10.05.2021

Das besondere Hobby der Stadträtin

So geht Umweltschutz auf dem Stand Up Paddle: Die Rheineckerin Katharina Linsi fischt mit Freunden Unrat aus dem Alten Rhein.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Die SP-Stadträtin spricht von einer Leidenschaft fürs Abfallsammeln: «Man hat das Gen oder man hat es nicht. Wir haben es.» Seit bald zwei Jahren ist Katharina Linsi mit Kerstin Blochinger und Christoph Hutter regelmässig mit dem Stand Up Paddle (SUP) auf dem Alten Rhein zwischen St. Margrethen und der Mündung bei Altenrhein unterwegs, zu jeder Jahreszeit. Aufgefallen ist ihnen der schwimmende Abfall im Winter 2019/20. «Dieser stört das friedliche Bild der Natur», sagt Linsi. «Wir haben uns vorgenommen, uns darum zu kümmern, sobald es etwas wärmer wird.»Der Corona-Frühling 2020 führte die drei Befreundeten häufig aufs Wasser und das Sammeln von Abfall nahm seinen Lauf. Mittlerweile ist es für die Stehpaddler fast unmöglich geworden, an einer PET-Flasche oder Plastiksäcken vorbeizufahren, ohne sie mitzunehmen.Schlechtes Wetter bringt mehr AbfallDie Liste des Treibguts ist lang: Von der Bierdose bis zur Matratze haben sie schon massenhaft unerwünschte Gegenstände aus dem Wasser geholt. «Die Ausbeute ist wetterabhängig», sagt Katharina Linsi. «Hat es stark geregnet und führt der Rhein plötzlich viel Wasser, hat es viel Schwemmmaterial. War es föhnig und stürmisch, wird viel Abfall, vor allem auch Baumaterial, in den Alten Rhein geweht.»Oft hänge der Abfall fest in den Ästen, die sich entlang des Ufers ins Wasser neigen. Tennisbälle nimmt Katharina Linsi für einen Hündeler mit nach Hause. «Einmal tauchte ein Sixpack Bier auf, das ich beim Rheinecker Hafen den Paddlern zurückgeben konnte, denen es wohl aus dem Boot gefallen war.»[caption_left: Die Stand-Up-Paddler fischen jede Menge Abfall aus dem Alten Rhein.]Eine zusätzliche Ausrüstung ist auf der Sammeltour nicht nötig. Der Abfall lasse sich hinten und vorne auf das Brett laden und unter vorhandene Gummibänder klemmen. Mit dem Paddel erreichen sie auch hartnäckig verfangene Gegenstände. «Nur selten müssen wir etwas liegen lassen. Höchstens, wenn es am Ufer wenig Wasser hat und wir sonst stecken blieben.»Auch schwerere Gegenstände transportieren sie, «auch wenn man dann merklich instabil auf dem Brett steht», sagt Katharina Linsi. «Aber wir sind ganz gut geübt.»Eine Flaschenpost darf weiterschwimmenWas organisch abbaubar ist, lassen sie weiterschwimmen. Oder eine Flaschenpost. «Einmal fand ich einen berührenden Brief einer jungen Frau an ihren verstorbenen Freund, diesen musste ich wieder dem Wasser zurückgeben, damit die Botschaft übers Universum vielleicht irgendwann am richtigen Ort ankommt.» Immer wieder kommt es vor, dass die Wassersportler einen Zwischenstopp machen müssen, an Orten, wo es Abfallkübel hat, um abzuladen. Sie deponieren alles bei den öffentlichen Kübeln. «Wir sind uns bewusst, dass die Gemeindemitarbeitenden den Abfall entsorgen müssen», sagt die Stadträtin. «Herzlichen Dank für diese Dienstleistung!»Katharina Linsi, Kerstin Blochinger und Christoph Hutter handeln, weil sie der Natur Sorge tragen möchten. «Meine Freunde und ich waren uns immer wieder einig, was für eine Entdeckung es ist, mit dem SUP mitten in einer Tier- und Pflanzenwelt unterwegs sein zu dürfen, trotz Corona, bei jedem Wetter», sagt Katharina Linsi. Sie verbinden den Beitrag an den Umweltschutz mit Spass, Geselligkeit und Ehrgeiz.Bewusstsein wecken im Kampf gegen LitteringOft wird ihnen gedankt und manche Spaziergänger zeigen ihre Wertschätzung, indem sie behilflich sind beim Bergen des Abfalls. Häufig seien Kommentare zu hören: «Würden alle ihren Abfall mit nach Hause nehmen, bräuchte es solches Engagement gar nicht.»[caption_left: Das freiwillige Müllsammeln hilft, das Gewässer sauber zu halten.]Leider bleibe mehr als genug zum Sammeln. «Wir haben auch andere Sammler getroffen, die mit Kanu oder Motorböötli unterwegs sind und ebenfalls herausfischen, was ihnen begegnet», sagt Katharina Linsi. «Wenn solche Aktionen von den Menschen wahrgenommen werden und zu einem bewussteren Umgang mit Abfall führen, haben wir sicher ein Ziel erreicht.»Und sie ergänzt mit einer subtilen Aufforderung: «Nicht nur im Wasser hat es herumliegenden Abfall, es gibt weitere Betätigungsfelder für Menschen, die das Abfallsammel-Gen entwickeln.»

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