er kommentiert das lachend, spricht von einem Aufstieg.Der Sekschulzeit im Feld folgte die Gymnasialzeit in der Marienburg, wo er vor gut zehn Jahren die Matura machte.Nachdem er ein Studium in Politologie und Psychologie in Zürich abgebrochen und sich stattdessen der Betriebswirtschaftslehre und Philosophie zugewandt hatte, besuchte Andrei Tacu das Max Reinhardt Seminar in Wien. Als einer von 1500 Bewerbern bekam er einen der elf Schauspiel-Studienplätze. Vier Jahre später war er einer von drei Absolventen, die einen Job hatten.Als Mitglied des Ensembles am Schauspielhaus Düsseldorf wirkte der Altstätter von 2016 bis 2019 in mehreren Produktionen mit, ehe er kündigte, um sich als freischaffender Schauspieler zu bewähren. Das war mutig, doch «den Mutigen gehört die Welt», sagt Andrei Tacu. Nur zwei Tage später habe er eine telefonische Einladung für ein Casting erhalten. «Dass es so gut klappt, hätte ich nicht erwartet», sagt der Rheintaler, der auch im Filmgeschäft kleinere Auftritte hatte – in den Fernsehserien «Capelli Code», im «Bestatter», in der Serie «Soko Donau/Soko Wien» und im Kinospielfilm «Jagdzeit» aus dem Jahr 2018. Als Filmschauspieler sieht er sich in erster Linie.Andrei Tacu hatte das Glück, dass der Regisseur der «Tatort»-Folge «Ich habe im Traum geweinet» für die Episodenhauptrollen neue Gesichter suchte, statt auf bekannte Schauspieler zu setzen. Dass es sich beim Arzt David Hans, den der Altstätter spielt, um eine grössere Rolle handelt, macht schon die Zahl von zwölf Drehtagen deutlich. Mit Düsseldorf hat er noch immer zu tun, er spielt dort jetzt als Gast am Theater. Zudem hofft er auf eine Rolle am Zürcher Schauspielhaus, und beim Theater St. Gallen, sagt er, werde er sich sicher melden. Denn es reizt ihn, auch einmal in jener Gegend aufzutreten, die nicht weit von seinem Wohnort liegt.In zwei Clubs gespielt undTschätteri besuchtIn Altstätten war Andrei Viorel Tacu Mitglied im Tennisclub und im Volleyballclub. Vor allem im Tennis, sagt er, sei er wirklich talentiert gewesen. Überhaupt mag er Sport. Auch Badminton, Beachvolleyball, Fussball und Bühnenfechten liegen ihm. Er spielt gut Mundharmonika und verfügt über Grundkenntnisse am Klavier und an der akustischen Gitarre.2015 oder 2016 war Andrei Tacu letztmals am Altstätter Tschätteriumzug. An ihn hat er schöne Erinnerungen. Mit einem guten Freund aus Hinterforst, der Polizist geworden ist, war Tacu einst als Taucher an der Fasnacht unterwegs. Im Laufe des Abends verlor man sich aus den Augen, doch am Ende jener Nacht kam man zufällig wieder zusammen. Der Freund sah etwas mitgenommen aus, gemeinsam baute man sich aber wieder etwas auf. Zum Glück war die Sauerstoffflasche der Taucher mit Wodka gefüllt. Als Arzt unter MordverdachtDie «Tatort»-Folge, in der Andrei Viorel Tacu den unter Mordverdacht stehenden Arzt David Hans spielt, bezeichnet er als schwere Kost. Er rät: «Nicht mit den Kindern schauen.» (SRF schreibt allerdings: ab 12 Jahren.)Nach dem Tschätteriumzug sowie dem grossen Altstätter Fasnachtsumzug am Sonntag gibt’s beim «Tatort» Fasnet im Schwarzwald – «Ausnahmezustand, auch für Kommissare», wie die ARD und Fernsehen SRF in ihrer Ankündigung schreiben. Es geht in dieser Folge ums Lieben und Geliebtwerden, ums Maskieren und Demaskieren, um Bedrohung und Rausch. Zur Geschichte: Philipp Kiehl, der seine Frau Elena zu einer Schönheits-OP in den Schwarzwald begleitete, liegt erschlagen in seinem Hotelzimmer. Den Abend hatte er – das wird bald klar – mit Romy Schindler verbracht. Sie ist Krankenschwester in der Schönheitsklinik, hat einen kleinen Sohn und lebt mit David Hans (Andrei Viorel Tacu) zusammen. Früher arbeitete sie im Escort, Kiehl war einer ihrer Kunden. Sie selbst wie der Arzt David Hans werden des Mordes verdächtigt, und der Druck auf die beiden und ihre Beziehung wird immer grösser. Über Darja Mahotkin, die Romy Schindler spielt, und den Altstätter Andrei Tacu urteilen die ausstrahlenden TV-Sender kurz und bündig: Die beiden «behaupten sich eindrucksvoll». (gb)HinweisSonntag, 23. Februar, SRF 1, 20.05 Uhr: «Tatort – Ich habe im Traum geweinet»  

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