01.02.2019

Das Vorderland pausiert

Die politischen Gruppierungen im Vorderland haben es nicht geschafft, eigene Kandidaten für die bevorstehende Regierungsratswahl aufzustellen. Dies wird in der Region sowohl bedauert als auch relativiert.

Von Alessia Pagani
aktualisiert am 03.11.2022
Zwei Kandidaten für zwei frei werdende Sitze – den Bürgern fehlt bei den Regierungsratswahlen die Möglichkeit einer Auswahl. Was eine nicht mehr zu ändernde Tatsache ist, hat schon kritische Stimmen hervorgerufen. Dem nicht genug, werden künftig alle fünf Ausserrhoder Regierungsräte aus dem Hinterland kommen. Es gab allerdings auch schon andere Zeiten (siehe Infobox).Was sich in den Gemeinderäten und im Kantonsrat schon länger manifestierte, hat sich nun auch auf den Regierungsrat ausgeweitet: «Offensichtlich können sich viele Menschen ein politisches Engagement – neben Familienarbeit und Beruf – nicht mehr vorstellen», sagt Annegret Wigger. Die Präsidentin der SP Vorderland bedauert, dass das Vorderland es nicht geschafft hat, eigene Kandidierende zu stellen. «Dies zeigt aus meiner Sicht, dass in allen politischen Gruppierungen die Personaldecke ziemlich dünn ist, insbesondere in den kleineren Parteien.»Bis 1997 wurden die Regierungsräte an der Landsgemeinde gewählt. Damals war es üblich, dass noch im Ring mögliche Kandidaten genannt wurden, was meist in eine grössere Auswahl mündete. Auch in den Folgejahren standen stets mehrere Kandidaten zur Auswahl. Allerdings sind diesbezüglich nicht nur die Parteien, sondern alle Bürger in der Pflicht.  «Regierungsrat steht für ganzen Kanton» Gewisses Bedauern herrscht auch in anderen politischen Gruppierungen des Vorderlandes. «Natürlich wäre eine bessere regionale Verteilung wünschenswert, genauso eine Kandidatenauswahl», sagt Max Frischknecht. Der Präsident der Lesegesellschaft Bissau aus Heiden gibt allerdings zu bedenken: «Ein Regierungsrat steht für eine Sache ein, er vertritt nicht eine bestimmte Region.»Auch Eugen Schläpfer, Präsident der SVP Wolfhalden, würde eine Auswahl und eine regionale Verteilung begrüssen, verweist aber auf die grösseren Bevölkerungszahlen der Hinterländer Gemeinden. «Dass diese proportional mehr Kandidaten vorweisen können, ist klar.» Das Hinterländer-Gremium dürfe die Problematiken des Vorderlandes nicht ausser acht lassen, mahnt der Präsident der FDP Vorderland, Jörg Lutz. «Viele Probleme sind im Hinter- wie im Vorderland gleich. Ich erwarte aber, dass sich die Regierungsräte beispielsweise für unsere Bahnen oder das Spital Heiden einsetzen.»Allgemein zeigt sich: Eine Auswahl und bessere regionale wie geschlechtliche Verteilung würde begrüsst. Die beiden Kandidaten können dennoch auf Rückhalt zählen: «Ich kann hinter den Kandidaten stehen. Es bleibt aber zu hoffen, dass sie sich für den ganzen Kanton einsetzen», sagt Schläpfer. Infobox:Als das Vorderland noch drei Regierungsräte stellte Das Vorderland war nicht immer so schlecht in der Regierung vertreten: In den 1930er-Jahren stellte es drei Regierungsräte – zwei davon aus Walzenhausen. Die Gemeinde mit 2700 Einwohnern verstand sich als Hauptort des äusseren Vorderlandes und war jahrzehntelang in der Exekutive vertreten – so etwa mit Gemeindehauptmann Konrad Keller-Künzler (1919 bis 1943) und dem Bündner Peter Flisch (1932 bis 1942). Letzterer wurde zeitgleich mit der Wahl in den Regierungsrat auch in den Nationalrat gewählt, welchem er 23 Jahre angehörte. Als dritter Vorderländer sass von 1931 bis 1940 der Rüütiger Konrad Bänziger im Ausserrhoder Regierungsrat. (egb/pag)

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