16.12.2019

Das Skilager-Tief ist überwunden

An Rheintaler Primarschulen melden sich wieder mehr Kinder für das Skilager an. Eine erfreuliche Trendwende.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelWer im Skilager war, kann ein Leben lang davon erzählen. Wie man mit den Klassengspänli über die Pisten raste und nach dem Disco-Abend im Massenschlag flüsterte und kicherte, bis die Lehrer zur Ruhe mahnten. Ein Erlebnis, das die Kindheit und Jugend prägt. Aber immer weniger Anklang fand. In den letzten Jahren beobachtete die Widnauer Schulleitung besorgt, wie die Zahl der Skilagerteilnehmer der 5. und 6. Klasse stetig gesunken ist. «Der Trend war offensichtlich», sagt Manuel Sieber, Schulleiter der Mittelstufe. In der Lagerwoche des vergangenen Januars blieb pro Klasse rund ein Viertel der Schüler zu Hause, was fünf bis sechs Kindern entspricht. Statt ins Skilager zu reisen, nahmen sie an der Wintersonderwoche teil. Die Lehrerschaft war der Meinung, das Lagerleben könne zu kurz kommen. Denn die Tage fern vom Elternhaus seien wertvolle soziale Erfahrungen, sagt Manuel Sieber. «Die Kinder erleben einen Prozess, bei dem sie Selbstsicherheit gewinnen und gleichzeitig den Klassengeist stärken.»Zahlen zeigen: Lager wieder im TrendNun scheint die Lust auf das Lagerleben wieder zu steigen. Das belegen die Anmeldezahlen für das kommende Skilager im Januar. Verschiedene Widnauer Klassen reisen wieder vollzählig in die Skigebiete. Von total 212 Schülern bleiben nur zwölf Kinder zu Hause. «Die Lehrpersonen weisen an Elternabenden auf die Bedeutung des Skilagers hin», sagt Manuel Sieber. «Wir suchen auch den Kontakt mit den Eltern, falls ein Kind Bedenken äussert.» Dennoch könne er keine eindeutigen Gründe nenne, weshalb das Skilager wieder beliebter sei. Es bleibe abzuwarten, ob es sich um ein Ausreisser-Jahr handle, oder sich der Trend bestätigen werde. Allerdings gab es Anpassungen beim Programm der Sonderwoche für die Daheimgebliebenen. Diese Kinder werden neu am Nachmittag eine Lektion länger beschult. Einen Einfluss schreibt der Schulleiter auch der Gruppendynamik zu. Blieb ein Kind zu Hause, haben sich seine Gspänli angeschlossen. Nun würden sich wohl mehr Zugpferde für das Skilager entscheiden. Die Sportart innerhalb des Lagers wählenDiese Meinung stützt auch Roland Züger, Schulleiter an der Primarschule Oberriet. Innerhalb der Klasse entstehe oft ei-ne Meinung, welches Angebot hoch im Kurs sei. In Oberriet ist das Lager für die Kinder der 4. bis 6. Klasse verpflichtend. Sie wählen jedoch, ob sie Ski fahren, snowboarden oder das polysportive Angebot nutzen möchten. Am Sonderprogramm nehmen im kommenden Lager Anfang nächsten Jahres nur noch fünf Kinder teil, was einem Drittel der Anmeldungen des letzten Lagers entspricht. «Der Grossteil der Kinder wird auf der Piste unterwegs sein», sagt Roland Züger. Die Lehrerschaft habe bereits vermutet, ob das polysportive Programm womöglich zu attraktiv gewesen sei. Vielfach nutzten es Migrantenkinder ohne Bezug zum Skifahren. Um möglichst allen Kindern einen niederschwelligen Einstieg in den Traditions-Wintersport zu bieten, kann in Oberriet die Wintersportausrüstung ausgeliehen werden. Im Schulhaus-Estrich befindet sich ein Fundus an Skis und Skischuhen, bei dem sich kürzlich gegen 20 Kinder bedienten. Auch an der Primarschule St. Margrethen ist das Winterlager obligatorisch für die 5. und 6. Klasse sowie die erste Oberstufe. Gemäss Claudia Wessner, Schulleiterin Rosenberg, könne man aber nicht von allen Kindern verlangen, Ski zu fahren. Deshalb dürfen sie wählen, ob sie während des Lagers lieber snowboarden oder beim Alternativprogramm teilnehmen. Jedoch bestätigt Claudia Wessner, dass der Anteil der Skifahrer klar dominiert. Sie erinnert sich an Lager, als alle Schulkinder auf den Skis standen. Grundsätzlich sei es wichtig, Wintersport zu pflegen und das Erlebnis in der Gemeinschaft zu fördern. Die Kinder lassen sich überzeugenIn Rheineck können sich die Schüler erst in der Oberstufe für ein Skilager anmelden. Die Primarschule hingegen bietet von der 4. bis 6. Klasse Skitage an. Thomas Kurer ist seit 16 Jahren Schulleiter und berichtet von Jahren, in denen überhaupt kein Wintersportangebot bestand. «Ein Lager durchzuführen, scheiterte an den Kosten.» Seit 13 Jahren bewähren sich Skitage, bei denen die Schüler mit dem Car an vier Tagen in ein Skigebiet fahren. Eine Snowboardergruppe gibt es nicht mehr. Dieses Angebot ist verschwunden, nachdem sich immer weniger Kinder anmeldeten und es schwierig geworden war, Leiter zu finden.«Dafür lieben die Kinder die Skitage», sagt Thomas Kurer. Nur in seltenen Fällen lehnten Eltern das Wintersportangebot ab. «Meistens gelingt es uns aber, die Eltern oder Kinder zu überzeugen.» Der Schulleiter konnte kürzlich einem Jungen die Bedenken nehmen, der nicht teilnehmen wollte. Thomas Kurer zeigte ihm Fotos von den Skitagen, wie die Schüler gemeinsam Mittag essen und während der Fahrt im Car einen Film schauen dürfen. «Jetzt freut er sich.»

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