17.09.2020

«Das Dorf schläft nicht mehr»

Vor fünf Jahren haben sich sechs Auer Frauen zur Gruppe 65+ zusammengeschlossen. Mit beachtlichem Erfolg.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Monika von der LindenIm Wintergarten plätschert ein Brunnen. In der Mitte des Raumes steht ein grosser Tisch. Er bietet Platz genug für Dekoration, Büroordner, Kaffee, Gipfeli und Getränke. Und für die Frauengruppe 65+ – Komm doch auch mit. Zum Treffen des Teams mit der Journalistin bringt Ruth Zoller Guetzli mit. Sie hat die kleinen Mailänderli selbst gebacken und schenkt jedem ein Päckli.Mit gleicher Sorgfalt und Aufmerksamkeit, wie Gastgeberin Ursula Zoller die Sitzung vorbereitet hat, organisieren sechs pensionierte Frauen – Ruth Zoller-Stähli, Ursula Zoller, Marlis Zoller, Lore Zoller, Lisa Palm und Lydia Cristuzzi – Veranstaltungen für Menschen, die 65 Jahre alt oder älter sind. Die Frauen der Gruppe 65+ kennen sich bereits länger als aktive Mitglieder des Altersturnens im Spiel- und Gymnastikverein Au. Vor einigen Jahren störte sich Ruth Zoller daran, dass sie in dieser Zeitung häufig von Anlässen für Seniorinnen und Senioren las. Sie fanden nämlich in anderen Dörfern des Rheintals statt, nicht aber an ihrem Wohnort. «Au war ein verschlafenes Dorf», sagt sie. Ruth Zoller wandte sich an Pro Senectute in Altstätten und brachte ihr Anliegen vor, Veranstaltungen auch im Unterrheintal besuchen zu können. Innert kurzer Zeit fanden sich FreiwilligeAls sie die erhoffte Resonanz ausblieb, suchte und fand Ruth Zoller in Lydia Cristuzzi eine erste Mitstreiterin. Die pensionierte Bänkerin war als eine engagierte Organisatorin im Dorf bekannt.Dann ging es schnell. Innert kurzer Zeit bildete sich die Gruppe 65+ (Renate Weber und Fridy Hohl wirkten von Beginn an bis Ende 2019 mit. Marlis Zoller, Lore Zoller und Lisa Zoller stiessen Anfang 2020 hinzu). Es wäre schön, auf die Unterstützung der politischen Gemeinde zählen zu können, sagten sich die Pensionierten. Also sprachen die Damen beim Gemeindepräsidenten vor. «Christian Sepin war hell begeistert. Wir hatten ein pfannenfertiges Projekt ausgearbeitet», sagt Ursula Zoller. Erster Anlass war ein Schiffsausflug nach LindauZur ersten Veranstaltung im Jahr 2016 – ein Schiffsausflug nach Lindau – spendierten die politische Gemeinde und die Ortsgemeinde jeweils einen Apéro. Inzwischen gewähren sie einen jährlichen Beitrag von insgesamt 3000 Franken. Seit dem Auftakt treffen sich die Organisatorinnen etwa einmal pro Monat. Sie sind zu einer harmonischen und ideenreichen Gemeinschaft geworden. «Dich habe ich vorher nicht so gut gekannt, obwohl wir miteinander geturnt haben», sagt Ruth Zoller zu Ursula Zoller. Die Gemeinschaft stellt Ausflüge, Besichtigungen, Unterhaltungsnachmittage oder auch Kinobesuche auf die Beine. Es nehmen bis zu 190 Seniorinnen und Senioren teil. An einem Ausflug sind drei Cars unterwegs. Erleben und Geselligkeit: Das Motto, unter dem die Damen Menschen zusammenbringen, kommt gut an. «Manchmal sind wir eine Singlebörse. Im Kino hat ein Paar zueinander gefunden», sagt Ruth Zoller. Die Teilnehmer schätzen das Angebot. Einsame Menschen, die nur noch eingeschränkt mobil sind, erleben schöne Stunden im Kreise Gleichgesinnter. Meist ist das Programm zweitrangig, es zählen die angenehme Atmosphäre und der Austausch. Dennoch sucht das Vorbereitungsteam Themen und Ziele aus, die nicht alle Gruppen anbieten. «Es soll etwas Neues sein», sagt Lisa Palm.Die Gruppe 65+ ist keine Eintagsfliege. «Die Leute warten immer schon auf den nächsten Anlass», sagt Marlis Zoller. Auch lassen sich die freiwillig arbeitenden Frauen nicht von der Coronapandemie einschüchtern. «Dieses Jahr haben wir zwar unseren Ausflug und den Herbstanlass abgesagt», sagt Lydia Cristuzzi. Aber für das nächste Jahr hat das Team bereits Pläne. «Aus jedem Anlass gehen auch wir gestärkt hervor», sagt Ursula Zoller. Die Zufriedenheit der Teilnehmer lässt den Schluss zu, dass die Seniorinnen ihr Ziel erreicht haben. «Au schläft nicht mehr», sagt Lydia Cristuzzi. «Inzwischen machen es uns andere Gruppierungen im Dorf nach.» Der Bestand scheint gesichert. Anfang Jahr stiessen zwei Frauen zum Team. Und einige haben Interesse bekundet für die Zeit, in der sie 65+ Jahre alt sind. Schön wäre, gesellten sich auch Männer zum Damenteam. Als Helfer stellen sich bereits einige in den Dienst der Freiwilligenarbeit.HinweisDas Treffen mit den Seniorinnen fand kurz vor dem Lockdown statt. Wir wollten kein falsches Signal setzen. Deshalb erscheint der Artikel erst heute.

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