23.09.2020

Den Diamanten auf der Alp Kienberg polieren

Im zweiten Anlauf schafft die Käsereisanierung die Finanzierungshürde: Die Ortsbürger geben den Kredit frei.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
An einer ausserordentlichen Bürgerversammlung im Pfarreisaal stimmten die Oberrieter Ortsbürger am Mittwoch der Sanierung der Alpkäserei auf dem Kienberg bei lediglich einer Gegenstimme zu. Teilgenommen haben an der Versammlung mit 60 Ortsbürgern sogar mehr als an der ordentlichen Ortsbürgerversammlung im März.An jener Versammlung hatten die Ortsbürger die damals für die Sanierung vorgesehenen 150'000 Franken aus dem Budget gestrichen, weil ihnen die Erläuterungen des Ortsgemeindepräsidenten Michael Kolb zur Käsereisanierung nicht genügten. Sie verlangten ein Gutachten als Entscheidungsgrundlage, das nun vorgelegt worden ist. Darin geht man neu von Kosten in Höhe von 162'000 Franken aus, wobei 32'000 Franken Beiträge von Bund und Kanton zu erwarten sind.Eine kritische Stimme gab es allerdings auch gestern noch: Bruno Weder verurteilte den defizitären Betrieb der Alpkäserei scharf. Tatsächlich geht auch das von der Fachstelle Alpwirtschaft des Landwirtschaftlichen Zentrums erarbeitete Gutachten von einem weiterhin jährlich zu erwartenden Defizit von 6200 Franken aus, wobei darin noch keine Abschreibungen oder Rücklagen berücksichtigt sind, andererseits aber auch Kosten von 2000 Franken für den Alptag mit Segnung der Alp, ein Posten, der rein wirtschaftlich betrachtet nicht sein müsste.«Die Alp zu erhalten sollte uns auch ein Defizit wert sein»Der Alptag dürfte aber weiterhin durchgeführt werden. Michael Kolb erinnerte daran, dass die Alp – sie ist die einzige Kuh­alp im Wahlkreis Rheintal – auch als erhaltenswertes Kulturgut anzusehen sei und der Kostendeckungsbeitrag in diesem Sinne als Beitrag der Ortsgemeinde an die Allgemeinheit zu betrachten sei. Solche Leistungen verlange der Kanton im übrigen von den Ortsgemeinden. «Die Ortsgemeinde ist keine AG, die Gewinne zugunsten von Aktionären erwirtschaften muss», meinte Kolb. Dies wurde auch von Ortsverwaltungsrat René Baumgartner unterstützt: «Die Alp zu erhalten sollte uns etwas wert sein.»Wirtschaftlicher würde die Alp Kienberg – oder «Käbig», wie die Oberrieter sagen –, müsste die Alpung nicht mehr wie bis anhin mitten im Sommer unterbrochen, das Vieh zu Tal und vier, fünf Wochen später, wenn Gras nachgewachsen ist, erneut auf die Alp gefahren werden. Das wäre mit einer Vergrösserung der Alpfläche zu erreichen. Dazu schlägt der Gutachter des Landwirtschaftlichen Zentrums vor, den Oberrieter Kienberg mit den benachbarten Alpen auf dem Kienberg (Holzrhode Kienberg und Montlinger Kienberg) oder idealerweise gleich mit sämtlichen Alpen aller Körperschaften im Oberrieter Berggebiet gemeinsam zu bewirtschaften. Abwegig ist der Vorschlag nicht: Immerhin sind die Ortsgemeinden eine solche Zusammenarbeit bei der Waldbewirtschaftung bereits eingegangen. Ein überlegenswerter Ansatz, wie auch Alt-Ortsgemeindepräsident Elmar Lüchinger findet.Der neue Käser will die Produktepalette ausbauenAnwesend war gestern auch Martin Lutz. Den Dornbirner hat der Ortsverwaltungsrat als Nachfolger für den langjährigen Senn Gebi Hutter gewinnen können, nachdem Hutter der Ortsgemeinde altershalber gekündigt hatte. Lutz möchte die Wertschöpfung der Alp erhöhen und nebst Halbhartkäse und Butter künftig auch Weichkäse und Joghurt produzieren. Zusammen mit seiner Frau möchte er auf der Alp auch Wanderer bewirten und ihnen Produkte aus der Käserei verkaufen. Lutz ist überzeugt: «Die Alp der Ortsgemeinde Oberriet ist ein Diamant –aber ohne sanierte Käserei eben nur ein ungeschliffener.»

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