Schon mit fünf kannte er alle Vögel, und auf der Erstsek-Schulreise hinterliessen die intakten Schilfbestände und die vielen Hinterwässer des heutigen Naturschutzgebiets Alter Rhein einen tiefen Eindruck. Während der Zeit am Lehrerseminar in Rorschach erkundete Walter Gabathuler die Vogelwelt am Alten Rhein zusammen mit einem Studienkollegen, der ein Ruderboot besass.Walter Gabathuler war in Rheineck 44 Jahre als Reallehrer tätig und führte während 25 Jahren die regionale Berufswahlklasse. Nebenher setzte er sich zeitlebens für die Allgemeinheit ein. Er führte 30 Jahre die örtliche Volksbibliothek, gehörte 30 Jahre der Feuerwehr an, davon ein gutes Jahrzehnt als Vizekommandant, präsidierte etwa 20 Jahre die Tuberkulosefürsorge Thal Rheineck St. Margrethen, war von 1981 bis 1997 Rheinecks evangelischer Kirchenpräsident, wirkte über ein Jahrzehnt als Turnexperte und war sowohl an der Gründung und Durchführung der Staatsbürgerkurse als auch an der Einführung des freiwilligen neunten Schuljahres beteiligt.Als er klein war, gab es noch keine NaturschutzvereineDer mit sechs Brüdern in Oberschan aufgewachsene Walter Gabathuler hätte eigentlich «die Schwester werden sollen», wie er lächelnd meint. Sein Vater, ein an der Natur interessierter Briefträger, habe die Geburt seines siebten Sohnes später aber freudvoll kommentiert, indem er sagte: «Simmer froh, händ mer di ono.» Als er den Vater in alle Ecken seiner Briefträgertour begleitete und ihm beim Verteilen half, gab es noch keine Naturschutzvereine.Auch die Autobahn bestand noch nicht, als Walter Gabathuler in Rheineck Reallehrer wurde. Mit dem Bau im Jahre 1964 wurden «die Schilffelder Stück für Stück zugeschüttet», erinnert er sich, doch wenigstens seien im Gebiet Eselschwanz durch die Kiesentnahme zwei grosse Baggerseen entstanden, die rasch den Enten-, Graureiher- und Eisvogelbestand gefördert hätten. «Bald krächzten im nahen Auenwald die ersten jungen Graureiher und auf der Kiesinsel brüteten bald Stockenten und jetzt zunehmend auch Kolbenenten.» Aus einer 1970 entstandenen Opposition gegen den Autobahnbau durch besiedelte Gebiete entstand die Gründung des Naturschutzvereins St. Gallen.Für unermüdlichen Einsatz zwei Preise erhaltenDie Erklärung des Gebiets am Alten Rhein zum Naturschutzgebiet war Walter Gabathuler früh ein besonderes Anliegen gewesen. Wegen des hohen Limikolen- und Entenvorkommens am Alten Rhein wurde die Gegend zu einem wichtigen nationalen Limikolenschutzgebiet erklärt. Für seinen unermüdlichen Einsatz, der auch Arbeiten für die Vogelwarte Sempach einschloss, erhielt Walter Gabathuler in den Achtzigerjahren – zusammen mit einem Kollegen – einen mit je 3000 Franken dotierten Preis des Lions Clubs Rheintal überreicht. Das Geld verwendete er für den Bau eines (im Rheinspitz schwimmenden) Flosses.Schon 1948 waren den gefährdeten Flussseeschwalben von damaligen Vogelfreunden solche sicheren Brutplätze am unteren Alten Rhein angeboten worden. Mit dem Hochwasser von 1999, sagt Walter Gabathuler, seien die Flussseeschwalben und Lachmöwen von unseren Kiesinseln verschwunden und aus unbekanntem Grund nicht wiedergekehrt. Nur auf einer Kunstseeinsel im Rheinspitz konnte Walter Gabathuler in den beiden letzten Jahren wieder gut zwanzig junge Seeschwalben zählen.Einen weiteren Preis, den der Ornithologe vom Lions Club Rorschach erhielt, setzte er für Literatur ein. An der diesjährigen HV des Rheinecker Vereins für Vogelschutz überliess der ehemalige Lehrer dem Verein zwölf Bände der Naumann-Vogelkunde, auch anderes hat er inzwischen verschenkt, zum Beispiel der Schule verschiedene Stopfpräparate.Im Gegensatz zu seinen Eltern, die lauter Buben hatten, bekamen er und seine Frau drei Mädchen. Alle spielen Geige oder Cello, haben die Musik zu ihrem Beruf gemacht oder wirkten in Orchestern mit. Eine Enkelin Walter Gabathulers, Maruja Laukas aus Sargans, stand im August im Luzerner KKL als Orchestermitglied mit der berühmten Geigerin Anne-Sophie Mutter auf der Bühne.Freude an Musik und VogelstimmenWalter Gabathuler hört viel klassische Musik und erfreut sich nach wie vor an Vogelrufen und -gesängen. Gern begibt er sich für sie ins Schutzgebiet. Für Menschen ohne Zeit, bemerkt er schmunzelnd, gebe es inzwischen Apps. Dass die Natur viel Spannendes zu bieten hat, gerade auch den Kindern, sah der Lehrer jedes Mal bestätigt, wenn die Schülerschaft die Möglichkeit erhielt, mit ihm um fünf Uhr morgens leise und behutsam das Gaissauer Riet zu erkunden. An diesen freiwilligen Exkursionen hätten sich jeweils drei Viertel der Schülerinnen und Schüler beteiligt, sagt Walter Gabathuler, der sich heute gern um Haus und Garten kümmert, sich fröhlich den Schönheiten des Alltags zuwendet und eine Erkenntnis gewonnen hat, die er vermutlich mit wenigen teilt: «Das Altwerden ist schön.»