17.12.2019

Den Blickwinkel verändern

In ihrem Buch zeigen Roland Gerth und Stefan Sonderegger das Verbindende beider Appenzell.

Von Alessia Pagani
aktualisiert am 03.11.2022
Es gibt viele Meinungen über die Appenzeller. So gelten die Innerrhoder als verschlossen und eigenbrötlerisch, jene im reformierten Ausserrhoden als weltoffen. Innerrhoden legt Wert auf Identität und lebt das Brauchtum. Ausserrhoden öffnet sich, will weltmännisch sein. So weit, so gut – doch stimmen diese Vorurteile? Nein, sagt der Heidler Stefan Sonderegger. «Die Klischees vernebeln die Tatsachen. Die beiden Appenzell haben mehr Gemeinsames als Getrenntes.» Der Historiker und Stadtarchivar der Ortsbürgergemeinde St. Gallen hat für den kürzlich erschienenen Bildband «Faszinierendes Appenzellerland» die Begleittexte geschrieben, die Bilder stammen vom freischaffenden Fotografen Roland Gerth aus Thal. Gerth hat bereits mehrere Bildbände über die Schweiz und verschiedene Regionen Europas veröffentlicht. Kürzlich erschien das Werk «Faszinierendes Graubünden».Das neuste Buch soll dieses Gemeinsame, Verbindende ins Zentrum rücken. Dies zeigt die Anordnung der Kapitel: Zuerst kommt jenes über Innerrhoden, dann der Alpstein, dann jenes über Ausserrhoden. «Der Alpstein verbindet nicht nur die Appenzell miteinander, er hat auch einen symbolischen Charakter für die ganze Region. Er ist unser gemeinsamer Schatz», erklärt Sonderegger. Was erstaunlich sei und immer wieder verdrängt werde: Der Alpstein liegt zu 63 Prozent auf St. Galler Boden und zu 34 Prozent auf Innerrhoder Boden. Lediglich drei Prozent des Gebirgszugs gehört den Ausserrhodern. Als Historiker weiss Sonderegger nur zu gut über all die Abhängigkeiten zwischen der Kantone und kennt deren gemeinsame Vergangenheit. «Wir fahren alle besser, wenn wir uns als Ganzes, als eine Region verstehen, wenn wir die Unterschiede zwar pflegen, aber uns nicht abschotten, sondern zusammenarbeiten.»Roland Gerth arbeitet gern mit Stimmungen, übernachtet für die perfekte Aufnahme auch mal im Alpstein oder schlägt sein Zelt anderswo auf. Gern und oft nutzt er die Abend- und Morgenstunden. «Die Punkte, das Drumherum ist gegeben. Ich möchte das auf eine neue Art zeigen, die Motive aus anderen Blickwinkeln darstellen.»Die ausdrucksstarken Fotografien bilden nicht nur den Alpstein mit seinen Gipfeln ab, sondern nehmen auch das Brauchtum und die Tradition auf. Sie zeigen Silvesterchläuse, Sennen, Alpen, Dorfplätze, Bachläufe oder die Streusiedlungen – begleitet von interessanten Hintergrundinformationen Sondereggers. «Die Bilder in einen historischen Kontext zu stellen, war die Bedingung, dass ich am Buch mitarbeite», so Sonderegger, der die Texte innert vier Wochen geschrieben hat. Zu Beginn hatte er sich gesträubt. Braucht es wirklich noch ein Buch über das Appenzellerland, hat er sich gefragt – bis er Gerths Bilder sah. «Wir denken nicht mehr so oft über unsere Region und deren Schätze nach. Der aussenstehende Blick eines auswärtigen Fotografen hat auch meine Augen wieder geöffnet für die Schönheit des Appenzellerlandes und für die vielen Gemeinsamkeiten. Auswärtige sehen den Alpstein und das Appenzellerland noch als etwas Besonderes an», so Sonderegger.Alessia PaganiHinweisFaszinierendes Appenzellerland, 180 Seiten, Roland Gerth und Stefan Sonderegger, AS-Verlag.

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