04.11.2020

Coiffeuse wegen Corona-Vergehen vor Gericht

Die Liechtensteinerin kassiert eine saftige Geldstrafe, weil sie im Frühling trotz Lockdown weiterarbeitete.

Von Bettina Stahl-Frick
aktualisiert am 03.11.2022
Vaduz. Die Herausforderungen, vor welche die Coronapandemie die Gesellschaft stellt, hat sich am Montag auch in einem Prozess vor dem Landgericht niedergeschlagen: Eine Frau, Ende 40, liechtensteinische Staatsangehörige, hat gegen die im März verhängte Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Corona­virus verstossen.Als Coiffeuse bot sie ihre Dienstleistungen zu Hause an, und zwar während des Lockdowns im März. Mit anderen Worten: Obwohl die Regierung unter anderem auch für Coiffeusen ein Arbeitsverbot verhängt hatte, ignorierte sie dieses und frisierte jeweils für rund 25 Franken ihre Kunden. «Es waren aber alle Bekannte, die ich auch zu einem Kaffee getroffen hätte», rechtfertigte sie sich. Ausserdem sei sie in finanziellen Schwierigkeiten gewesen – ihr Mann habe sich von ihr getrennt, sei ins Ausland abgehauen und habe sie mit drei Kindern sitzen lassen. Zwei davon hätten eine Behinderung, die ihren Alltag ohnehin erschweren.Krankenkassen um grosse Summe geprelltDie Angeklagte hat aber nicht nur gegen die Covidverordnung verstossen, zusätzlich musste sie sich wegen des Vergehens des schweren Betrugs verantworten. Weil ihr Arzt sie wegen Arbeitsunfähigkeit krankschrieb, bezog sie Krankentaggeld. Die Dienstleistungen als Coiffeuse hatte sie der Kranken­kasse jedoch verschwiegen. Sie gab trotz ihres Lohns aus der Friseurtätigkeit an, weder Einkünfte noch Einkommen zu haben, ausser diverser Zulagen des Staates. So prellte sie erst die Kran­ken­ver­si­cherung Concordia um 40 000 Franken, danach schliess­lich die FKB um weitere 28 000 Franken. «Ich habe das nicht extra gemacht und wollte niemanden bescheissen – aber ich war in der Not.»Als arbeitsunfähig galt die Frau für körperlich schwere Arbeiten. Die Friseurtätigkeit und damit der Austausch mit ihren Kunden hingegen soll der Angeklagten gemäss ihrem Arzt «gutgetan haben». Die angeblichen finanziellen Nöte trieben die Frau sogar an, zwei Darlehensverträge zu fälschen. Dabei ging es um eine angeforderte Verfahrenshilfe in einem Pflegschaftsverfahren. Es blieb allerdings beim Versuch. Richterin: «Die Vergehen gehören hart bestraft»Aufgesetzt hatte die beiden Verträge ihr Expartner, der sich deshalb ebenfalls vor Gericht verantworten musste. «Ich hätte sofort merken müssen, dass dies ein riesiger Fehler ist, aber ich bin blind gewesen», sagte der Expartner als Zweitangeklagter. Er kam mit der Bezahlung eines Pauschalbetrags in der Höhe von 500 Franken und schliesslich mit einer diversionellen Erledigung davon.Die Richterin konnte die finanziellen Nöte der Angeklagten nicht nachvollziehen. So fand die Polizei bei der Frau im Rahmen einer Hausdurchsuchung Bargeld in Höhe von 49000 Franken und weitere rund 20000 Euro. «Ich habe alles verkauft, was ich hatte, um vor allem meinen Kindern eine finanzielle Sicherheit zu bieten», sagte sie.Die Angeklagte war in allen Punkten geständig, was sich auf das Urteil schliesslich mildernd auswirkte. Dennoch fiel die verhängte Geldstrafe empfindlich hoch aus: 51600 Franken bedingt, angelegt auf eine dreijährige Probezeit. Zusätzlich muss sie den beiden geprellten Krankenkassen die entsprechenden Summen – rund 70000 Franken – zurückzahlen.

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