In der Kinder- und Jugendarbeit tätig zu sein, interessiert Sam de Keijzer aus Berneck auch noch als junge Erwachsene. Nachdem sie ihre Lehre als Malerin abgeschlossen hatte, entschied sie sich, auf Sozialpädagogik umzusatteln. Als Vorbereitung auf ihr im Sommer startendes Studium absolviert die Zwanzigjährige ein Praktikumsjahr bei der reformierten Kantonalkirche.Eine ihrer Aufgaben ist, die Aktion «40 Tage ohne» (siehe unten) mitzuorganisieren. Als sie sich um die dazugehörige Radiowerbung kümmerte, wurde sie auf #fadegrad aufmerksam. Der Podcast ist Nachfolger der FM 1-Sendung «Gott und d’Wält» und wird gerade aufgebaut. Die erste Folge wird am Freitag, 12. Februar, über die gängigen Anbieter veröffentlicht. Als Neuling in der Branche darf die Praktikantin den erfahrenen Journalistinnen – Religionspädagogin Ines Schaberger (Leitung) und Lara Abderhalden – erst einmal über die Schulter schauen, bevor sie selbst hinter dem Mikrofon steht.Die junge Frau wird lernen, Interviews zu führen und die aufgenommenen Audiodateien zu einem etwa dreissig Minuten langen und kurzweiligen Podcast zusammenzuschneiden. «Wir fragen Menschen, warum sie tun, was sie tun und wie sie geworden sind, wer sie sind», sagt Sam de Keijzer. «Und das fadegrad, schnurstracks und ohne um den heissen Brei herum zu reden.» Damit das neue Produkt bekannt wird, nutzt das Redaktionsteam auch die neuen Medien. «Im Moment übe ich, wie man Instagram-Posts schreibt und in welchem Abstand man sie taktet.»Biografien kennenlernen und Vorurteile abbauenIn jeder Ausgabe von #fadegrad widmen sich die Macherinnen vertieft einem Thema. Die erste ist dem Online-Dating in Zeiten von Corona gewidmet. «Wir spezialisieren uns auf spannende Lebensgeschichten», sagt Sam de Keijzer. Gegenüber einem kurzen Radiobeitrag sieht die Berneckerin im Podcast den Vorteil, mehr Zeit zur Verfügung zu haben, um über vielerlei Facetten eines Themas ausführlich zu sprechen. «Alle zwei Wochen erscheint eine Folge, anhand derer man sich weiterbilden kann.»Sam de Keijzer freut sich darauf, dass sie bald nach Zürich zur Evangelischen Informationsstelle «Kirchen – Sekten – Religionen» fahren darf. Die Fachstelle befasst sich mit Fragen neuer religiöser Bewegungen. Dort führt sie ihr erstes Interview zu Verschwörungstheorien. «Vertieft habe ich mich noch nicht mit dem Thema befasst», sagt sie. «Ich habe Bekannte, die darüber erzählen und sich fast hineinsteigern.» Bislang habe sie nicht für möglich gehalten, dass jemand so denken könne. «Dann passiert etwas wie Corona.» Nun ist Sam de Keijzer froh, sich fundiertes Wissen anzueignen und weiterzugeben. Sie möchte Vorurteilen entgegenwirken. «Ich werde Aspekte kennen- und verstehen lernen, von denen ich jetzt noch nicht weiss, dass es sie gibt.»Der Praktikantin gefällt die Aussicht, Menschen, ihre Geschichten und Ansichten kennenzulernen, die sie als Privatperson wahrscheinlich nicht treffen würde. «Ich bin immer einen Schritt weiter als meine Hörer», sagt sie. Einerseits befasst sie sich früher als sie mit einem Thema. Anderseits erfährt sie wesentlich mehr, als sie je veröffentlichen könnte.Ob Sam de Keijzer dem Podcast #fadegrad während ihres Studiums erhalten bleibt, ist noch ungewiss. Fest steht aber schon, dass sie in der Evangelischen Kirchgemeinde Berneck-Au-Heerbrugg als Jugendarbeiterin ausgebildet wird.Die Praktikantin kann sich zwei Arten vorstellen, ihren Beruf in zehn Jahren auszuüben: «Entweder arbeite ich dann in einem Kinder- oder Jugendheim als Sozialpädagogin oder ich bin weiter in der kirchlichen Jugendarbeit tätig.»Hinweis: www.fadegrad-podcast.ch «40 Tage ohne» – noch mehr Verzicht? In der Fastenzeit auf etwas verzichten: Dazu regt die Aktion «40 Tage ohne» junge Menschen an. Verzichten sie in der Coronapandemie nicht schon genug? Fasnacht fällt aus, Freunde dürfen sie kaum mehr treffen und fürs Lernen gab es auch schon bessere Voraussetzungen.Sam de Keijzer engagiert sich in ihrem Praktikum bei der Kantonalkirche für die Aktion. «Jeder entscheidet selbst, worauf er verzichtet», sagt sie. «Man kann es ja auch einmal umkehren und raus gehen. Das ist jetzt ja nicht alltäglich.» Es gehe darum, das eigene Bewusstsein zu erweitern und Ideen für sich selbst zu finden. Es gab nicht mehr genug Zeit, die Aktion in «40 Tage mit» umzuwandeln, als der neuerliche Lockdown bekannt wurde. Sam de Keijzer hat sich vorgenommen, 40 Tage lang keine heisse Schoggi zu trinken und sich in ihrer Freizeit nicht in Instagram und Facebook verlieren.Noch vor ein paar Jahrzehnten schrieb die Kirche es vor, sich streng an die Regeln der Fastenzeit (Katholiken) oder der Passionszeit (Reformierte) zu halten. In den 40 Tagen zwischen Fasnacht und Ostern (ohne Sonntage) durfte man je nach Region kein Fleisch essen, keinen Alkohol trinken, nicht heiraten oder musste sexuell enthaltsam sein. Mit der Zeit lockerten die Kirchen ihre Regeln. Heute ermuntern sie ihre Mitglieder dazu, die Busszeit zu nutzen, um sich auf die Grundlagen ihres christlichen Glaubens zu besinnen und sich so auf Ostern – das Fest der Auferstehung Jesu – vorzubereiten.Das Fasten hat auch eine von der Religion unabhängige, gesundheitliche Perspektive erhalten. Aber auch in der Kirche erhält sie neue Bedeutung. Viele junge Menschen wollen 40 Tage lang bewusst auf etwas verzichten, das sie mehr vereinnahmt, als ihnen lieb ist. Mit der Aktion «40 Tage ohne» greifen die beiden Landeskirchen den Trend auf. Seit einigen Jahren organisieren sie Freiwillige – unterstützt vom Netzwerk Junge Erwachsene und der Fachstelle Kirchliche Jugendarbeit.Hinweis: 40-tage-ohne.ch