27.04.2018

Den Kriegsopfern Gesichter geben

Angst, Wut, Verzweiflung, Hoffnung, Demut, Machtlust, Mitleid, Wahnsinn, List, Rachedurst und Trauer. All diesen Gefühlen gibt die Kanti-Theatergruppe in «Die Troerinnen» Gestalt. Am Freitag war Premiere.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Monika von der LindenVor mehr als 3100 Jahren in Troja. Die List, mit einem hölzernen Pferd tapfere Krieger in die Stadt zu schleusen, war geglückt. Nach zehn Wochen der Belagerung war Troja befreit. Der Krieg war vorüber, nicht das Leid der Frauen, die zurückblieben. Ihre Männer waren tot, sie die letzten Opfer des Krieges. Sklavinnen griechischer Männer. Den Kampf der gedemütigten «Troerinnen» von Euripides stellte die Theatergruppe der Kantonsschule an der Premiere am Freitagabend zur Schau. Ungewöhnlich gross ist die Bühne in der Aula. Ein Steg ragt weit in den Zuschauerraum hinein. Das Publikum ist ganz nah am Geschehen. Im Hintergrund des Bühnenbildes sind die Überbleibsel der Heldentaten der Griechen zu sehen. Zerstörte Türme symbolisieren den Untergang Trojas. Auf der Bühne liegen reglos die Troerinnen. Sie sind nicht tot. Sie sind geschlagen, schämen sich. Ein Schrei, die Zuschauer erschrecken. Ein Stock wird auf den Boden gestossen. Drei Soldaten stürzen auf die Bühne, demonstrieren ihre Macht. Sie schreien ihre Befehle, bedeuten den Frauen, dass sie aufstehen sollen. Angst gibt ihnen die nötige Kraft, dem Kommando zu gehorchen. Sie wissen, ihr Wille zählt nicht mehr. Sie sind Sklavinnen, es gibt kein Entrinnen. Allein sind sie nicht. Da ist Hekabe, die Königin von Troja und Witwe von König Priamos. Sie hat eine Tochter verloren und erfährt, dass ihre andere Tochter, Kassandra, vergewaltigt wurde. Leid emotional, aber nicht weinerlich dargestelltDer Einstieg in das antike Werk lässt erahnen, das Publikum muss aushalten, viel Leid anschauen zu müssen. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Facetten an Emotionen bringen die Schauspielerinnen und Schauspieler zum Vorschein. Wer genau hinschaut, sieht ein nuancenreiches Mimenspiel und staunt ob der Kraft der Sprache jedes einzelnen Gesichts. Mit wechselnder Körperhaltung und Tanz zeigen die gedemütigten Frauen, wie sie zwischen Scham und Wut, Trauer und Hoffnung hin und her gerissen werden. Ein ungewohntes Schauspiel. Manch ein Zuschauer nannte es wunderbar und überraschend.Am Freitag spielten: Vanessa Ferraro (Hekabe), Lena Supe (Kassandra), Ronja Zellweger (Andromache), Naomi Gertsch (Helena), Eilias Schmid (Menelaos), Michael Würmli (Talthybios), Jason Walsh, Luan Conzett, Noah Weber (Soldaten), Silvana und Nicolo Tedesco (Kinder) und es sang der Chor. Regie führten Simone Bischof, Nando Büchel und Milena Todic.«Die Troerinnen» wird heute Samstag, 28. April, am Freitag, 4. Mai, und Samstag, 5. Mai, jeweils um 19.30 Uhr aufgeführt. Mehr Premierenbilder gibt es auf rheintaler.ch/Bilderstrecken.

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