23.03.2019

Das Heilige ist das andere

Von Reinhard Paulzen
aktualisiert am 03.11.2022
In vielen Kirchen wird am Sonntag die Geschichte von Mose und Jahwe beim Dornbusch gehört. In der Geschichte steckt viel drin.«Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.» Einem Kind ist der Panda-Stoffbär heilig, der ganz anders ist als andere Stofftiere. Für eine Jugendliche ist ein Mini-Edding heilig, der äusserlich gleich aussieht wie hundert andere, aber nur er ist ein ganz besonderes Geschenk. Das Heilige ist das andere, getrennt vom sonstigen, das Besondere. Bei der jüdischen Hoch­- zeit heisst das Anstecken der Ringe kidduschin (Heiligung), weil Braut und Bräutigam eben füreinander je etwas Besonderes sind. Darum sind die Hochzeitstage wichtige Tage. Heilige Zeiten, heilige Orte und Räume, heilige Momente, was bedeuten sie uns?Es tut uns gut, dem Heiligen auf die Spur zu kommen; mit dem Heiligen in Berührung zu kommen. In Momenten, in denen wir berührt und begleitet sind von einer Wirklichkeit, die wir nicht fassen und nicht begreifen können. Vielleicht gibt es diese Erfahrung auch mitten in Ihrem Alltag? Wenn Sie berührt sind von einem Hauch, einer Spur von Glück und Liebe und von Beschenktsein? Wenn Sie für den Bruchteil einer Sekunde wissen, dass Zuwendung ein Geschenk ist. Dass ich es nicht verdient habe: «Da meint jemand mich. Da mag mich jemand wirklich.» Dann weiss ich, dass ich viel Wichtiges in meinem Leben gar nicht selbst erarbeiten kann – ein Lächeln, ein überraschender Anruf, ein gutes Wort, eine ehrliche Nachfrage: «Wie geht es Dir?»Bei Mose zeigt sich das Heilige, verbunden mit der Aufforderung: «Leg deine Schuhe ab.» Wie verändert sich unser Leben, wenn wir uns einlassen auf das Heilige in unserem Alltag und in unserem Miteinander? Offen dafür, wo das Heilige bei uns einbrechen könnte, mich faszinieren oder sogar erschüttern könnte?Der Dornbusch brennt und verbrennt nicht. Exakt so ist es mit unserem menschlichen Gewissen. Es meldet sich, es brennt in uns. Aber es verbrennt uns nicht! Es ist die Stimme Gottes in uns, die uns von allem Todbringenden weg zum Leben führen will, hinführen will zum Echt-Sein und Lieben.Gott verrät Mose seinen Namen: «Ich bin, der ich da bin.» So einfach. Ohne Schnörkel. Für jeden, der sich darauf einlässt: Das ist verlässlich. Das Verlässlichs­- te überhaupt. Darauf kannst Du zählen. Und dann: «Ich habe die Not meines Volkes gesehen und ihre Klage gehört.» Ich darf mir vorstellen, dass Gott alle meine Not gesehen hat. Dass Gott meine kleine und meine grosse Kla­ge gehört hat, die stille und die laute.Reinhard PaulzenPastoralassistent in Heerbrugg

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