18.01.2022

Den Biber in die Schranken weisen

Im Winter sind die Naturschäden, die Biber anrichten, gut sichtbar. Bäume können nur punktuell geschützt werden.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 02.11.2022
Andrea C. PlüssSie bringen auch den dicksten Baum zu Fall. Dazu brauchen sie nur ein wenig Zeit. Aber wenn sie einmal dran sind, räumen sie alles bis zum letzten Ästlein ab. Die Rede ist von Bibern. In den Wintermonaten, wenn Bäume und Sträucher ihre Blätter abgeworfen haben, sind die Schäden, die die Nagetiere an den Pflanzen in Wassernähe angerichtet haben, gut sichtbar.Unlängst sind am Widnauer Sickerkanal, der zwischen der Böschach- und der Viscosestrasse verläuft, einige Bäume mit einer Maschendrahtmanschette versehen worden, um sie vor weiterem Biberfrass zu sichern. Ein Mitarbeiter des Rheinunternehmens war mit dem zuständigen Wildhüter, Mirko Calderara, unterwegs, um schützenswerte Bäume auszumachen. Doch längst nicht jeder Baum ist «eingepackt», zeigt sich beim Augenschein vor Ort. «Wir können den Biber nur in die Schranken weisen», sagt Claudio Senn, stellvertretender Leiter des Rheinunternehmens, auf Anfrage.Kopfweiden ökologisch wertvoll und schützenswertWolle man alle Baum- und Strauchgewächse schützen, müsse man Hunderte, wenn nicht Tausende Pflanzen mit Schutzmanschetten versehen, gibt Senn an; ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem entzöge man dem Biber auch seine Hauptnahrungsquelle: Biber sind pflanzliche Allesfresser, ernähren sich jedoch in unseren Breiten überwiegend von Baumrinde. Auch brauchen sie Äste und Holz zum Bau ihrer Dämme. Als ökologisch wertvoll bezeichnet Wildhüter Mirko Calderara die Kopfweiden, die sich zahlreich entlang der Sickerkanäle und auch entlang der Rietkanäle befinden. Sie bieten auf kleiner Fläche einen vielfältigen Lebensraum für Vögel und Insekten. In die Tausende gehen auch die finanziellen Aufwendungen des Rheinunternehmens für Arbeiten im Zusammenhang mit Aktivitäten der Biber.Das in Widnau ansässige Rheinunternehmen ist für ein Gebiet zuständig, das sich von Rheinkilometer 24 (Grenze zu Graubünden) bis Rheinkilometer 84 auf Höhe St. Margrethen erstreckt, dazu noch einmal in etwa so viele Kilometer Nebengewässer. Für das Rheintaler sowie das Werdenberger Binnenkanalunternehmen ist der Widnauer Betrieb darüber hinaus im Auftrag tätig.Biberkonzept fürs Rheintal weckt HoffnungDie Melioration der Rheinebene wendete 2021 rund 100000 Franken für Arbeiten im Zusammenhang mit Bibern auf. Die Aufwendungen steigen stetig, sagt Matthias Kreis, der Technische Leiter. 2020 belief sich der Betrag auf 80000 Franken. Noch bis zum Sommer ist eine provisorische Verfügung des ANJF (Amt für Natur, Jagd und Fischerei) befristet, die es Mitarbeitenden der Melioration erlaubt, Biberdämme nach Rücksprache zu entfernen. «Wir sichern und sanieren», fasst Kern die Tätigkeiten zusammen. Er setzt grosse Hoffnung in ein kantonales Biberkonzept, das sich derzeit in der Projektphase befindet. Denn anders als in den Kantonen Thurgau, Zürich, Bern oder Basel, gibt es im Kanton St. Gallen bislang kein solches. Viele Fragen zum Umgang mit dem unter Schutz stehenden Tier, nicht zuletzt auch die eines Kostenschlüssels zu anfallenden «Aufräumarbeiten», stehen im Raum. Nathan Rudin, zuständiger Mitarbeiter beim ANJF, spricht von einer «Knacknuss» beim Bibermanagement im Rheintal. Mit Rheintal gemeint ist dabei in etwa der Zuständigkeitsbereich der Melioration. Die Gewässer haben eine sehr geringe Neigung, so dass schnell Schäden vor allem zu Lasten der Landwirtschaft entstünden, sagt Rudin.Angestrebt werde ein Perimeter, der bestehende Biberdämme verzeichnet: solche, die bestehen bleiben müssen und andere, die entfernt werden können, ohne den Tieren und ihrem Lebensraum zu schaden und ohne in diesen Fällen jeweils mit dem ANJF Rücksprache zu nehmen. Bis das Konzept steht, wird es indes noch dauern. Die nächste Sitzung ist im Sommer anberaumt.

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