09.11.2021

«Defis» sind noch nicht etabliert

Ein Rheinecker sagt, es gebe nicht genug öffentliche Defibrillatoren. Auch die Herzstiftung erkennt Nachholbedarf.

Von ys
aktualisiert am 03.11.2022
Richard Sieber wohnt seit vier Jahren in Rheineck, gleich hinter dem Städtli. Der 70-Jährige arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Revisor. Er richtet noch immer einen kritischen Blick auf Vorgänge in seiner Umgebung. «Wenn ich sehe, dass etwas nicht gut läuft, sage ich das den Betroffenen, so freundlich wie möglich», sagt Sieber, oft stosse er auf Gehör.Vor ein paar Jahren schrieb er einen Leserbrief über den gefährlichen Verkehr in der Hauptstrasse, sagt er, jetzt ist dort Tempo-30-Zone. Die Defibrillatoren sollten öffentlich zugänglich seinSieber sieht vieles, wenn er in Rheineck unterwegs ist. Ein Defibrillator, ein medizinisches Gerät, das bei einem Herzstillstand die Lebenschancen verbessern kann, ist ihm aber nicht aufgefallen. «Ich habe Bekannte mit Herzproblemen und bin selbst in einem Alter, in dem man sich eher Sorgen macht», sagt Richard Sieber. Wie er ist, hat er seine Nichtentdeckung nicht für sich behalten.Er hat bei der Stadt Rheineck nachgefragt, wo Defibrillatoren hängen. Gemeint sind «automatisierte externe Defibrillatoren, fachsprachlich «AED» genannt. Die Stadt Rheineck betreibe zwei «Defis» im nur saisonal geöffneten Schwimmbad und in der Sporthalle Kugelwis, bekam Sieber zur Antwort. «Neuerdings haben wir im Rathaus auch einen Defibrillator», sagt Stadtschreiber Marco Forrer. Er räumt ein, dass das nicht genügend sei. «Wir prüfen weitere Standorte», sagt Forrer. Am Samstagvormittag spaziere ich mit Richard Sieber durch Rheineck. In der Hauptstrasse fahren heute gar keine Autos, es ist Martinimarkt. Viele Menschen sind im Städtli. In der Kugelwis-Halle erspähen wir den Defibrillator durch die Glasscheibe. Die erste Türe lässt sich öffnen. Die Haupttüre zum Foyer ist aber geschlossen.Jardena Rotach von der Schweizerischen Herzstiftung sagt: «Zentral ist, dass die AED 24 Stunden zugänglich sind.» Ein Herzstillstand hält sich nicht an Öffnungszeiten. «Vielen ist nicht bewusst, dass man sie auch an der Fassade anbringen kann», sagt Rotach.Nur gemeldete Geräte sind im Internet ersichtlichDie Schweizerische Herzstiftung plädiert für ein flächendeckendes Netz an Defibrillatoren als Teil der gesamten Rettungskräfte bei herzbedingten Notfällen. Als Standort werden belebte Plätze empfohlen, bei Bahnhöfen, Einkaufszentren, Schulen, Sportanlagen oder Schwimmbädern und Hallenbädern. Ein wirkliches «Defi»-Netz besteht nur im Kanton Tessin, wo der Kanton auf Begehren einer Stiftung das Rettungswesen ausgebaut hat. Auf defikarte.ch sind die Defibrillatoren in der Schweiz eingetragen. Die Dichte im Rheintal ist nicht sehr beeindruckend. Allerdings erscheinen nur die Defibrillatoren, die gemeldet wurden. So ist in Balgach nur das Werkheim Wyden aufgeführt. Allerdings gibt’s laut Ivo Kobler, Leiter Tiefbau/Werke sehr wohl «Defis» im Rathaus sowie auf allen Sportanlagen. Auch das gemäss der Karte ganz «Defi»-freie Eichberg ist besser, als es den Anschein macht: «In der Schule haben wir einen Defibrillator», sagt Gemeindeschreiber Stefan Althaus, «und die Anschaffung weiterer Geräte haben wir für nächstes Jahr budgetiert.»Dass die Standorte für alle sichtbar sind, ist nur schon für die Disponenten des Notrufs zentral; sie sind das erste Glied der Rettungskette. Noch nicht eingetragene Standorte können direkt auf defikarte.ch gemeldet werden.[caption_left: Beispielhaft: der «Defi» im Altstätter Schulhaus Klaus.  Bild: rew]Die Stadt Altstätten unterhält Defibrillatoren im Rathaus und im «Sonnen»-Saal. Fast beispielhaft ist, auch dank städtischer Unterstützung, die Schulgemeinde Altstätten. In den Schulhäusern Bild, Feld, Klaus und Wiesental hängen während 24 Stunden zugängliche «Defis», nur der älteste im «Schöntal» ist eingeschlossen.Ein Defibrillator verbessert die Chancen einer erfolgreichen Herz-Lungen-Wiederbelebung, kann medizinische Behandlung aber nicht ersetzen. Er ist nur ein Teil der Rettungskette. «Aber ein Defibrillator kann Leben retten», sagt Richard Sieber. Ein professionelles Gerät kostet nicht viel mehr als 2000 Franken, es ist dank sprechender Anleitung einfach zu bedienen. Eine jährliche Wartung des Geräts durch den Produzenten gehört beim Kaufvertrag zum Standard. «Ich möchte das Bewusstsein dafür stärken, dass ein Defibrillator etwas sehr Nützliches ist», sagt Richard Sieber.

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