29.04.2020

Das Riet braucht keine Radiomusik

Wer ein Naturschutzgebiet besucht, ist Gast. Daran erinnert der Verein Pro Riet wegen des «Corona-Ärgers im Riet».

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Der so betitelte Leserbrief der Familie Willi, die rücksichtsloses Verhalten im geschützten Riet feststellen musste, hat hohe Beachtung gefunden. Auch Pro Riet stellt fest, dass die Menschen derzeit besonders eifrig «die Nähe zur Natur suchen und ihre Schönheit neu entdecken» – was an sich im Sinne von Pro Riet ist.«Erkunden auf eigene Faust»Auf der Webseite des Vereins ist seit jeher zu lesen: «Am besten erkunden Sie das Schollenriet auf eigene Faust.» Bisher hat dies zu keinen Problemen geführt. Die schon vor zwei Jahrzehnten lautgewordene Besorgnis, ein Naturschutzgebiet mit Beobachtungsturm (seit 2004) und einem Informationszentrum wie der Schollenmühle (seit 2010) könnte unter Menschenmassen leiden, erwies sich als unbegründet. Die Menschen, die das Riet besuchten, haben sich an die Verhaltensregeln gehalten.Mit Corona hat sich das nun allerdings geändert. In ihrem Leserbrief schreibt die Familie Willi, was sie seit Beginn der Coronakrise erleben müsse, sei «gegen allen Respekt und Anstand gegenüber Menschen, Tieren und Natur».Das Gebiet ist sehr empfindlichDas Naturschutzgebiet und die Schollenmühle liegen in einer grossräumigen Fahrverbotszone für Motorfahrzeuge. Das leuchtet ein, weil sich im Riet viele bedrohte Arten zu Hause sind und das Gebiet sehr empfindlich ist. Sich mit dem Velo oder zu Fuss hier zu bewegen, setzt ein Verhalten voraus, das die Tiere nicht stört und die Natur respektiert. Ebenso sei auf die Anwohner (wie die Familie Willi vom Schollahof) Rücksicht zu nehmen, schreibt Pro Riet. Autos dürften nur auf bewilligten Parkplätzen abgestellt werden; die Polizei führe regelmässig Kontrollen durch und verteile Bussen.Verlockungen widerstehenSicher kennen alle die Verlockung, die von versteckter Schönheit ausgeht. Bäume, Büsche oder Schilf versperren den Blick auf einen besonderen Vogel, auf Störche vielleicht, oder auf auserlesene Blütenpracht. Wie gerne hätte man davon ein Foto! Ist der Weg zum Sujet auch noch «vorgespurt» und das Gras (und Blumen) sowieso bereits niedergetrampelt, fällt das Widerstehen umso schwerer.Doch gerade darum geht es. Der Verein Pro Riet bittet eindringlich darum, auf den Wegen zu bleiben, keine Pflanzen zu pflücken, Lärm zu vermeiden, Hunde an der Leine zu führen, kein Feuer zu machen und Abfälle mitzunehmen.«Nur wenn wir uns an diese Regeln halten, können wir den Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten im Riet schützen und die Ruhe und Kraft der Natur geniessen», schreibt der Naturschutzverein Pro Riet dazu.Nicht auf der Rietwiese picknickenNach Beispielen für Fehlverhalten gefragt, fallen Vorstandsmitglied Esther Hutter gleich mehrere ein: das Picknick mitten auf einer Rietwiese, das Zelten im Naturschutzgebiet, der Besucher, der quer durch die Rietwiese marschiert, während sein Hund frei herumtollt, oder Jugendliche, die mit dem Velo durchs Riet fahren und im Körbli ein laut Musik spielendes Radio mitführen. Der Verein meint kurz und bündig: «Wir sind Gast im Riet – begegnen wir ihm respektvoll.»Auf Webseiten anderer Naturschutzvereine ist eine weitere Empfehlung zu finden. Sie lautet: Andere auf Fehler aufmerksam machen.Verstosse jemand offensichtlich gegen eine Regel, könne man ihn oder sie höflich darauf hinweisen. Natürlich nicht besserwisserisch oder aggressiv, sondern ruhig und erklärend. Denn viele, die gegen die Regeln verstossen, seien sich des Sinns gewisser Regeln einfach nicht bewusst.

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