Alessia PaganiVergangene Woche hatte der Kanton Appenzell Ausserrhoden eine Lockerung der Besuchseinschränkungen unter anderem für Alters- und Pflegeheime kommuniziert. Diese ist am Montag in Kraft getreten. Das heisst allerdings nicht, dass Besucher einfach so in die Heime spazieren dürfen. Denn: Das generelle Besuchsverbot gilt nach wie vor. Die Alters- und Pflegeheime werden weiterhin nicht öffentlich zugänglich sein. Dies bestätigt Yvonne Blättler, Abteilungsleiterin Pflegeheime und Spitex des Kantons, auf Nachfrage. «Die Besuchseinschränkung in den Häusern bleibt bestehen», so Blättler. Damit ist klar: Mit der angekündigten Lockerung ändert sich für die Alters- und Pflegeheime in Ausserrhoden nichts. Denn wie Blättler erklärt, haben alle Institutionen bereits Begegnungszonen für Angehörige und Bewohnende geschaffen, welche Treffen dennoch ermöglichen.Das Betreuungszentrum Risi in Schwellbrunn beispielsweise hat bereits vor Ostern einen abgetrennten Besucherraum eingerichtet. Seither können sich die Bewohnerinnen und Bewohner im Eingangsbereich zum Café mit ihren Angehörigen oder Bekannten treffen. Der Besucherraum verfügt über zwei separate Eingänge, die Besucher sind von den Bewohnern durch eine Glasscheibe getrennt. «Besucher und Bewohner können sich sehen und hören, ohne dass ein direkter Kontakt zustande kommt», sagt Cristina Bieber Grontzki. Die Leiterin Pflege und Betreuung und stellvertretende Heimleiterin weiss um die Wichtigkeit der sozialen Kontakte: «Es ist für die Mehrheit der Bewohnerinnen und Bewohner sehr schwierig, keinen direkten Kontakt zur Aussenwelt zu haben.» Das Angebot steht ohne Voranmeldung täglich von 14 bis 17 Uhr zur Verfügung. Dadurch, dass das Risi nur 40 Bewohnerinnen und Bewohner beherberge, laufe die Koordination gut, so Bieber Grontzki. «Wartezeiten gibt es selten, und wenn, dann achten wir gezielt auf das Social Distancing.» Durch die komplette Trennung sei die Gefahr einer Ansteckung nicht gegeben. Besucher haben die einzige Pflicht, ihre Hände vor Betreten des Raums zu desinfizieren. Der Besucherraum wird jeden Abend gereinigt und die Oberflächen desinfiziert. Die Anstrengungen, eine Ansteckung zu verhindern, gehen im Risi noch weiter: So werden Geschenke während 48 Stunden in einem separaten Raum eingelagert. «Es ist bekannt, dass das Virus auf verschie-denen Oberflächen mehrere Tage überleben kann. Mit dem Einlagern der Geschenke soll das Risiko minimiert werden, dass das Virus auf diesem Weg ins Haus gelangt», erklärt Cristina Bieber Grontzki.Angebot in Herisau wird ausgebautAnfangs hatte das Risi noch auf Skype gesetzt, um den Kontakt zur Aussenwelt aufrechtzuerhalten. «Dieses Angebot wurde von den Bewohnenden nicht genutzt, obwohl die Unterstützung durch das Personal da war», sagt Cristina Bieber Grontzki. Die jetzige Lösung hingegen werde sehr geschätzt. «Natürlich gibt es sowohl Bewohner als auch Angehörige, die die Besuchseinschränkungen übertrieben finden und sich normal treffen möchten. Aber es ist zum Glück eine Minderheit.»Auch andernorts mussten die Bewohnerinnen und Bewohner nicht gänzlich auf soziale Kontakte verzichten. Die Stiftung Altersbetreuung Herisau hat bereits Ende März im Heinrichsbad einen Begegnungsort geschaffen. Bewohner können ihren Angehörigen während 15 Minuten in einem beheizten Pavillon gegenübersitzen. Dieser Tage wird das Angebot auf alle Häuser ausgeweitet. So