24.01.2019

Das Volk will sein Spital behalten

Rund 750 Interiessierte hörten am Bürgergespräch über die Zukunft des Altstätter Spitals folgende Kernaussagen: «Der Status quo wird sicher keine Option sein» (Regierungsrat Würth), das Detailkonzept entstehe aber erst und sei ergebnisoffen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererDer vollzählig erschienene Altstätter Stadtrat verteilte ein Flugblatt mit wichtigen Fragen zum Thema, und Stadtpräsident Ruedi Mattle äusserte ungewohnt scharfe Kritik. Als dilettantisch bezeichnete er das Grobkonzept des Spital-Verwaltungsrats, das letzten Sommer publik wurde und die Schliessung von Spitälern als Schreckgespenst zurückbrachte. Mattle sagte, indem das Spital in Grabs «munter weitergebaut» werde, während für Altstätten der Baustart sistiert worden sei, würden «unumkehrbare Fakten geschaffen». Ohne das Altstätter Spital fände die Abwanderung nach St.Gallen statt, und wenn günstige Spitäler verschwänden, hätten wir als Steuerzahler letztlich mehr zu bezahlen.Auch Werner Ritter, Präsident des Vereins Pro Spital Altstätten, sprach dem Grobkonzept die fachliche Grundlage ab und sagte, die fürs Altstätter Spital angeordnete Denkpause hätte nur der Kantonsrat beschliessen dürfen. Dem Beschluss liege überdies keine Akte zugrunde. Falls man ihm, Ritter, nicht glaube - er habe die nicht existierende Akte bei seinen Akten. Verwaltungsratspräsident Felix Sennhauser widersprach, das Grobkonzept sei sehr wohl fundiert, beantworte als Grobkonzept aber naturgemäss nicht alle Fragen. Damit sie geklärt würden, sei eben der fünfköpfige Lenkungsausschuss mit der Erarbeitung eines Detailkonzepts und der Prüfung von Spitalschliessungsalternativen beschäftigt. Angesichts der spitalnahen Pflegezentren für alte Menschen wurde eine geriatrische Klinik als prüfenswerte Idee genannt. Zumal das Konzept noch nicht vorliegt und wirklich wichtige Fragen zwangsläufig unbeantwortet blieben, entstand wohl bei vielen der Eindruck, den ein Votant so auf den Punkt brachte: Er höre hier nichts als «ein grosses Blabla».Der Lenkungsausschuss stand gestern vollzählig in Altstättens Schöntalhalle auf der Bühne. Nebst Sennhauser gehören ihm Regierungsrätin Heidi Hanselmann, die Regierungsräte Benedikt Würth und Marc Mächler sowie Verwaltungsrätin Yvonne Biri Massler an. Heidi Hanselmann legte dar, inwiefern sich die Spitallandschaft seit dem Ja zu den Spitalausbauten vor vier Jahren gewandelt hat. Zweimal habe der Bundesrat in die Vergütungsstruktur bei den ambulanten Behandlungen eingegriffen und die Tarife herabgesetzt. Der Verwaltungsrat schätzt die Mindereinnahmen auf 15 bis 20 Mio. Franken. Der Kanton ist laut Hanselmann doppelt betroffen, weil er landesweit schon die zweittiefsten Vergütungen hat. Daraus ergibt sich das Problem, dass allgemein versicherte Patienten sich nicht kostendeckend operieren lassen, was Sennhauser mit einigen Beispielen verdeutlichte. Ohne neue Spitalstrategie und ohne kostendeckende Tarife dürfte das jährliche Defizit der Spitäler im Kanton über 70 Mio. Franken betragen, wie der Verwaltungsrat schätzt. Weshalb denn der Kanton sich finanziell nicht stärker engagieren könne, wurde wiederholt gefragt.Benedikt Würth antwortete, schon jetzt bezahle der Kanton 55 Prozent der Leistungen, den Rest übernähmen die Krankenversicherer. Daneben gebe es auch noch gemeinwirtschaftliche Leistungen (wie für die Ausbildung), die derzeit 40 Mio. Franken ausmachten und ebenfalls vom Steuerzahler zu bezahlen seien.Welche Strategie auch immer ausgeheckt wird: Verwaltungsrat, Lenkungsausschuss und Regierung haben keinesfalls das letzte Wort. Über Spitalstandorte entscheidet in jedem Fall der Kantonsrat, und das Volk (das gestern klar für das Spital votierte) hat überdies die Möglichkeit, via fakultativem Referendum eine Volksabstimmung zu erwirken.Eine am Altstätter Spital tätige Pflegefachfrau sagte: «Wir arbeiten weiter, wie wenn das Spital bestehen bleibt.» Und fügte bei: «Ich hoffe, ihr seid alle privat oder halbprivat versichert, damit - wenn ich euch mal betreue - es sich auch lohnt.»

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