07.05.2020

"Das Ende der Demokratie" - aktuelle Leserbriefe

Manchen Leserinnen uns Lesern gingen und gehen die Corona-Massnahmen des Bundesrates zu weit - Leserbriefe aus dem "Rheintaler".

Von Max Matt, Altstätten
aktualisiert am 03.11.2022
Wir erleben gerade, wie ein Virus sozusagen aus dem Nichts das tägliche Leben auf den Kopf stellt. Es ist fast unheimlich, wie schnell der Bundesrat im Notrecht die Hebel bedienen kann. Schon ein einziges Regierungsdekret im Notrecht genügt und Teile der Wirtschaft, ja sogar die ganze Schweiz steht innert wenigen Stunden praktisch still. Arbeitnehmer gehen in Kurzarbeit oder werden sogar arbeitslos. Diese Pandemie zeigt deutlich, wie im Grunde genommen alles abhängig geworden ist. Es nützt nicht einmal die allerbeste Vernetzung. Noch muss mit Notrecht die Pandemie überstanden werden. Allen in der Schweiz wird zum ersten Mal gezeigt, was Notrecht heisst und welche Macht unser Bundesrat damit in den Händen hält. Man stelle sich einmal vor, unser Bundesrat würde den Klimanotstand ausrufen. Und das nur, weil Klimaaktivisten und Sympathisanten den Notstand fordern. Der Schaden liesse sich kaum beziffern. Ganze Branchen würden stillgelegt. Das ist tatsächlich möglich, wenn die entsprechenden Aktivisten im Bundesparlament die Oberhand gewinnen. Das mit dem Klimawandel muss schon genau überlegt werden. Dazu gibt es nur Behauptungen und veränderliche Fakten. Daher wäre es Unfug, von einem Klimanotstand zu reden.Max Matt, AltstättenDas Ende unserer DemokratieAm 15. März hat das Parlament seine Session abgebrochen. Am 16. März gibt der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» bekannt und beschliesst einen Lockdown für die Schweiz. Diese «ausserordentliche Lage» versetzt den Bundesrat in die Lage, wichtige Pfeiler der Verfassung wie beispielsweise die Versammlungsfreiheit oder die Wirtschaftsfreiheit ausser Kraft zu setzen. Des Weiteren kann der Bundesrat Regelungen erlassen, welche die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit ausser Kraft setzen (Zwangsimpfungen). Diese Befugnisse erteilt ihm das Epidemiengesetz (epG). Der Bundesrat kann die «ausserordentliche Lage» jederzeit für eine unbestimmte Zeitdauer und ohne parlamentarische Legitimation ausrufen. Das Epidemiengesetz hebelt also sämtliche demokratischen Grundsätze wie die Gewaltentrennung aus. Ein siebenköpfiges Gremium kann die gesamte Macht in der Schweiz an sich reissen und fortan über unsere Gesundheit, unsere Bewegungsfreiheit und unsere Wirtschaftsfreiheit totalitär entscheiden. Die getroffenen Massnahmen, die man als Lockdown zusammenfassen kann, wurden also von unserer Exekutive getroffen. Leider ist eine demokratisch geführte Debatte über die Beendigung des Lockdowns wegen des Versammlungsverbotes gar nicht möglich. Es bestimmt weiterhin der Bundesrat über uns und das auf unbestimmte Zeit. Dieser Bundesrat wird von Experten beraten, die namentlich nicht bekannt sind. Es gibt auch keine Informationen darüber, ob es in den Expertengremien kritische Stimmen gab und wie allfällige Abstimmungen in den Gremien ausgefallen sind. Wir haben also in unserer wohl austarierten und auf Gewaltentrennung bedachten Demokratie einen gröberen Systemfehler. Unser Epidemiengesetz braucht dringendst ein «Update» (wenn wir schon bei den Anglizismen bleiben möchten).Martin Walser, KriessernTablets für alle?Die OMR will die Digitalisierung der Schule weiter vorantreiben und jedem Oberstufenschüler ein Tablet zur Verfügung stellen. Dazu sind Investitionen in der Höhe von einer halben Million Franken nötig. Im Zuge der aktuellen Coronasituation haben die Verantwortlichen entschieden, die Tablets bereits diesen Sommer (früher als ursprünglich geplant) für alle Klassen zu beschaffen. Sie bitten daher die Stimmberechtigten um ihr «Ja» am 17. Mai. In einem Youtube- Spot erklären Vertreter der Schüler, Lehrer und Schulleitung, weshalb dieser Schritt notwendig sei. Im Vordergrund stehen dabei (nebst Corona) die alltäglichen Erleichterungen für Lehrer und Schüler sowie die Modernisierung und Individualisierung des Unterrichts. Inwiefern sich der vermehrte Einsatz von digitalen Endgeräten positiv auf das Lernen auswirkt, wird leider nicht dargelegt. Dieses Kriterium würde mich als Vater allerdings viel mehr interessieren als die Frage, wie viele Bücher meine Kinder in die Schule schleppen müssen oder wie bequem die Verteilung und Kontrolle von Arbeitsblättern ist.Liegt es vielleicht daran, dass sich bisher keine positiven Auswirkungen auf den Lernerfolg belegen lassen? 2015 wurde bspw. eine gross angelegte OECD-Studie mit dem Titel «Students, Computers and Learning – making the connection» publiziert (für jedermann im Internet frei zugänglich). Sie zeigt u. a., dass die Leistungen der Schüler mit zunehmenden Investitionen der einzelnen Länder in elektronische Endgeräte über die Jahre signifikant abnahmen. Unterdessen warnen auch Fachleute aus Neurowissenschaft, Didaktik und Psychiatrie eindringlich vor den negativen Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung auf die Bildung und Gesundheit der Schüler. Das lässt doch aufhorchen und wäre ein Anlass, zumindest kurz innezuhalten und kritisch zu hinterfragen, wie zielführend «Tablets für alle» wirklich sind. Und die Frage muss erlaubt sein, ob eine OMR mit Tablets ihrem Kernauftrag tatsächlich besser nachkommen wird als ohne – Corona hin oder her. Übrigens: Ich bin selbst Software-Entwickler und kein Technikfeind. Wenn jemand Untersuchungen mit gegenteiligen Ergebnissen kennt, wäre ich sehr daran interessiert.Daniel Kobe, BalgachGedanken aus der QuarantäneAnsteckender als das Corona-virus selbst dürfte die einfache Beeinflussung unseres globalen Systems sein. Die Äusserung eines Politikers, ein Husten am richtigen Ort, ein Anschlag – es gibt viele Beispiele, die zeigen, wie leicht die Wirtschaft in einen Abwärtsstrudel gesteuert werden kann.Wer sagt uns, dass die Situation nicht gesteuert wurde? Vielleicht sollte uns vor Augen geführt werden, wie negativ sich Globalisierung, Wirtschaftspools oder politische Gemeinschaften auswirken können, wenn man sie manipuliert? Wie sensibel diese Gebilde reagieren, zeigen die Aktienmärkte. Schlimmer noch im persönlichen Umfeld, wenn Arbeitsplätze nicht mehr sicher sind, das soziale Gefüge ins Wanken gerät und noch krasser, wenn das Schul- und Ausbildungssystem Gefahr läuft, für die Nachkommen eine unsichere Zukunft heraufzubeschwören.Aufgefallen ist auch die Uneinigkeit in politischen Interessengemeinschaften wie der EU. Das zeigt, wie labil diese Systeme sind. Lernen wir daraus? Oder ist man schnell wieder im alten Trott? Schlimm ist, dass wir im Würgegriff der Finanzwirtschaft sind und deren Manipulationen ohnmächtig hinnehmen müssen. Abwehrmassnahmen sind nicht möglich, weil sie von unserer Finanzgesellschaft im Vorfeld bereits abgeblockt werden.Ich nehme die Politiker aller Ebenen in die Pflicht, die eigenen Interessen (vor allem in der finanziellen Vorteilnahme) zum Wohl der Bürger hintan zu stellen und nicht nur Profiteure zu sein, was zweifellos auch in Pandemiezeiten funktioniert.Nebenbei bemerkt: Aktuelle Zahlen zu den Sterbefällen zeigen, dass die Sterberaten von über 65-Jährigen von den Vorjahren ohne Pandemie nicht wesentlich abweichen. Sozialwesen, Gesundheitssystem und Wirtschaft kollabieren trotzdem beinahe. Positiv ist, dass auch für diesen Fall in unserem Schlaraffenland genügend finanzielle Mittel aufzutreiben sind.Blicken wir nach vorne, nicht aber ohne Aufarbeitung der gemachten Fehler für ein künftiges Miteinander! Vielleicht merken auch Grossaktionäre und Wirtschaftsbonzen, dass es Wichtigeres gibt als Gewinnstreben; dass ein Miteinander besser ist als ein Gegeneinander mit Schuldzuweisungen; dass die Schere zwischen Arm und Reich viel zu gross ist und Gewinnstreben nicht das einzig Wahre ist; dass Freundschaften, gute Nachbarschaften und die Familie wichtiger sind als politische und wirtschaftliche Kontakte; dass Persönliches und Zusammensein wieder in den Vordergrund rückt – und dass dies erstrebenswerte Ziele sind.Karl Bichler, Rebstein

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