«Die rasche Verfügbarkeit des Objekts war matchentscheidend», sagt Heinz Böhler, Gründer und Mehrheitsaktionär der Sysbo. Am liebsten hätten sie auf dem Viscose-Areal in Widnau eine neue Produktionshalle gebaut. Nur einen Steinwurf entfernt vom derzeitigen Firmensitz an der Viscosestrasse 46 befindet sich die letzte grosse Freifläche des Industrie- und Gewerbeparks.
2000 oder 3000 Quadratmeter hätten wir gern gekauft und da eine neue Halle gebaut
so der 67-Jährig. Die Gemeinde Widnau habe jedoch abgewinkt.
Seit Herbst sei der Platzmangel in dem markanten Holzbau, den Sysbo vor gut zehn Jahren gebaut und bezogen hatte, eklatant, sagt Böhler. Und fügt hinzu:
Als wir vor zehn Jahren hier einzogen, erschien uns der Neubau mehr als gross genug.
Mittlerweile platze das Gebäude aus allen Nähten. Sysbo selbst nutzt das Erdgeschoss und die erste Etage, die zweite Etage sowie das Dachgeschoss sind vermietet. Die Flächen im Obergeschoss eignen sich nicht als Montage- und Produktionsstandort.
«Das Geschäft geht durch die Decke», sagt der aus Schwarzach in Vorarlberg stammende Böhler. Der gelernte Kaufmann arbeitet seit 40 Jahren in der Alternativenergiebranche und hatte vor 20 Jahren gemeinsam mit seiner Frau Gabi den Grundstein der heutigen Firma gelegt. «Drei Jahrzehnte war es ein wirtschaftlicher Kampf», erinnert sich Heinz Böhler. Sysbo produziert und vertreibt heute schweizweit technische Komponenten für Energiedienstleister und Heizungsinstallateure mit Schwerpunkt Fernwärme.
Umzug nach Au in zwei Etappen
Noch in diesem Monat zügelt Sysbo die Produktion von Widnau nach Au. Im Spätsommer soll die Administration folgen. An der Industriestrasse verfügt das Unternehmen auf dem Areal des konkursiten Anlagenbauers Indosa über viermal so viel Platz wie bisher. Sysbo konnte im vergangenen September im Bieterverfahren des Konkursamtes Buchs die Liegenschaft mit Produktionshallen und Bürogebäuden für zwölf Millionen Franken – inklusive der Betriebseinrichtung im Wert von 350 000 Franken – erwerben. Alles in allem 8218 Quadratmeter.
Der dreigeschossige Mittelbau muss generalsaniert werden, wie sich herausstellte. Im Flachbau linker Hand und im Mittelbau werden Büros entstehen, das südlich liegende Gebäude mit blauer Glasfassade und angebauter Halle wird vorerst nicht benötigt und deshalb vermietet. Das Sysbo-Gebäude in Widnau behält die Firma und wird die frei werdenden Räume vermieten.
Vielleicht wäre uns ein Neubau irgendwo im Thurgau günstiger gekommen
sagt Böhler. Das Risiko, den einen oder die andere Mitarbeiterin wegen eines längeren Arbeitswegs zu verlieren, wollten die Firmeninhaber nicht eingehen. Sysbo beschäftigt gut 50 Personen, diejenigen, die bei der Tochterfirma Disteco im vorarlbergischen Weiler arbeiten, mitgezählt. «Das Unternehmen, das sind die Mitarbeitenden», bringt es Bernhard Jonas auf den Punkt. Der 47-Jährige war 2009 als Techniker ins Unternehmen eingetreten, das er heute mit Heinz Böhler gemeinsam führt.
Mehrere Wärmeverbünde im Rheintal
Etwa drei Jahre dauere es, bis Mitarbeitende, die bereits einen Lehrabschluss haben, das nötige Know-how in den Bereichen Elektronik, Steuerung, Heizungsbau und IT erworben hätten, um allein Anlagen bei Kunden in Betrieb zu setzen, zu optimieren oder zu warten. Bernhard Jonas sagt:
Jeder Mitarbeitende ist deshalb für uns sehr wertvoll.
Mit dem Bekenntnis zum «Green Deal» nahmen die Geschäfte zunehmend Fahrt auf. Der Einsatz erneuerbarer Energien für die Wärmeerzeugung ist dabei ein entscheidender Faktor. Ein Wärmeverbund entsteht in der Regel dort, wo günstige, heimische Energiequellen existieren und ausreichender Wärmebedarf in der Umgebung vorhanden ist. Etwa bei Kehrichtverwertungsanlagen wie in Buchs oder Bazenheid. Oder dort, wo grosse Holzhackschnitzelanlagen mit aufwendiger Abgasreinigung und komplexer Steuerungstechnik zum Einsatz kommen.
Im Rheintal bestehen bereits mehrere Wärmeverbünde, unter anderem auch in Diepoldsau und Altstätten. Zunehmend kommen auch Grosswärmepumpen auf, die Seewasser nutzen oder solche bei Abwasseranlagen wie der ARA. Die Betreiber der Heizzentralen sind verantwortlich für Planung, Finanzierung, Wartung und Instandhaltung der Anlagen und schliessen Verträge mit den einzelnen Abnehmern. Dabei kann es sich um ein Einfamilienhaus, eine Firma oder auch einen Wohnblock handeln.
Jedes angeschlossene Objekt muss eine Wärmeübergabestation haben, von der aus die Wärme in alle Räume verteilt, optimal geregelt und der Verbrauch gemessen wird. Diese Wärmeübergabestationen produziert Sysbo als fertiges Modul.
EU-Markteintritt steht bevor
«Um eine Anlage für ein Einfamilienhaus konventionell zu montieren, brauchen zwei Monteure rund zwei Wochen», erklärt Heinz Böhler. Die Übergabestation mit kompletter Wärmeverteilung von Sysbo ist hingegen in kürzester Zeit betriebsbereit. «Die Geschwindigkeit ist wichtig», betont Böhler. Schliesslich sollen die anzuschliessenden Objekte nicht zu lange ohne Warmwasser und Wärme sein. Sysbo bietet zudem anlagenübergreifende Fernwärme-Leitsysteme an, die eine Datenauswertung und -kontrolle aller Objekte ermöglichen.
Etwa 350 Anlagen hat das Rheintaler Unternehmen in den vergangenen 20 Jahren in der Schweiz gebaut. Unter anderen für die grössten Schweizer Energiedienstleister. Am Schweizer Markt sei Sysbo bereits der führende Anbieter, so Heinz Böhler. Über die Tochtergesellschaft in Vorarlberg wolle man jetzt auch den EU-Markt ins Visier nehmen.