10'000 Euro gibt es für Ideen, die den Veloverkehr im Rheintal fördern. Hier gratis ein paar Gedanken dazu.Prämiert werden die besten Vorschläge, die im Rahmen des Wettbewerbs «Velokultur Rheintal» bis Ende September eingereicht werden. Der Verein Agglomeration Rheintal hat den Wettbewerb ausgeschrieben. Er weiss, dass eine gute Veloinfrastruktur nötig ist, damit Menschen sich fürs Velofahren begeistern lassen. Doch ein anderer Satz ist von genauso zentraler Bedeutung. Der Verein hält fest, dem Velo sei der ihm gebührende gesellschaftliche Stellenwert zu verleihen.Dieser Stellenwert zeigt sich zum Teil an den Bahnhöfen. Dass St. Margrethens Gemeinderat den Veloständer im Osten trotz Petition nicht ersetzen möchte (weil nur «nice to have» und zu teuer), sei hier bloss insofern erwähnt, als das gemeinderätliche Nein die gesellschaftliche Relevanz des Velos spiegelt. Wie politische Bekundungen zugunsten des umweltfreundlichen Zweirads und die Wirklichkeit auseinanderklaffen, zeigt sich schon an einem unscheinbaren Beispiel mit grossem Verärgerungspotenzial. Es geht ums Pendeln mit dem Velo und dem Zug.Nicht jeder hat zu Hause Platz für einen BahnhofsgöppelAuf der Fahrt zum Bahnhof mit dem Velo ist es angenehm, mit einem guten Zweirad unterwegs zu sein (vielleicht sogar einem Elektrovelo, denn niemand möchte auf dem Weg zur Arbeit schon ins Schwitzen kommen). Der beim Bahnhof für Velos verfügbare Platz ist aber viel zu knapp bemessen, als dass man nicht ums Zweirad bangen müsste. Mit keinesfalls grösstmöglicher Rücksicht auf andere Fahrzeuge werden Velos in enge Lücken gequetscht, was die Lust auf komfortables Pendeln mit dem Velo und dem Zug erheblich schmälert. Nicht jeder hat zu Hause Platz für einen alten Göppel, also ein zweites, so genanntes «Bahnhofsvelo», das nicht nach Schonung verlangt. Wer mit dem Velo statt dem Auto fährt, ist kein Verkehrsteilnehmer (auch keine Verkehrsteilnehmerin) zweiter Klasse! Das eigene E-Bike hat sie oder er sich Tausende von Franken kosten lassen, weshalb die Wiederholung der Kernaussage an dieser Stelle als sinnvoll erscheint: Dem Velo ist der ihm gebührende gesellschaftliche Stellenwert zu verleihen.Im dicht besiedelten Gebiet haben Velofahrende die Wahl zwischen der viel befahrenen Staatsstrasse und ruhigeren Quartierstrassen, auf denen zügig voranzukommen vielerorts eine Wunschvorstellung ist. Ob in Balgach, Rebstein oder Altstätten: Alle fünfzig Meter (also alle paar Sekunden) erfordert eine Kreuzung mit Rechtsvortritt einen Bremsvorgang, der häufig fast in einen Stillstand mündet. Velofahren ist so kein Vergnügen, umso weniger an Sturm- und Regentagen. Geteerte Direktverbindungen zwischen den Dörfern, «Velorouten» abseits der Hauptverkehrsachsen, liessen sich als Bekenntnis zum Velo werten. Eine konsequente Trennung des motorisierten Verkehrs vom Veloverkehr ist unumgänglich, wenn der Stellenwert des Velos nicht nur im Kopf, sondern im lärm- und abgasgeschwängerten Alltag erhöht werden soll.Bitte, liebe Agglo-Verantwortliche: Redet mal mit Velofahrenden ohne FührerscheinVielleicht wäre ein Austausch der im Agglo-Verein Verantwortlichen mit Velofahrenden sinnvoll, die über kein Auto (vielleicht nicht einmal einen Führerausweis) verfügen. Wer sich notgedrungen mit dem Velo fortbewegt, kennt die zahlreichen «neuralgischen Punkte» unserer (zwar velofreundlicher gewordenen, aber nach wie vor) nicht wirklich velofreundlichen Welt. Schon mal mit Anhänger einkaufen gewesen und kaum einen geeigneten «Veloparkplatz» gefunden? Schon mal auf einem nicht befestigten Weg in ein Schlagloch geraten? Mit dem Pedal auch schon an einem «absurd hohen» Randstein hängen geblieben?Ein Velofahrer aus Balgach erwähnt die tägliche Einfahrt in die Balgacherstrasse sowie das mit diesem Manöver verbundene (stets lange) Warten als «täglichen Aufreger». Ein Velofahrer aus Altstätten hat den in der Dunkelheit benützten, unbeleuchteten Veloweg nach Kriessern (trotz einwandfrei funktionierender Velolampe) als gemeingefährlich erlebt. Auch beim Unterhalt vieler «Velowege» im Riet oder am Alten Rhein wird Verbesserungspotenzial gesehen.Natürlich ist am Ideenwettbewerb «Velokultur Rheintal» nichts auszusetzen. Denn es wäre schön, die in Aussicht gestellte Preissumme von insgesamt 10000 Euro für die besten Ideen führte zu spürbarer Verbesserung.Der Vorschlag des erwähnten Velofahrers aus Balgach lautet dennoch so: Statt 10000 Euro für schon vorhandene Ideen auszugeben, würden die Mitglieder des Vereins Agglomeration Rheintal mit dem Geld besser Dänemark oder Holland bereisen, um sich von der Tauglichkeit der dort verwirklichten Ideen zu überzeugen.Gert Bruderergert.bruderer@rheintaler.ch