30.09.2022

Christliche Sicht: Malen auf  Munitionskisten

Vor 50 Jahren wurde in Chur ein Institut mit dem Namen «Glaube in der 2. Welt» ins Leben gerufen, und zwar mit Blick auf die Situation christlicher Kirchen und Gemeinschaften in Osteuropa.

Von Ingrid Grave, Dominikanierin in Illanz
aktualisiert am 02.11.2022
Es war die Zeit des Eisernen Vorhangs. Vom Leben der Christinnen und Christen damals gelangten nur spärliche Nachrichten durch den Vorhang hindurch in die westliche Welt. In der Comanderkirche in Chur fand nun Mitte September ein ökumenisch gestalteter Jubiläumsanlass statt.Der Eiserne Vorhang ist gefallen, der Kontakt zwischen den Kirchen in Ost und West festigte sich auf vielfältige Weise. Die Feier des Jubiläums dieser ökumenischen Institution, die dem Frieden zwischen den Glaubensgemeinschaften dient, war überschattet vom Krieg in der Ukraine. In wahrstem Sinne greifbar wurde dies durch Bretter von Munitionskisten aus den ukrainischen Frontabschnitten. Was bedeuten vom Kriegsgeschehen beschädigte, herumliegende leere Kisten hinter der Front? Sind sie eine Erinnerung wert? Der ukrainische Künstler Oleksandr Klymenko hat sie gesammelt, bemalt und in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Sonja Atlantova einem Ausstellungsprojekt zugeführt.Junge Soldaten an der Front leben im Heute. Der nächste Tag schon kann den Tod bedeuten. Wie an jeder Kriegsfront geht es auch in der Ukraine um stetigen Nachschub von Kriegsgerät und Munition. Letzteres wird angeliefert in stabilen, länglichen Holzkisten, deren Aussehen an Särge erinnert. Jede angelieferte Kiste, gefüllt mit Munition, birgt in sich Zerstörung und Tod. Dieser bedrückende Ge­danke inspirierte den ukrainischen Künstler, die Bretter dieser Kisten so zu gestalten, dass sie für die Betrachtenden zu Symbolträgern von Unzerstörbarkeit und auferstehendem Leben werden. Er malte in tradi­tionellem Stil Ikonen darauf. Christus und Heilige der orthodoxen Christinnen und Christen schauen uns an. Gibt es für einen Künstler nicht besseres Material als Bretter von leeren Munitionskisten? Die Ausstellung «Ikonen gegen den Krieg» rechtfertigt die Wahl des Materials. Jedes Brett zeugt von den Narben und Wunden des Krieges. Die Stille, die von der  Ikone ausgeht, zeugt von Leben. Von einem Leben, das über den Tod hinausweist. Und das beginnt ganz konkret im Hier: Der Erlös des Projektes fliesst im Kriegsgebiet dem ersten «Mobilen Freiwilligenkrankenhaus Pirogov» zu, wo es gilt, Leben zu retten, Wunden zu heilen, Trost zu schenken und dem Frieden zu dienen.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.