Auch in Krisenzeiten darf man sich mit vergleichsweise unwichtigen Fragen beschäftigen, nämlich mit unserer Sprache. Wie ein Gewitter stürzen aktuell neue Wörter auf uns ein. Da werden Ausdrücke verwendet, die ich zuvor nie gehört habe. Die meisten stammen aus dem Englischen. Der Bundesrat spricht offiziell von «social distancing». Als ich den Ausdruck am Radio das erste Mal hörte, verstand ich «social dish dancing», was etwa Tanzen beim Abwaschen heissen könnte.Dann schrieben Zeitungen über «lock down» und «close down». Auf allen elektronischen Kanälen wird man aufgefordert zu «stay home» oder «take care». Wir werden ermahnt, «hot spots» zu meiden. In den Nachrichten heisst es, die «airlines canceln» ihre Flüge, und es könnte zu einem «grounding» kommen. Seit kurzem spricht man sogar von einem «location tracking», wonach man per «smartphone» jedermann überwachen kann. Viele Menschen grüssen sich mit «seize the day», was etwa dem Lateinischen «Carpe diem» (Nutze den Tag) entspricht.Neu setzen Restaurants, die schliessen mussten, auf «click-and-collect services». Früher sprach man von Einkauf oder Belieferung «über d’ Gass». Dann kam der Ausdruck «take away», und in neuen Zeiten heisst das bald überall «to go».Man verzeihe mir, dass ich mich in Krisenzeiten um solche Nebensächlichkeiten kümmere. Aber ich habe ja in meinem «home office» genügend Zeit. Und da bin ich bis zur Stunde «safe».Dass der «Rheintaler» und die «Rheintalische Volkszeitung» die Rubrik «Good News» eingeführt haben, bedarf keines weiteren Kommentars. Aber meine Bitte an alle Medienschaffenden: «take care» um unsere Sprache! Im Moment ist unsere Sprache «vulnerabel», um ein weiteres neues Wort der Behörden zu nennen.Man versteht nur noch «Bahnhof»Manchmal frage ich mich, warum viele Menschen die Vorschriften der Behörden nicht einhalten. Vielleicht ganz einfach: Weil man oft nur noch «Bahnhof» versteht. Und beim öffentlichen Verkehr findet im Moment bekanntlich ein «down sizing» statt.Zurück zum Virus. In unserer Mundart heisst es «der» Virus. Das ist gemäss Duden korrekt, denn üblicherweise sind lateinische Wörter mit der Endung -us männlich. Der Duden lässt allerdings zu, dass Fachleute von «das» Virus sprechen. Nun können wir entscheiden, ob wir im täglichen Gespräch «der» oder «das» Virus sagen. Je nachdem können wir fachmännisch und expertenhaft wirken. Die Sprachverwilderung geht weiter: Schon habe ich auf «social media» Videos, die «viral gehen», die ersten Menschen gehört, die nicht von Virus, sondern von «weires» reden, weil sie meinen, das Wort müsste doch zwingend englisch ausgesprochen werden.