bekommt das Altersheim Ebnet und das Haus Park beim Heinrichsbad einen Container, das Dreilinden sowie das Haus Waldegg beim Heinrichsbad erhalten spezielle, durch Schreiner gefertigte Besucherboxen. Die Besucherboxen im Ebnet, im Park und im Dreilinden stehen ab Samstag bereit. Allen Begegnungsräumen ist gemeinsam, dass sie einen Körperkontakt ausschliessen. Es werden durchgängige Glasscheiben eingebaut, die Kommunikation erfolgt via Gegensprechanlage beziehungsweise Telefon. «Der Vorteil ist, dass die Räume hermetisch abgeriegelt sind und der Kontakt länger gepflegt werden kann», sagt Detlef Schmidt, Leiter Betreuung und Pflege der Stiftung Altersbetreuung Herisau. «Durch die komplette Trennung der Besucher von den Bewohnenden kann der Hygieneschutz auch ohne Maske gewährleistet werden», so Schmidt weiter. «Das oberste Gebot ist und bleibt der Schutz vor einer Ansteckung.» Das Angebot steht wie im Risi allen Bewohnenden offen. Dies bedingt, dass die Besucherboxen rollstuhlgängig sind. Besuche können kurzfristig angemeldet werden. Schmidt ist froh, dass das Verständnis für das generelle Besuchsverbot mehrheitlich vorhanden ist. «Je länger aber solche Massnahmen andauern, desto schwieriger wird es. Zumal die Bewohnerinnen und Bewohner nicht verstehen, dass überall von Lockerungen gesprochen wird, diese für sie aber nicht gelten.»Die Angebote werden gemäss den Verantwortlichen rege genutzt. Sie bedeuten allerdings auch einen Mehraufwand. «All die Massnahmen sind zeitintensiv, aber wir nehmen die Arbeit gerne auf uns, weil wir wissen, wie wichtig diese Besuche sind», so Bieber Grontzki. Auch in Herisau wird einiges an Zusatzaufwand betrieben. Spaziergänge oder Aktivierungs- und Beschäftigungsangebote sollen so viel Normalität wie möglich in den Alltag bringen. Dies gelingt nur bedingt. «Wir versuchen alles, um den Bewohnenden die Zeit ein wenig erträglicher zu machen. Aber wir merken, dass ihnen etwas fehlt. Die Psyche leidet sehr unter der Situation, der Leidensdruck nimmt zu», so Schmidt. «Wir Mitarbeitenden können die fehlenden sozialen Kontakte zu Angehörigen, Bekannten und Freunden nicht ersetzen.»Individuelle Lösungen für die HeimeYvonne Blättler geht davon aus, dass die Besuchseinschränkung in Alters- und Pflegeheimen noch länger andauern könnte. Gerade deshalb seien solche Begegnungsorte richtig und wichtig. «Die soziale Isolation hat starken Einfluss auf die Gesundheit der Bewohner. Die Sehnsucht nach den Angehörigen und Bekannten ist bereits jetzt gross.» Nichtsdestotrotz sei es wichtig, dass gerade diese Risikogruppe weiterhin geschützt werde und keine leichtsinnige Öffnung erfolge.Der Kanton unterstützt und berät die Alters- und Pflegeheime bei Bedarf. Richtlinien für die Begegnungszonen hat er noch nicht herausgegeben. Wie der Kommunikationsleiter Georg Amstutz sagt, müssen die Institutionen je nach Platzverhältnissen und Heimgrösse individuelle Lösungen suchen. «In jeder Institution ist die Situation anders. Bedingung ist einzig, dass die Treffen in festgelegten Zonen, möglichst ausserhalb der Häuser, stattfinden und dass die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden.» Dabei müssen die Institutionen selbstständig entscheiden, welche Massnahmen nötig sind, wie etwa Voranmeldungen, ein Begrenzen der Besuchszeiten und -dauer, das Desinfizieren der Räumlichkeiten nach den Besuchen oder die Tragepflicht von Schutzmasken.