Zwei Monate nach der Eröffnung der um- und ausgebauten Prestegg geht es darum, den Verein vor dem «finanziellen Schiffbruch» zu bewahren. Das drastische Bild zeichnet Vizepräsidentin Sonja Arnold in der Medienmitteilung des Museumsvereins vom Montag. Das Gebäude sei längerfristig finanziell nicht tragbar.Der Kuratorin wurde bereits gekündigtDie finanzielle Situation ist so prekär, dass Kuratorin Caroline Schärli bereits auf Ende April gekündigt wurde. Die im April 2020 gekommene Kuratorin sagt, sie sei «entrüstet, dass es überhaupt so weit gekommen ist» und findet es «dramatisch, dass der Professionalisierungsgedanke über Bord geworfen» worden sei. Klaudia Barthelme (Administration & Vermittlung) muss ebenfalls mit der baldigen Kündigung rechnen. Registrar Edgar Steiger und Hauswart Beat Rutishauser werden auf Stundenbasis entschädigt.Theater finanziell «in keinster Weise betroffen»Das Diogenes-Theater, das im Museum sein neues Zuhause gefunden hat, teilte nach der Online-Publikation der Medienmitteilung des Museumsvereins umgehend mit, es bedaure die Situation, in der das Museum sich befinde. Es sei aber selbst finanziell «in keinster Weise» betroffen und erfreue sich finanzieller Gesundheit.«Radikale Strukturanpassung nötig»Der im August abgewählte Museumspräsident Werner Ritter, der sich im Rechtsstreit mit vier Vorstandsmitgliedern befindet, widerspricht der Aussage, das Museumsgebäude sei längerfristig finanziell nicht tragbar. Diesbezüglich hätten sehr wohl schon vor der Volksabstimmung über das Museumsprojekt Abklärungen stattgefunden. Das Problem sei jüngst durch den nicht zum Projekt gehörenden Umbau des Südflügels angezettelt worden. Sonja Arnold bestätigt, dass hier «geringfügige Arbeiten» begonnen worden seien, die zu einem Baustopp geführt hätten, weil eine Bewilligung nötig gewesen wäre. Die Finanzierung sei aber gemäss aktuellem Wissensstand über die bestehende Hypothek gesichert.Die finanzielle Not, schreibt der Museumsvorstand, sei durch die «vertiefte Auseinandersetzung» mit der finanziellen Situation klar geworden – auch im Gespräch mit Fachpersonen, Vertretern der Stadt, der Rheintaler Kulturstiftung und dem kantonalen Amt für Kultur. Eine radikale Strukturanpassung und Neuausrichtung des Vereins sowie die Übertragung des historischen Gebäudes an die Stadt Altstätten seien unumgänglich.Damit die Fixkosten und Löhne der Angestellten bis Ende April bezahlt werden können, gewährt die Rheintaler Kulturstiftung dem Museumsverein ein zinsloses Darlehen von maximal 103000 Franken. Dieses Darlehen sei nötig, weil die für 2022 vorgesehenen Betriebsmittel für das Museum wegen Werner Ritters Abstimmungsbeschwerde blockiert sind. Die Neupositionierung stellt sich der Museumsvorstand so vor: Der Verein beschränkt sich darauf, die eigene Sammlung zu betreuen und Ausstellungen durchzuführen. Künftige Ausstellungen haben Projektcharakter. Fachpersonen würden nach Bedarf beigezogen. Gemäss Vorstandsbeschluss soll sich der Museumsverein auch künftig für die Vermittlung historischer und kultureller Themen einsetzen.Wie es nun tatsächlich weitergeht, ist offen. Stadtpräsident Ruedi Mattle sagt, man sei grundsätzlich bereit, zu helfen, wobei er die Übernahme des Museumsgebäudes durch die Stadt als «eine Variante» bezeichnet. Unbestritten sei wohl, dass es eine Liegenschaft wie die Prestegg sinnvoll zu nutzen gelte. Die aktuelle Leistungsvereinbarung des Museums mit der Stadt ist angesichts der jüngsten Entwicklung jedenfalls überholt. Ruedi Mattle geht denn auch davon aus, dass die festgelegten Betriebsmittel von 220000 Franken pro Jahr dem Verein nicht mehr ausgerichtet werden.Eine neue Leistungsvereinbarung wird von den Stimmberechtigten abzusegnen sein. Damit die Stadt das Museumsgebäude übernehmen könnte, wäre nach heutigem Kenntnisstand ein Volksentscheid nötig. Bei einem Ja zur Übernahme gehen die Hypothekarkredite in der Höhe von zwei Millionen Franken an die Stadt. So sei sichergestellt, dass ausstehende Rechnungen der am Um- und Ausbau beteiligten Handwerker bezahlt werden können, schreibt der Museumsvorstand.Mit Änderungen gehen knifflige Fragen einherDie Mitglieder des Museumsvereins bekommen die Grundlagen für die neuen Strukturen an der nächsten Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Der Termin steht noch nicht fest, die Einladungen sollen bis Ende Februar verschickt sein. Mit den Änderungen, wie sie angedacht sind, gehen knifflige Fragen einher. Können Sponsoren bei einer Änderung der Leistungsvereinbarung Geld zurückfordern? Ist die Änderung des Vereinszweckes möglich, wenn nicht alle Mitglieder dafür sind? Werner Ritter, Rechtsanwalt von Beruf, verweist auf Artikel 74 im Zivilgesetzbuch: «Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitglied aufgenötigt werden.» –Was also, wenn nur ein Teil der Museumsmitglieder, vielleicht ein einziges, mit dem neuen Weg nicht einverstanden ist?