01.04.2020

Coiffeure bleiben zuversichtlich

Bis das Geld aus dem Hilfspaket des Bundes fliesst, planen Selbstständige die Zeit nach der Krise.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Die Coiffeure müssen seit dem bundesrätlich verordneten Notstand oft als arg gebeutelte Opfer der Coronakrise herhalten. Wie auch Selbstständige in anderen Branchen haben sie es schwer, wegen Erwerbsausfall über die Runden zu kommen.Obwohl die finanzielle Bedrängnis an den Nerven zehrt und die Dauer der Geschäftsschliessungen ungewiss ist, lassen sie sich nicht entmutigen, wie zwei Beispiele zeigen.Anträge stellen und Schwarzarbeit ablehnenKatja Valhermoso, Geschäftsinhaberin von Hoorwerk78 in Widnau, erlebt ein Auf und Ab der Gefühle. Die Aussicht auf Hilfe aus dem Milliardenhilfspaket des Bundes entspannt etwas.«Ich habe den Antrag für Corona-Erwerbsersatzentschädigung bereits eingereicht», sagt sie. «Dies geht ganz einfach online. Aber bei so vielen Anträgen wird es dauern, bis man eine Antwort erhält.» Das System sei nicht vor Anfang bis Mitte April voll einsatzbereit, heisst es seitens des Bundes.Belastend sind für die Betroffenen die laufenden Fixkosten, da in nächster Zeit kein Franken reinkommt. «Das ist ein mulmiges Gefühl», sagt die selbstständige Coiffeuse. «Die fehlenden Wochen können wir in unserer Branche nicht rückwirkend nachholen.» Da es im Salon dunkel bleibt, verbringt sie mehr Zeit mit ihrer Tochter und sie kann sich um den Frühlingsputz kümmern. Wenn sie sich zu viele Gedanken um die Zukunft macht, muntern sie die zahlreichen Nachrichten und Telefonanrufe ihrer Kunden auf: «Das berührt mich sehr.»Auch bekam Valhermoso etliche Anfragen für Privatbesuche. Die Versuchung sei sicher da, die Kundschaft zu Hause zu frisieren, gibt sie zu. «Aber es ist schlichtweg verboten.» Schwarzarbeit wird mit hohen Geldbussen bestraft.Es sei wichtig, dass sich alle an das Verbot halten, sagt auch Giovanni Morreale, Geschäftsführer Artcoiffeur Morreale, Au. Es herrsche viel Vernunft, so sein Eindruck. Die Kundschaft beruhigt er mit dem Fakt, dass Haare nur einen Zentimeter pro Monat wachsen.Übergangsmässig bietet er an, ein Home-Kit nach Hause zu liefern. Die Kundschaft kann sich Pflege- und Haarfärbemittel nach Hause schicken lassen und so die bewährten Produkte anwenden, um den Haaransatz nachzufärben. Sonst erledigt Morreale derzeit Büroarbeiten. Wie viele andere Betriebe meldete er sofort Kurzarbeit für seine 15 Mitarbeitenden an. Er sei in der Lage, seinem Team weiterhin die Löhne auszuzahlen, das sei aber nicht über mehrere Monate tragbar.Doch Morreale vertraut auf das finanzielle Auffangnetz des Bundes. Jammern liegt ihm fern. «Sobald wir die Komfortzone verlassen müssen, ist die Rede von Existenzängsten», sagt er. «Dabei leben wir auf hohem Niveau.»Die Wiederaufnahme des Betriebs vorbereitenNatürlich wäre es aber auch ihm lieber, er könnte möglichst bald den Betrieb wieder aufnehmen. Dem voraussichtlichen Ende des Lockdowns am 19. April sieht er mit Zweifeln entgegen. Er teilt die Meinung derer, die es für unwahrscheinlich halten, bereits dann im gewohnten Rahmen weiterarbeiten zu können. Morreale geht von einer Übergangsphase aus.Er hätte die Möglichkeit, die Kundschaft in abgetrennten Räumen einzeln zu bedienen, um Abstände weiterhin einzuhalten. Sein Team könnte Mundschutz und Handschuhe tragen sowie die Hygienemassnahmen umsetzen.Die Agenda füllt sich derweil mit Terminen. Telefonanrufe und Anfragen per E-Mail nimmt das Geschäft weiterhin entgegen. Die Mitarbeitenden sind in Kontakt über einen Whats-App-Gruppenchat. «Sie vermissen das Team und die Arbeit.»Trotzdem kann Morreale der ausserordentlichen Lage positive Seiten abgewinnen, besonders auf menschlicher Ebene. «Es herrscht mehr Herzlichkeit.» Die Krise entschleunige und verhelfe zu mehr Bewusstsein. «Hoffentlich bleibt etwas davon erhalten.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.