Gert BrudererAllerdings ist der Diepoldsauer Gemeindeverwaltung zugute zu halten, dass sie sich mit neuem, kompliziertem Recht herumzuschlagen hatte. Sogar im Heft einer kantonalen Amtsstelle ist zu lesen, die so genannten Arbeitszonen bedeuteten die «Expedition in ein unbekanntes Land».In Diepoldsau begann die Expedition mit einem Bauvorhaben des Gemeinderatsmitglieds und Gemüseproduzenten Stefan Britschgi. Dieses Projekt ist das erste in der Gemeinde, das dem neuen Planungs- und Baugesetz zu genügen hatte.Der Gemeinderat bejahte den Bau einer Rüsthalle an der Werkstrasse nahe beim Zoll, verband damit aber insgesamt vier Verfahren zu ebenso vielen Themen, was Einsprachen von über 400 Opponenten zur Folge hatte.Was nicht sistiert wurde, war noch zu beurteilenWeil die Mehrheit der Diepoldsauer Gemeinderatsmitglieder befangen war und in den Ausstand zu treten hatte (u. a. wegen Verwandtschaft mit Einsprechern, Britschgi als Bauherr, Thomas Bolt als Verwaltungsrat einer Britschgi-Firma), war der Gemeinderat als Gremium in dieser Sache nicht mehr beschlussfähig.Aus diesem Grund wurde eine Ersatzregierung von auswärts bestimmt – der Gemeinderat von Eggersriet. Eingesetzt vom kantonalen Departement des Innern, hatte der Eggersrieter Gemeinderat die Aufgabe, anstelle der Diepoldsauer Regierung über die vielen Einsprachen zu befinden.Angesichts der Wucht des Widerstands beantragte Britschgi eine Sistierung für sein Baugesuch und den Teilzonenplan Werkstrasse. Sowohl das Einspracheverfahren zum Teilzonenplan Werkstrasse als auch das Baugesuch für die Halle sollten bis auf weiteres ausgesetzt werden.Dagegen spreche nichts, befand die Ersatzregierung schon Anfang September. Britschgi gewinnt durch die Sistierung bis Ende 2020 Zeit, um Ausschau nach einem allenfalls anderen Standort zu halten. Dieser ist vielleicht auch schon gefunden, Britschgis Fokus ist derzeit nach Balgach gerichtet, wo der Bau einer Halle an der Rietstrasse (Rietmühle) erwogen wird.Von der Sistierung seien die Einsprecher kaum oder gar nicht betroffen, und überwiegende öffentliche Interessen stünden einer Sistierung nicht im Weg, befand der Eggersrieter Gemeinderat. Inzwischen ist die Sistierung rechtskräftig.Beim nun gefällten Entscheid zugunsten der Einsprecher und gegen die Gemeinde Diepoldsau geht es um Übergeordnetes – erstens um die Diepoldsauer Orts- und Zonenplanung (mit Arbeitszonen), zweitens um die Teilrevision des Baureglements. Die Gegner bemängeln, dass das Verfahren zum Baureglement gleichzeitig mit der Auflage eines Bauprojekts und einer Einzonung erfolgt sei.Nach Auffassung der Einsprecher hätte zunächst die Aufnahme in den kantonalen Richtplan zu erfolgen, dann wären die Zonenplangrundlagen und Baureglementsgrundlagen zu schaffen – und erst, wenn diese Arbeit rechtskräftig abgeschlossen wäre, dürfte ein Baubewilligungsverfahren folgen.Ungenügender Bericht, Volk war nicht einbezogenDie Ersatzregierung gibt den Einsprechern recht. Der Entscheid der Eggersrieter enthält zwei Kernaussagen. Erstens sei der Planungsbericht ungenügend, zweitens sei die Bevölkerung nicht einbezogen gewesen.Diepoldsau habe es «versäumt, vor dem Erlass der umstrittenen Teilzonenpläne, Reglementsänderungen und Richtplanergänzungen ein Mitwirkungsverfahren durchzuführen», schreibt der Gemeinderat Eggersriet – ein Mitwirkungsverfahren, das den Anforderungen von Artikel 4 des Raumplanungsgesetzes entsprochen hätte.Die mit