Die St. Galler SVP verliert ein Schwergewicht im Bundeshaus: Toni Brunner hat genug. Nach 23 Jahren im Nationalrat kündigt den Rücktritt auf Ende Jahr an. Am allermeisten interessieren wird diese Nachricht Mike Egger: Der Kantonsrat aus Berneck ist erster Ersatz auf der SVP-Liste. Seine Nichtwahl im Oktober 2015 hatte ihn schwer enttäuscht: Er verpasste den Sprung nach Bern um knapp 600 Stimmen – Barbara Keller-Inhelder ergatterte den fünften Sitz der St. Galler SVP. Ähnlich wie Toni Brunner, der mit 21 Jahren nach Bern gewählt wurde, ist Egger früh in seine politische Karriere gestartet. Schon als 19-Jähriger zog Egger in den Kantonsrat ein, jetzt ist er 26 – und das Ticket nach Bern liegt bereit. Ob er das Mandat annimmt, dürfte davon abhängen, ob er es mit seiner Arbeit unter einen Hut bringt. Auf seinen Beruf hat Egger schon oft mit Stolz hingewiesen – er ist Metzger (offiziell: Fleischfachmann). Inzwischen hat er mehrere Weiterbildungen absolviert und ist in seinem Betrieb, der Micarna in Bazenheid, zum «Projektleiter Frischfleisch» aufgestiegen. Im Gespann
mit Lukas ReimannPolitisch spannte Egger schon früh mit Parteikollege Lukas Reimann zusammen: Er war bereits als Teenager im Wahlkampfteam des Wilers. Zwar wehrte sich Egger stets dagegen, als Zögling von Reimann bezeichnet zu werden. Doch er lobte dessen politischen Stil: «Die Zeit des Polterns ist vorbei», sagte Egger nach seiner Wahl ins Kantonsparlament. «Da muss sich die SVP ändern.» Schweizweit Beachtung fand dann ein gemeinsamer Auftritt von Reimann und Egger 2015: Sie präsentierten einen Massnahmenkatalog gegen religiösen Extremismus. Die darin enthaltenen Zahlen lösten heftige Diskussionen aus. Harte SVP-Linie und
überraschende VorstösseAls Kantonsrat fährt Egger eine stramme SVP-Linie. Er kämpfte an vorderster Front für das Verhüllungsverbot im Kanton, fordert strengere Vorgaben für Einbürgerungen und die Sozialhilfe sowie eine härtere Gangart gegenüber Kriminellen und illegal anwesenden Ausländern. Dabei habe er nichts gegen Ausländer an sich, sagte Egger einmal gegenüber «20 Minuten»: Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter in seiner Firma hätten einen Migrationshintergrund, er sei auch mit Ausländern befreundet. «Ich schätze Leute, die sich integrieren und mit anpacken.» Immer wieder erregte Egger mit überraschenden Vorstössen Aufsehen, etwa mit der Forderung, das Volk müsse über Löhne von Behördenmitgliedern abstimmen können. Seinen eigenen Lohn und die Entschädigung für sein Kantonsratsamt legte er im «Rheintaler» bereitwillig offen. Chargen in der Parteileitung hat Egger derzeit keine. Im Vorstand der Kreispartei Rheintal hatte er sich vor eineinhalb Jahren entlasten lassen und das Ressort Internet und Medien abgegeben. Er wolle die Zeit, die er dafür verwendet habe, lieber auf kantonaler Ebene einsetzen. «Ich bin nach wie vor heiss aufs Politisieren», sagte er damals. Ob er das bald in Bern tut, wird sich zeigen.