Altstätten 14.04.2023

Coiffeusen-Klischees: «Es ist mehr als nur Haare schneiden»

Coiffeusen sind nicht die hellsten Köpfe, und Haare schneiden kann sowieso jeder und jede? Aufgepasst! Vanessa Enk bestätigt: Nicht jedes Klischee über ihren Beruf trifft zu.

Von Cassandra Wüst
aktualisiert am 14.04.2023

In unserer Rubrik «Klischee Check» wollen wir wissen, welche typischen Vorurteile wirklich wahr sind und räumen mit falschen Klischees auf. Heute klärt Vanessa Enk, selbstständige Coiffeuse bei Haarmonie Vanessa in Altstätten, über die Vorurteile gegenüber ihrem Beruf auf – und gesteht gewisse auch ein. Sie erzählt uns, womit Coiffeusen wirklich zu kämpfen haben. Natürlich wissen wir, dass es auch Coiffeure gibt. Der Einfachheit halber verzichten wir aber im Folgenden auf die Verwendung einer geschlechterspezifischen Berufsbezeichnung.

 

Klischee Nummer 1: Haare schneiden kann jeder und jede.

Unser Beruf ist mehr als nur Haare schneiden. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Früher gab es sogar vier Lehrjahre – drei Jahre für Damen- und ein Jahr für Herrenschnitte oder andersherum. Zusätzlich haben wir in der Ausbildung jede Woche Modellabende unter Anleitung des Ausbilders, bei denen das Schneiden und Färben der Haare geübt wird. Das ist gar nicht so einfach, wie man denkt. Deshalb konnte ich in allen Jahren schon bei vielen Kundinnen und Kunden nachbessern, die versucht haben, sich selbst zu Hause Fransen zu schneiden oder die Haare zu bleichen.

Klischee Nummer 2: Coiffeusen sind nicht die Schlausten.

Meiner Meinung nach ein Mythos. Die Voraussetzung für den Beruf ist ein Realabschluss. Wir müssen eine ganze Menge lernen – von Biologie über Mathematik bis hin zu Chemie. Wir müssen genau wissen, wie das Haar reagiert, wenn wir Bleichmittel auftragen. In unseren Abschlussprüfungen werden neben der Praxis auch Theorie und Allgemeinwissen abgefragt.

 

Klischee Nummer 3: Coiffeusen wollen immer reden.

Das ist so, das bestreite ich nicht. Mir selbst fällt es leicht, zu reden. Schlimmstenfalls fängt man mit dem Wetter an, dem 0815-Gesprächsthema, wenn man nicht weiss, worüber man sich unterhalten soll. Zu den meisten Kundinnen und Kunden habe ich eine persönliche Beziehung. Ich schätze es sehr, dass man sich kennt und sich austauschen kann. Auch über private Dinge. Aber man merkt ziemlich schnell, wenn jemand nicht reden will. Und dann akzeptiere ich das auch.

 

Vanessa Enk ist seit dreizehn Jahren Coiffeuse.
Vanessa Enk ist seit dreizehn Jahren Coiffeuse.
Bild: pd

Klischee Nummer 4: Sie wissen über alles und jeden Bescheid.

Das würde ich so nicht sagen. Wir sind sicherlich gut informiert, aber es gibt viele ande­-
re Leute, die über bestimmte Themen besser Bescheid wissen. Natürlich haben wir eine Schweigepflicht – was meine Kundschaft mir erzählt, bleibt also bei mir.

 

Klischee Nummer 5: Coiffeusen verdienen nichts.

Wir haben einen schlechten Bruttolohn, das ist wahr. Aber wenn man eine gute Coiffeuse ist, verdient man nebenbei eine Menge Trinkgeld. Es ist sicher kein sehr attraktiver Beruf, wenn es einem darum geht, möglichst viel Geld zu verdienen. Aber ich habe ihn gewählt, weil ich gerne mit Menschen zu tun habe, kreativ bin und mit meinen Händen arbeite. Dass sich viele selbstständig machen, hat nur bedingt etwas mit Geld zu tun, denn in vielen Salons gibt es oft keine freien Stellen.

 

Klischee Nummer 6: Der Job ist von Frauen dominiert.

Das ist so. Wir haben viele Frauen in der Branche, aber es gibt auch immer mehr Männer, die diesen Beruf ausüben. Ich persönlich glaube aber nicht, dass Frauen in unserem Job besser sind als Männer.

 

Klischee Nummer 7:  Alle Männer im Beruf sind schwul.

Ich habe bis jetzt mit fünf Männern gearbeitet. Zwei von ihnen waren nicht schwul. Dieses Klischee trifft also wahrscheinlich eher zu. Aber ich bin immer wieder begeistert von Coiffeuren, ihrer Kreativität und ihrem Einfühlungsvermögen in die Kundschaft – ich habe das Gefühl, dass sie uns Frauen ein wenig voraus sind. Sie geben wirklich alles für ihren Beruf.


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