den Planungsaufgaben betrauten Behörden, heisst es weiter, müssten die Bevölkerung über Ziele und Ablauf der Planungen unterrichten und sicherstellen, dass die Bevölkerung bei Planungen «in geeigneter Weise mitwirken kann». Es sei das bundesrechtliche Minimum, dass die Behörden Vorschläge aus der Bevölkerung entgegennehmen, Planentwürfe zu allgemeiner Ansichtsäusserung freigeben und Vorschläge wie Einwände materiell beantworten, ist im fast 40-seitigen Entscheid mit ausführlicher Begründung zu lesen.Die Einsprecher haben diese Ausführungen der Ersatzregierung letzte Woche zugestellt bekommen.Rechtmässigkeit der Arbeitszonen ungeklärtKann die ausgebliebene Mitwirkung der Bevölkerung nachgeholt werden? Hierzu schreibt der Gemeinderat von Eggersriet: Weil die Einsprecher «klar geäussert haben, dass sie eine ganzheitliche Betrachtung von Richtplanung, Baureglement, Verkehrsrichtplanung, Schutzverordnung usw. wünschen», wäre ein nachträgliches Mitwirkungsverfahren sinnlos.Die Genehmigung der Diepoldsauer Orts- und Zonenplanung samt Baureglement komme erst dann in Frage, wenn der Planungsbericht überarbeitet vorliegt bzw. sobald nachgewiesen ist, dass der kommunale Richtplan, das Baureglement und die Nutzungspläne dem revidierten Recht und dem neuen kantonalen Richtplan entsprechen und eine Mitwirkung der Bevölkerung (von Grund auf) stattgefunden hat.Ob die vom Diepoldsauer Gemeinderat geplanten Umzonungen in Arbeitszonen rechtmässig und zweckmässig sind, lasse sich aufgrund des mangelhaften Planungsberichts nicht beurteilen, heisst es weiter.Der Planungsbericht für die öffentlich aufgelegten Themen habe sehr umfassend das Thema von Britschgis Fahrmaadhof AG abgehandelt, also das Sistierte, das nicht Gegenstand des nun mit einem Entscheid beendeten Verfahrens sei.Die Umzonung der Diepoldsauer Industrie- und Gewerbezonen in sogenannte Arbeitszonen sei im Bericht «nur rudimentär abgehandelt und die Auswirkungen auf die einzelnen Bereiche oder die Nachbarzonen sind unterblieben», schreibt die Eggersrieter Ersatzregierung. Der Planungsbericht gebe keine Auskunft über die relevanten raumplanerischen Fragen.Stefan Britschgis MöglichkeitenStefan Britschgi hat nun zwei Möglichkeiten. Er kann anderswo ein Baugesuch einreichen oder sich doch auf Diepoldsau festlegen. Sollte er sein sistiertes Projekt an der Werkstrasse in Diepoldsau später weiterverfolgen, müsste zuvor die Gemeinde die unzureichend erfüllten Aufgaben korrekt erledigen. Dies wäre mit einem Neustart der planerischen Arbeiten und Verfahren verbunden, die dem Baugesuch vorauszugehen hätten.Zudem gibt es eine dritte Möglichkeit. Im Kantonsparlament ist der klassische Teilzonenplan – dem neuen Planungs- und Baugesetz zum Trotz – im Rahmen des Übergangsrechts derzeit ein Thema. Entsprechenden Beschluss (vielleicht im nächsten Jahr) vorausgesetzt, könnte die Gemüsehalle in Diepoldsau unabhängig von übergeordneter Planung wieder zum Thema werden. PlanungsberichtEin Planungsbericht orientiert über Hintergrund, Ziele und Durchführungsmodalitäten von Zonenplananpassungen. Er dient den kantonalen Behörden und der Bevölkerung als Erläuterung zur Beurteilung der Planung und dem Gemeinderat als Hilfe für den Vollzug. Der Planungsbericht ist somit nicht Gegenstand der öffentlichen Auflage; die einzelnen Aussagen im Bericht sind Erläuterungen der Planungsbehörde und nicht automatisch Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens.