Ein Dezembersonntag, in der Turnhalle des Oberstufenzentrums Kleewies spielen die U16-Junioren von Basketball Diepoldsau gegen Wattwil. Es ist nach wenigen Minuten sichtbar: Die Gastgeber haben das Spiel unter Kontrolle, fast nur sie werfen Körbe. Die Diepoldsauer schrauben das Skore unerbittlich in die Höhe – die Partie wird den Vorzeichen gerecht, denn so sieht es aus, wenn eine Spitzenmannschaft gegen den Tabellenletzten spielt.
Herzlicher geht es neben dem Spielfeld zu. Wer die Halle betritt, bekommt freundliche Willkommensgrüsse der Frauen, die den kleinen Kiosk mit Getränken, Kuchen und Hot Dogs führen. Auch Sladjana Zekovic begrüsst die Gäste. Viele Fans sind es nicht, es sind Eltern und Kollegen der Spieler, die sich hier treffen. Zekovic sagt lachend, sie sei im Verein «Mädchen für alles». In der Tat laufen bei der Vizepräsidentin die Fäden zusammen, besonders, was Organisatorisches betrifft.
«Vielleicht war das im Nachhinein ein Fehler»
Zu organisieren gab es im Sommer viel. Basketball Diepoldsau hatte sich in der Coronazeit gegründet, noch nicht mit der Absicht, an der Meisterschaft teilzunehmen. Doch später äusserten die Spieler den Wunsch, sich mit anderen Teams zu messen. Clubpräsident Yves Munz sagt:
Wir sagten, wir würden uns im Verband anmelden, wenn die Spieler 85 Prozent der Trainings besuchen. Das haben sie dann auch wirklich geschafft.
Also war es an Zekovic, dies aufzugleisen. Drei Mannschaften meldete sie in der Meisterschaft an, in der Tabelle steht bei ihnen der Vermerk «ausser Konkurrenz». Das bedeutet, dass in den Teams zwei Spieler mitspielen dürfen, die ein Jahr älter sind als das für die Kategorie vorgesehene Alter. «Wir haben im Sommer noch nicht gewusst, ob wir die Teams wirklich stemmen können, weshalb wir uns für diese Lösung entschieden. Vielleicht war das im Nachhinein ein Fehler. Ausser Konkurrenz zu spielen heisst nämlich, dass die Teams nicht aufsteigen dürfen», sagt Sladjana Zekovic.
Ostschweiz als Wüste in der Basketball-Landschaft
Unter den Mannschaftssportarten nimmt Basketball in der weiteren Region keine wichtige Rolle ein. In der höchsten Schweizer Liga spielen bis auf Starwings Basket Regio Basel ausschliesslich Vereine aus der Romandie und dem Tessin. Auf der Schweizer Seite des Rheintals gibt es ausser Diepoldsau keine Clubs; es gibt sie in Vorarlberg – Mörschwil, Arbon und Schaan sind auch nicht allzu weit entfernt. Dennoch ist es ein Sport, der auf den Pausenplätzen sehr beliebt ist. Und dessen Aushängeschild, die amerikanische NBA, auch hier viele Fans hat.
Yves Munz, Sladjana Zekovic und Aktuarin Nadine Söldi leisten Pionierarbeit. Es gab vor gut 25 Jahren an der Kanti Heerbrugg zwar schon einmal einen Basketballclub, dieser hat sich aber nicht gehalten. In Diepoldsau will man es besser machen. Der Präsident sagt:
Wir wollen uns in allen Altersklassen etablieren.
Doch der 30 Spieler zählende Verein steht auch vor schwierigen Aufgaben.
«Wir könnten noch viel grösser sein, aber ...»
Die Herausforderungen sind vor allem, genug Trainer und genug Hallenzeit zu finden. «Wir können Trainer für ein Jahr provisorisch anmelden, danach ist eine J+S-Ausbildung aber Pflicht. Das schreckt einige Kandidaten ab: Nicht, weil sie die Ausbildung nicht machen wollen, sondern weil ihnen die Zeit dazu fehlt.» Der Präsident ergänzt: «Trainer müssen sich verpflichten. Diese Bereitschaft ist nicht allen Kandidaten gegeben.»
Mit Andreas Walter hat der Verein einen engagierten J+S-Trainer, es bräuchte aber mehr. Munz sagt: «Wir könnten noch viel grösser sein, aber wir haben nicht genug Trainer, um weitere Teams zu stellen.» Seit der Verein existiert, gebe es viele Anfragen von Interessierten, auch von Mädchen. Doch noch fehlen dem Verein die Möglichkeiten, allen Anfragen gerecht zu werden. Auch der Platz in den Rheintaler Sporthallen sei sehr knapp.
Der Verein muss und will sich breiter aufstellen
Und der Club ist noch nicht breit genug aufgestellt. «Es sind immer noch wir drei Gründungsmitglieder, die ihn führen», sagt der Präsident. Der Verein plane nun aber, die Eltern mehr einzubeziehen – und Sponsoren zu suchen. Allein die Anmeldung für den Meisterschaftsbetrieb war eine finanzielle Herausforderung, das soll sich ändern.
Wie das funktionieren kann, sagt Trainer Senad Kozlica. Er hat mit den U14-Buben nach der U16-Partie ein Spiel und trifft gut gelaunt in Diepoldsau ein. Er erklärt:
Wir fragen die Eltern, wie viel Zeit pro Woche sie für den Verein aufwenden könnten. Wenn es nur eine halbe Stunde ist, ist das auch gut – in einer halben Stunde lässt sich auch einiges erledigen und wir sind dankbar für jeden Einsatz.
Er führt aus, der Club wolle weiter wachsen – auch, um später einmal eine U22- oder eine Aktivmannschaft stellen zu können, denn die aktuellen Spieler werden ihren Kategorien naturgemäss irgendwann entwachsen. «Unser Standing in Dorf und Region ist zurzeit noch nicht sehr gross, wir müssen es uns erarbeiten. Aber wir sind sehr motiviert, das zu tun», sagt Kozlica und geht in die Kabine.
Der alte Rekordhalter jubelt mit dem neuen
Zurück in die Halle. Das sehr ungleiche Duell zwischen Diepoldsau und Wattwil neigt sich dem Ende zu und die Rheintaler liegen sehr deutlich vorne. 65:14 stand es einmal, dann 86:19, nun 93:26. Kurz bevor die Diepoldsauer die Hundertermarke knacken, nimmt Wattwil ein Time-out. Dieses nutzt auch Andreas Walter. «Es geht jetzt noch zwei Minuten und zehn Sekunden. Ich will, dass wir die 110 Punkte schaffen», sagt der Trainer in ernsthaftem Tonfall.
Kurz später, das Spiel ist immer noch nicht fertig, brandet lauter Jubel durch die Halle. Es geht längst nicht mehr um den Sieg, sondern um Rekorde. Im ersten Meisterschaftsherbst purzeln diese. Eine Woche zuvor gelangen Damjan Moravac innert eines Spieles 62 Punkte – jetzt schaut der U18-Spieler am Spielfeldrand zu, wie Carlo Frank den Rekord bricht. Mit einem Dreier wirft er die Punkte 62 bis 64 und Moravac freut sich lautstark für Frank. Diese Szene unterstreicht eindrücklich, was für ein Teamgeist entstanden ist.
Am Ende gewinnt Diepoldsau 111:26 und freut sich nach sieben Siegen in acht Spielen über den Gruppensieg. «Wir sind überraschend gut», sagt der Präsident. Dass es mit dem Erfolg so schnell geht, sei nicht absehbar gewesen. Nur: Bis die Teams auch aufsteigen dürfen, dauert es noch ein Weilchen.