10.01.2020

Das grüne Gras und der Cervelat

Eine Lektion im «Nachsitzen» erteilten Patti Basler und der Pianist Philippe Kuhn dem Rheintaler Publikum.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
«Patti Basler bringt die sprachlichen und politischen Widersprüche unserer Zeit zuverlässig und mit fauststarker Direktheit auf den Punkt.» Das war das Argument der Jury des Salzburger Stiers, Patti Basler zur Stiergewinnerin 2019 zu wählen.Rund 200 Kulturinteressierte konnten sich am Donnerstagabend davon selbst überzeugen. Für den Kulturverein Widnau gehört es zur Tradition, die Gewinner des Salzburger Stiers zu verpflichten.Satire, der Spiegel der WahrheitIhr Auftritt, ihre Bühnenpräsenz, vor allem aber ihre Direktheit, trafen den Geschmack der Zuschauer. Patti Basler versprach beim «Nachsitzen» auf zwei Punkte einzugehen: «Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht» und «Cervelat ist keine externe Festplatte».Was sie mit diesen aussergewöhnlichen Aussagen rüberbringen wollte, führte sie pedantisch im abendfüllenden Programm auf. Da kamen die Gene und die Chromosomen zur Sprache – vor allem das Raiffeisen-Gen, bei dem die wichtigen Informationen in den Zellen sitzen sollen. Sie erklärte, warum Satire der Spiegel der Wahrheit ist: «Spiegelverkehrt liest man ‹veritas› – also Wahrheit.»Natürlich kam auch der Unterschied von Mann und Frau zur Sprache und Politiker wurden unter die Slam-Lupe genommen. Da traf es besonders Bundesrat Ueli Maurer und seine Englischkenntnisse. Patti Basler spottete: «Man kann aus einem schlecht frisierten Meerschweinchen keinen Präsidenten machen.» Sie fragte sich, ob das Gras auf der anderen Seite der Grenze grüner ist und erklärte warum sie immer wieder gegen den Strom schwimmt.Wortgewandt, schnell und punktgenau waren ihre Sprüche – und immer wieder kam auch die Slam-Poetin zum Vorschein. Interesse weckte dann die Jassrunde von Urs, der Freitagstreik der Kids, obwohl sie den eigentlich gut findet. Sie will sich, falls weiter am Freitag gestreikt wird, wieder als Lehrerin bewerben.Philippe Kuhn begleitete sie nicht nur mit Akkorden auf dem Piano, er gab ihr auch Stichworte, bremste sie immer wieder mit dem Ausruf «Satire» und lenkte so geschickt durch das zweistündige Programm.Ohne eine Zugabe wurde Patti Basler auch im Rheintal nicht entlassen – und mit Freude erteilte sie sofort dem Publikum eine weitere Lektion im «Nachsitzen».

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.