25.02.2021

«Da ist das Risiko einfach zu gross»

Am Donnerstag sollte das abgestürzte Flugzeug in Staad aus dem Bodensee geborgen werden. Die Aktion musste abgebrochen werden.

Von Alain Rutishauser
aktualisiert am 03.11.2022
Die leichten Wellen laufen schmatzend am Ufer auf, ab und zu kreischt ein Haubentaucher oder setzt ein Schwan zum Startflug an, sonst ist es ruhig am Hafen in Staad an diesem Donnerstagmorgen. Doch das Ufer füllt sich nach und nach mit Schaulustigen und Medienschaffenden. Ihre Aufmerksamkeit gilt der Fähre, die rund einen Kilometer vom Ufer entfernt auf dem Wasser schwimmt. Um sie herum sind weitere Boote, von der Seepolizei und der Feuerwehr. An diesem Tag ist die Bergung des Flugzeuges angesetzt, das am Vormittag des 18. Februar auf seinem Weg zum Flughafen Altenrhein in den Bodensee gestürzt ist. Schlussendlich, so entschied man kurz nach 18 Uhr aus Sicherheitsgründen, wurde die Bergung abgebrochen und auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch alles von Anfang: Um circa 8.30 Uhr kommt eine Fähre vor dem Hafen in Staad an mit dem Ziel, das Flugzeug zu bergen. Die Kantonspolizei St.Gallen schätzt in einer Mitteilung vom Mittwochabend, dass das Flugzeugwrack, wenn alles planmässig verlaufe, kurz nach 12.30 Uhr an der Wasseroberfläche auftauchen soll.Einsatzkräfte und Tauchteams auf der Fähre«Auf der Fähre sind im Moment etwa 60 Leute, darunter natürlich die rund zehn Taucher, ein Rettungsteam sowie weitere Einsatzkräfte», sagt Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen, am Hafen in Staad. Das dreiköpfige Taucherteam, welches das Flugzeugwrack auf 84 Metern Tiefe bergen will, sind «Vollprofis» von der Kantonspolizei Waadt und Genf. Florian Schneider, ebenfalls Mediensprecher, erklärt das Tauchmanöver: «Dies ist eine sehr heikle Aktion, die nur speziell ausgebildete Taucher durchführen können.» Zum Vergleich: Hobbytaucher würden allerhöchstens bis 40 Meter tauchen. Auf der Tiefe von 84 Metern sei deshalb extreme Vorsicht geboten: «Der Tauchgang dauert rund 90 Minuten. Auf dem Grund des Sees haben sie aber nur genau zehn Minuten Zeit, um Gurte am Flugzeug zu befestigen.» Unter dem Flugzeug wird ausserdem ein Netz befestigt, welches das Wrack stützen und vor dem Auseinanderbrechen bewahren soll. «Sind sie nach zehn Minuten nicht fertig mit der Arbeit, müssen sie trotzdem auftauchen, sonst werden die Luftreserven knapp», sagt Schneider.  Für diesen Fall stehe ein weiteres Tauchteam der Kantonspolizei St. Gallen auf der Fähre bereit. Bis kurz nach Mittag läuft alles nach Plan, wie Krüsi zufrieden berichtet. Beobachtet werde das dreiköpfige Taucherteam von einem Tauchroboter, der die Besatzung auf der Fähre per Video auf dem Laufenden hält. Momentan sehe es noch so aus, als ob das Flugzeug um rund 14 Uhr vom Kran an die Wasseroberfläche gezogen werden könne. Um 13.17 Uhr ruft Krüsi die Medienschaffenden zusammen, es gebe Verzögerungen. «Eine Boje wurde gesetzt, um den Tauchern den Standort des Flugzeuges zu zeigen. Und genau diese Boje hat sich nun mit einem der Haken des Krans verheddert», sagt Krüsi in die Runde. Zusätzlich sei dadurch Staub aufgewirbelt worden, sodass der Tauchroboter keinen Sichtkontakt mit den Tauchern mehr herstellen konnte. Als Nächstes müsse nun das Seil der Boje vom Kranseil entwirrt werden. Krüsi: «Wir rechnen nun damit, dass das Flugzeug um circa 17 Uhr an der Oberfläche erscheint.»Doch die Rechnung geht nicht auf. Kurz nach 18 Uhr entscheiden die Einsatzkräfte, die Aktion für diesen Tag abzubrechen – aus Sicherheitsgründen, wie Hanspeter Krüsi erklärt. «Durch die Dunkelheit können die Taucher nicht mehr arbeiten. Da ist das Risiko einfach zu gross», sagt Krüsi in einer abschliessenden Runde am Hafen in Staad. Ein neuer Termin für die Bergung steht gemäss Kantonspolizei noch nicht fest: «Die gewonnenen Erfahrungen werden jetzt ausgewertet und ein erneuter Bergungsversuch neu beurteilt.» Doch das Ziel sei weiterhin, das Flugzeug zu bergen, um es dann den Untersuchungsbehörden zu übergeben und die Unfallursache herauszufinden.Nach diesen letzten Worten ist der Einsatztag vorbei, die Medienschaffenden packen ihre Kameras und Stative zusammen und der Hafen in Staad leert sich allmählich. Krüsi und Schneider gehen zurück zu ihrem Auto, ein letztes Mal klingelt das Telefon von Krüsi und er gibt in gewohnt professioneller Manier Auskunft über die heutige Bergungsaktion. Einzig für die Feuerwehrleute ist der Arbeitstag noch nicht ganz vorbei: Sie müssen noch den Schlauch, der als Ölsperre gedient hätte, auf ihrem Einsatzfahrzeug einrollen. Die Fähre schwimmt noch für einen kurzen Moment vor dem Hafen, bevor sie zurück in Richtung Deutschland ablegt. Darunter, in 84 Metern Tiefe, wartet das Flugzeugwrack auf den nächsten Bergungsversuch.

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