Ein Klavier ist ein faszinierendes Instrument. Jedes Kind weiss, wie es ihm Töne entlocken kann. Egal, ob man musikalisch ist oder nicht, die weissen und schwarzen Tasten reizen wohl jeden Menschen, auf ihnen zu klimpern oder auch eine schöne Melodie zu spielen. So ergreifend es tönen kann, wie die Hämmerchen die Saiten zum Klingen bringen, so kleidend kann ein Klavier als Möbel sein.Die Strasse am Bahnhof mit Musik belebenPetra Bechter hat ein Auge dafür, wie sie Instrumente mit einer Dekoration überraschend und sinnlich in Szene setzt. Als ihr vor etwa einem Monat ein altes Klavier angeboten wurde, wollte sie es bepflanzen. Bisher kam es aber nicht dazu. Als sie den Kasten vor ihrem Geschäft gegenüber dem Bahnhof aufstellte, wurden Passanten auf ihn aufmerksam. Viele folgten dem Impuls, das Klavier auszuprobieren. «Es kommen Kinder, Jugendliche oder Menschen auf der Durchreise», sagt Petra Bechter. Gern erinnert sie sich an eine Velofahrerin: «Sie konnte keine Noten lesen und spielte unbeschwert drauflos. Es tönte gut.» Auch erzählt Petra Bechter von der Frau, die vom Bahnhof herüber kam, in einer Hand einen Koffer trug, ihre Wartezeit bis zur Weiterreise mit ein paar Tastenschlägen und einem kurzen Plausch bereicherte.Unbeschwert sind auch die Kinder, die im Instrument eine Einladung sehen. Nachdem sie die Erlaubnis eingeholt haben, nutzen sie die seltene Gelegenheit, setzen sich auf den bereitstehenden Stuhl und spielen. Ein Bub legt auf seinem Weg durchs Dorf fast immer einen Klavierhalt ein. Wie er seine Finger über die Tasten gleiten lässt, zeigt ein Facebook-Video. Es zählte innert kürzester Zeit Dutzende Likes und mehr als 1600 Aufrufe.Das grosse Interesse im Netz und vor dem Schaufenster ihres Geschäfts (Formen & Farben) wertet Petra Bechter positiv: «Die Menschen mögen es, wenn die Strassen und die Bahnhofumgebung mit Musik belebt werden. Sonst hätten nicht so viele reagiert.»Losgelöst von den Beobachtungen rund um das Klavier macht Petra Bechter durchwegs gute Erfahrungen mit den Jugendlichen in St. Margrethen. «Es wird viel über sie geschnorrt», sagt sie. Einen Grund kann sie dafür nicht ausmachen. «Viele von ihnen helfen mir, wenn ich zum Beispiel etwas Schweres zu tragen habe.» Auch hinterliessen sie nur wenig Abfall und machten auch nichts kaputt. «Wenn sie hier auf der Treppe sitzen, sind sie freundlich und angenehm.»Petra Bechter bereitet die Resonanz so sehr Freude, dass sie das Klavier stimmen lassen wollte. Da im Freien die Temperatur aber sehr stark schwankt, wäre dies verlorene Liebesmüh. Auch wenn das Klavier nicht korrekt tönt – oder gerade deshalb – hat es einen Charme, in der Spontanität und nicht Perfektion Platz hat. Das Klavier bleibt noch eine Weile zugänglich. «Wer Lust hat, es zu spielen und zu anständiger Zeit kommt, ist herzlich willkommen.»Vom Pflanzentrog zum sozialen GedankenEbenso spontan wie die musikfreudigen Passanten ist auch Petra Bechter. Sie lädt die Kinder im ganzen Rheintal dazu ein, sich eine nette Aktion einfallen zu lassen. Sie möchte ihnen ermöglichen, zu erleben, wie schön es sein kann, anderen Menschen eine Freude zu bereiten. «Es braucht nichts mit dem Klavier zu tun haben», sagt sie. Wer die Umsetzung seiner Idee in einem ansprechenden Satz oder kurzen Video dokumentiert und sich über die Website www.pbfarbenundformen.ch an Petra Bechter wendet, kann etwas gewinnen. Den zwanzig Kindern mit den schönsten Ideen schenkt die kreative Frau einen Gutschein für einen Malkurs in ihrem Geschäft.